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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1885

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Gmelin, L.: Die Obere Stadtpfarrkirche zu Ingolstadt
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Unsere kunstgewerbliche Musterblätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.7029#0089

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des Nischenbogens bildet eine Lonfole, über welcher sich
ein Gesims herumkröpft. Dieses Gesimse bildet den Ab-
schluß des quadratischen Untertheils in der Höhe von \,67 m;
die Vermittlung zwischen ihm und dem siebenseitigen Auf-
bau wird durch ein Lartuschenwerk bewirkt und zwar so
geschickt, daß die sonderbare Form des Liebenecks dem Be-
schauer fast gar nicht zun: Bewußtsein kommt. Vermittelnd
wirken auch die in den Bogenzwickeln angebrachten, weit
vortretenden und über das Gesimse hinaufragenden Aöpfe
von heiligen rc. lieber dem untersten siebenseitigen Gesimse
bildet ein geschweiftes Profil den Uebergang zum Aanzel-
boden, in der Höhe von 2,37 rn; die "Kanten desselben sind
durch hermenartige Gonsolen maskirt, zwischen welchen die
Inschrift: Verbum ckomini manet in aeternum MDLXV.
Darüber ruht das sehr gut profilirte Gesimse mit der durch
farbige Intarsien aus Hellem Grund belebten Brüstung.
(Höhe vom Boden 3,^0 m). Diese Intarsien, von denen
sich leider aus unserer Abbildung keine Spur sehen läßt,
befinden sich in den Bogenfeldern. Die Zwickel der Bogen
sind mit Lartuschen, der Fries zwischen den Säulenkapitälen
durch je zwei Löwen- und einen Engelskops ausgefüllt. Die
Intarsien selbst stellen theils Architekturstücke, theils Lartu-
schenwerk dar, in den Farben hell-, dunkelgelb, grün, schwarz
und braun.

Der sehr unregelmäßige Schalldeckel, ^,<$0 m. über dem
Airchenboden, trägt auf der Unterseite in der Mitte auf
länglichem Feld eine geschnitzte Heilig-Geist-Taube, deren
Strahlenkranz zum Theil als Intarsia behandelt ist. —
Auch die übrige Fläche, sowie der äußere Fries sind
mit conventionellen Intarsien geschmückt. Die Dachfläche
enthält eine einfache Feldertheilung in eingelegten hölzern.
Die von einer Statue des hl. Willibald gekrönte, siebenseitige

Laterne zeigt wieder eine flotte Schnitzarbeit. Die hübsche
Farbenwirkung des Ganzen, die allerdings durch den Lack-
anstrich etwas beeinträchtigt wird, läßt sich leider aus dem
Lichtdruck nicht erkennen.

Außer diesen Renaissance-Arbeiten birgt die Airche
auch noch einige interessante Bildhauerarbeiten in spät-
gothischem Stil: ein Sakramenthäuschen im Lhor und einige
äußerst merkwürdige Steinornamente in den Seitenkapellen,
von denen wir auf Seite 83 zwei abbilden. Da diese

urkundlich in der Zeit von (5(0—(525 errichtet wurden,
gleichzeitig aber der als gewandter Steinmetz genannte
Erhard Heydenreich am Ingolstädter Airchenbau beschäftigt
war, so dürfen wir die Steinhauerkunststückchen wohl ihm
zuschreiben. Derartige freischwebende, korallenähnliche Ver-
ästelungen der Gewölberippen und die herabhängenden Zapfen
kommen sonst nur in England und Spanien vor. Die
Zapfen hängen zum Theil bis einen Meter lang vom Ge-
wölbe herab; mag dabei auch vielleicht eine Eisenconstruktion
zu Hilfe genommen worden sein, was sich nicht Nachweisen
läßt, so ist immerhin die Aühnheit, mit welcher die dünnsten
Verästelungen aus Stein ausgehauen sind, nicht genug zu
bewundern. Auch einige an Peter Vischer's Sebaldusgrab
in Nürnberg erinnernde pfeilerbildungen finden sich hier
vor und in ihnen wie auch in einem der hier nicht abge-
bildeten Gewölbeornamente finden sich schon Spuren der damals
anbrechenden deutschen Renaissance.

Indem wir unfern Lesern hiermit bei einem Aufent-
halt in Ingolstadt den Besuch der oberen Stadtpfarrkirche
dringend ans Herz legen, erfüllen wir gleichzeitig die an-
genehme Pflicht, der dortigen Airchenbehörde, insbesonders
Herrn Stadtpfarrer Limbacher, für das dem Aunstgewerbe-
verein bewiesene Engegenkommen auf's Wärmste zu danken.

4A

ÖCnfetw Kimstgowenblichen <X>ii|tei:Mätfep.

Tafel 26: Vorderseite des Hauptaltars der oberenStadt-
Pfarrkirche zu Ingolstadt (\572).

Entwurf und Malereien von Hans Müelich, Ausführung der Schnitz-
u. Schreinerarbeiten von Hans tvisreuter. Beschreibung S. 8^

Tafel 27: Rückseite desselben Altars.

Tafel 28: Detail desselben Altars. Ausgenommen und gezeichnet von
h. Airchmayr (München). Sämmtliche Fassungen des Tartufchenwerks,
die Pfeilerchen, die Blattstäbe, das Laubwerk, find vergoldet, theilweife
rothbraun lasirt; die Flächen der Lartuschen sind theils weiß mit grauer
Randlinie, theils auf Goldgrund dunkel, rothbraun marmorirt. Der Fond
der seitlichen Auskragungen ist dunkelgraugrün; die Trauben stlbern mit
blauer Lasiruug in den Tiefen. Die Nische im Pfeilerchen, sowie der Fond
der in den Auskragungen angebrachten Rosette ist hellblau. Das Gesimse
über der Predella ist hellgelb mit grauer Marmorirung. Der Fries über
der Predella ist golden auf braunrothem Grund; nur die breiten Mrnament-
bänder find silbern. Außerdem sind zur bessern Hervorhebung schwarze
Schatten neben das Relief gemalt. —

Tafel 29: Ranzel d er oberen Stadtxfarrkirche zu Ingol-
stadt (J565). Beschreibung S. 82.

Tafel 30 & z;: Details zu einem Sattel aus geschnittenem oder ge-
preßtem Leder. Entworfen vou M. Meinholdt in München.

Entworfen von M. weinholdt.

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Verantwortlicher Redakteur: J. von schmädel. — Verlag von G. Lirth in München und Leipzig. — Druck von Lnorr Sf Lirth in München.

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