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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 1885

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Gmelin, Leopold: Internationale Ausstellung von Arbeiten aus edlen Metallen und Legierungen in Nürnberg 1885, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7029#0080

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■3- 75 H-

Stücf, welches technisch brillant genannt zu werden ver-
dient, ist nur zu bedauern, daß der Künstler mit seiner
Phantasie so verschwenderisch umgegangen; das durch die
Fülle des Gebotenen übersättigte Auge sucht vergeblich nach
einer ruhigen Fläche.

Prof. Mayer in Stuttgart hat eine ganze Anzahl
von Ausstellern mit seinen überaus reizenden Arbeiten ver-
sehen; die Namen der Besteller verdienen, wenn sie selbst
auch relativ wenig an den Gegenständen mitgearbeitet
haben, doch genannt zu werden wegen der hiedurch
dem feinsten Kunstgewerbe gewährten Unterstützung. Es
sind E. Föh r (Stuttgart), (£. Schürmann (Frankfurt a.M.),
die A)ürttemb. Metallwaarenfabrik (Geißlingen).
Was Mayer für alle diese Geschäfte gearbeitet, ist so viel
und durchweg von so köstlicher Durchführung in Modellir-
ung und Farbe, besonders auch in Email, daß man auf
Aufzählung und Beschreibung seiner Teller, Platten, Schalen,
Becher, Tassetten u. s. w. verzichten muß. Gin Schüler
von ihm, A. Mffterdinger (Hanau), geht rüstig aus dem-
selben Weg weiter; namentlich zeugen seine figürlichen ge-
triebenen Sachen von großem Geschick, während seinen in
Müelich'schem Geiste entworfenen Ornamenten noch eine
Spur der alten, spitzen Lithographen-Ornamentik anhaftet,
die sich bei dem tüchtigen Streben bald verlieren wird.
Offterdinger lernen wir auch als Lehrer an der Hanauer
Fachschule kennen; unter den Arbeiten seiner Schüler sind
es besonders eine getriebene Platte, eine Dose und einige
Köpfchen, die dem Lehrer alle Ehre machen. Auch er
arbeitet viel im Dienste Schürmann's und mit ihm noch
A. Nowack (Hanau), <£. Göring (Idar) und I. T.
Kloncek. Bon letzterem rühren auch Entwurf und
Modelle einer Schmuckcaffette von Lazarus Posen
(Frankfurt a. M.) her, eine durchaus harnionische Arbeit
aus Ebenholz mit Lapis-Lazuli-Füllungen und Zuthaten
in oxydirtem Silber. Auch die übrigen Arbeiten dieser
Firma zeugen von tüchtigen Kräften.

Unter den Tafelaufsätzen, die noch einem wirklichen
Zweck dienen sollen, ist Manches, was einer eingehenderen
Besprechung — lobend wie tadelnd — werth wäre; wir
müssen uns darauf beschränken, inehr in allgemeinen Zügen
die Borzüge und Mängel zu besprechen.

Manchen derartigen Stücken sieht man die Hand des
Architekten fast unmittelbar an; der Architekt, der gewohnt
ist, mit der Reißschiene zu arbeiten, der in den Formen der
Stein- und Holzarbeiten zu Hause ist, verfällt nur zu leicht
in den Fehler, zu steif uiid zu schwerfällig für das elastische,
dehnbare Metall zu werden. Diesen Eindruck macht z. B.
ein Tafelaufsatz von Föhr (Stuttgart); derjenige von
L. Schürmann, nach Direktor Luthmer's Entwurf, eman-
zipirt sich von dem Zwang der Reißschiene. Daß aber
auch Bildhauer nicht immer glücklich sind, beweist der mit
Sorgfalt ausgeführte Tafelaufsatz von P. Bruckmann &
Söhne (Heilbronn), entworfen von I. Maeß, modellirt
von H. Nick (beide in München). Bor allen Dingen
scheiden sich die einzelnen Theile nicht klar genug von ein-
ander; dann mangelt cs an einer gewissen Einheitlichkeit
des Tharakters — hier Steinarchitektur, dort Metall, hier
Renaissance-Kränze, dort moderne Rebenguirlanden. Auch

das in getriebenem Blech gedachte, aber in der Aus-
führung gegossene Laubwerk wirkt ungünstig. Trotz
diesen Mängeln darf man über die Arbeit keineswegs den
Stab brechen, insofern sie das lobenswerthe Bestreben des
Fabrikanten zeigt, den breitgetretenen Weg des großen
Haufens zu verlassen. Bon den realistischen Dingen der
Siebziger-Jahre, wo das Märchen von den sieben Raben
nach den Schwindt'fchen Zeichnungen zur Dekoration der
von Baumstämmen ic. getragenen Glasschalen herhalten
mußte, weiß die jetzige Zeit kaum rnehr etwas — wenigstens
in Europa. Aus Lhina sind einige Aufsätze gekommen,
deren Glasschalen von dünnbelaubten, schlanken Bambus-
stöcken getragen werden, zwischen denen einige Reiher philo-
sophiren; ob das wohl der kultivierende (?) Einfluß Europa's
ist? Die wenigen Silberarbeiten, welche Japan gebracht,
besprechen wir bei deren Bronzen.

Es erübrigt noch, einen Blick auf die Engros-Waare
zu werfen; doch können wir uns hier ziemlich kurz fassen.

Die künstlerisch bedeutendsten Arbeiten auf diesem Feld
sandte die Firma Lhristofle & Cie. (Paris und Karls-
ruhe), wobei allerdings bemerkt werden muß, daß z. B.
die hervorragendsten Berliner Fabrikanten (Sy 8z Wagner,
Bollgold & Sohn) so wenig erschienen sind wie die wiener;
zu bedauern ist es auch, daß El kington (London) ledig-
lich galvanoplastische Reproduktionen alter oder fremdländ-
ischer Arbeiten gebracht hat, von zum Theil fragwürdigem
Kunstwerth. Borzüglich waren einige von I. Bossard
(Luzern) von Hand getriebene Gefäße, die dem keimenden
schweizerischen Kunstgewerbe alle Ehre machen.

Das ist Alles, was das Ausland auf diesem Gebiete
gesandt; und was Deutschland brachte, gereicht ihm nur
zu bedingtem Lob. Man nruß suchen, wenn man Her-
vorragendes finden will und wenn man von den durch
Künstlerhand gefertigten Arbeiten absieht, so bleibt oft nur sehr
wenig Gutes übrig. Hier liegt noch ein weites Feld fast
brach. Man versucht immer noch zu sehr, die Flächen
der Gefäße mit feinen Renaissance-Ranken zu schmücken,
die sich wohl durch Tiselirung, nicht aber durch Pressung
Herstellen lassen; warum greift man nicht zu breiteren,
rundlicheren Formen, wie sie das XVII. Jahrhundert so
schön hervorgebracht? Werden auch die gepreßten Waaren
vorerst keine Aussicht haben, die Handarbeiten an Schärfe
zu erreichen, so können doch durch geschickte, dem Material
und der Technik angepaßte — also stilgerechte — Ornamente
die Unfähigkeiten des Großbetriebs bemäntelt werden.
Entweder muß man ganz glatt bleiben oder plastisch reich
und nicht zu zierlich ornamentiren; den Beweis hiefür
glauben wir in dem verhältnißmäßig guten Aussehen einiger
Rococo-Leuchter zu finden, wie sie von H. Meyer 8z Tie.
(Berlin) ausgestellt sind.

Die hierher gehörigen Kirchen-Gefäße und Geräthe,
bei denen die Geschmacksreform zuerst ansetzte, als die
zivile Kleinkunst noch in tiefem Schlummer lag, ist beim
Edelmetall nur durch F. wüsten (Bonn) vertreten und zwar
besonders durch einige tüchtige silbervergoldete Monstranzen;
für die blühende Fabrikation der einschlägigen Gegenstände
an anderen rheinländischen Orten, z. B. in Aachen, dann

Wien u. s. w. schien die Ausstellung gar nicht zu existiren.
(Fortsetzung folgt.)

Anmerkung. Die Illustrationen sind dem offiziellen Führer durch die Ausstellung entnommen und von der Verlagsanstalt für Kunst
und Wissenschaft, vorm. Friedrich Bruckmann, gütigst zur Verfügung gestellt worden.

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