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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 7.1860

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1. Heft
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Disposition der Kirchen,[5]: Raum-Exigenz
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https://doi.org/10.11588/diglit.18470#0009

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1860. HirckenLrlttnncli. .iM

DisposüilM der Kirchcn.

(Fortsetzung der Artikel im Jahrg. t8S9, Heft t, 4 u. 7.)

IV.

Raum-Exigenz.

Um den unterbrochenen Faden mit den drei
ersten Artikeln wieder anzuknüpfen, stellen
wir die dort gewonnenen Grundsätze noch ein-
mal kurz voraus.

Der Armuth wird ost ein ungebührlicher
Einfluß auf die Disposttion der Kirchen ein-
geräumt. Dieser Einfluß ist schädlich und un-
berechtigt. Denn:

Diese angebliche Armuth ist in vielen Fäl-
len gar nicht vorhanden oder nur durch unge-
schickte Wirthschaft veranlaßt, und auch, wo
ste wirklich vorhanden ist, darf ste nicht zwin-
gen, ein Bauwerk herzustellen, in welchem
wesentliche Culterfordernisse ungenügend be-
dacht stnd. Uebereilung eines Baues und
Verwendung schlechter, undauerhafter Sur-
rogate stnd die stnnloseste Verschwendung,
also keineswegs durch die Armuth zu ent-
schuldigen, sondern vielmehr nicht selten die
ergiebigsten Quellen der Mittellosigkeit.

Die kluge Wahl und konsequente Durch-
sührung eines Styls vertheuert nicht, sondern
erleichtert im Gegentheile den Kirchenbau.

Der Styl ist für die größten und kleinsten
Bauten, sür die ärmsten und glänzendsten
Verhältnisse gleich nothwendig.

Daher ist es ein salscher und verderblicher
Grundsatz, dadurch sparen zu wollen, dast
man ohne Styl baut. Es ist ein Unterschied
zu machen zwischen großen und kleinen, ar-
men und reichen Kirchen; nicht aber zwischen
Stadtkirchen und Landkirchen.

Nach Entwicklung dieser Vorfragen gehen
wir nun zu dem eigentlichen Gegenstande, der
Disposition einer Pfarrkirche über.

Vorerst haben wir es mit keincm Unter-
schiede zu thun, weder von Land- und Stadt-
kirchen, noch von größeren oder kleineren.
Denn was eine Pfarrkirche als unumgäng-
liches Erforderniß an Raum und Anlage be-
ruht, das hat jede ohne Unterschied anzuspre-
chen, und es ist daher Ausgabe der Dispo-
sition, selbst die Raumverhältnisse der klein-
sten Pfarrkirche so zu ordnen, daß sie in keinem
der unentbehrlichen Requistten zu kurz kommt.

Wir werden daher bei der nachfolgenden
Untersuchung die kleinere und unbemitteltere
Pfarrkirche vorzugsweise als Norm uns vor
Augen stellen müssen, weil das, was diese
sordert, zugleich als Minimum sür die grö-
stere gilt.

Was nun zuvörderst das Kirchenschiff be-
trifft, so Lrauchen wir aufs Wenigste die hin-
reichende Anzahl von Bänken, welche sür die
gewöhnliche Zahl von Kirchenbesuchern mehr
als ausreichen soll, da es an anßerordentlichen
Fällen nicht fehlt, wo eine größere Volks-
menge sich herzudrängt.

Diese Bänke müssen ihr rechtes Maß ha-
ben, um zum Knien und Sitzen bequem genug
zu sein. Es darf hier nicht etwa darin eine
Ersparnist gesucht werden, daß man ste zu un-
tief hält und in Folterbänke verwandelt.

Außer den Bänken ist wenigstens nöthig
ein geräumigerMittelgang. Von zwei wei-
teren Seitengängen könnte nur im äußersten
Nothfalle abgesehen werden, und nur in den
kleinsten Kirchen. Wo die Kirche nur Einen
Gang hat, ist schon der Gottesdienst an seiner
vollen Entwicklung gehindert, indem eine Pro-
zession innerhalb der Kirche unmöglich wird.

Jn einer größern Kirche sind aber die Sei-
tengänge schon aus dem Grunde unerläßlich,
wetl die längern Bänke einen doppelten Aus-
gang haben müssen, um die ekn- und austre-
tende Menschenmenge leichter zu vertheilen.

Kirchenschmuck, Bantz VII oder 1860, Heft 1.

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