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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 7.1860

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1. Heft
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Disposition der Kirchen,[5]: Raum-Exigenz
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Egle, Joseph von: Ueber die Orientirung der Kirchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.18470#0017

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dem Auge haben mit der klarsten Erkenntniß
ihrer Bestimmung und Bedeutung, wenn er
einen Plan entwerfen will, und der Aussprucb
ist gewiß nicht übertrieben, daß er keine brauch-
bare Linie zeichnen wird, wenn eines der we-
sentlichen Erfordernisse seiner Aufmerksamkeit
entgangen ist.

Anderseits darf man aber auch behaupten,
wer einen Kirchenplan auch nur skizzirt, wel-
cher all diesen Anforderungen gerecht ist, hat
ein Meisterwerk gemacht und die Ausführung
dieses Plans bleibt der leichtere Theil der
Aufgabe.

Je kleiner die Pfarrkirche, desto schwerer,
aber auch verdienstvoller wird die Arbeit.

Man eröfftwt Preiskonkurrenzen für Plane
großer Kathedralen und Paläste. Man über-
sieht dabei, daß vielleicht noch größere Ge-
nialität dazu erfordert wird, eine gewöhnliche
Pfarrkirche zu disponiren, wo mit kleinen
Mitteln und großen Hindernissen viele und
gebteterische Forderungen zu befriedigen sind.

Es wäre eines christlichen Kunft-Mäzenas
ganz würdtg und für die praktische Ausbil-
dung der Baukünstler von unberechenbarem
Nutzen, Preise für gelungene Entwürfe von
Pfarrkirchen auszusetzen.

Wir glauben indeß der Sache noch nicht
genug Dienst geleistet zu haben, indem wir
ihre Schwierigkeit darftellten. Viel ist schon
damit gewonnen, denn die meisten mißlunge-
nen Pläne stnd es, weil ihre Urheber stch die
Aufgabe zu leicht vorgestellt haben.

Wir wollen zur Lösung der Frage ein
Scherflein beitragen.

Wenn irgend ein Kunstverwandter Gutes
und Besseres geben will, so werden wir ihm
von Herzen gern unsere Spalten öffnen.

Neber die Orientirirng der Kirchen.

Jn der neuesten Nummer des „Kirchen-
schmucks", Band VI, S. 92 findet stch eine
Anfrage über die Situation einer neu zu erbau-
enden Kirche" (in Treffelhausen). Jn dem

betreffenden Aufsatz ist zunächft nachgewiesen,
daß auf der einzig möglichen Baustelle eine
entsprechende Größe der neuen Kirche ncben
einer ziemlich genauen Ostung des Chores
nicht möglich sei, wenn außerdem die her-
kömmliche ästhetisch und praktisch gerechtser-
tigte oblonge Form und die möglichste Ab-
schließung gegen die vorbeiführende Straße
erzielt werden wolle, und hieran ist alsdann die
eigentliche Frage geknüpft: ob nun die Forde-
rung der Orientirung, oder die Hand in Hand
mit einander gehenden Forderungen der prak-
tischen und ästhetischen Zweckmäßigkeit ge-
opfert werden sollen.

Diese Frage ist nicht blos für Treffelhau-
sen zutreffend, sondern kommt dem praktischen
Baumeister überhaupt viel häufiger vor, als
man glauben mag. Jch war deßhalb schon
wiederholt genöthigt, mich mit derselben zu
beschäftigen, und ich gebe im Nachstehenden
das Resultat meiner Untersuchungen.

Dasselbe kann in den Satz zusammengefaßt
werden:

„daß auf die Ostung der Kirchen-
chöre nur dann einWerth zu legen
sei, wenn sie ohne namhafte prak-
tischeUnzuträglichkeitenerreicht
werden könne."

Speziell in Betreff der neuen Kirche in Treffel-
hausen bin ich also der Meinung, daß im ge-
gebenen Falle die vom Kirchenschmuck selbst an-
geregte nordostnördliche Chorrichtung gewählt
werden sollte. Falls aber die entschieden grö-
ßere Masse des Dorfes nordwärts liegen oder
vermöge der Terrainbeschaffenheit durch künf-
tige Vergrößerungen dahin kommen sollte, sv
könnte auch die südwestsüdliche Chorrichtung
gewählt werden, welche aber immerhin min-
der empfehlenswerth ist als die nordostnörd-
liche, weil bei ihr die Sonne sehr häufig für
den Priester und die Gemeinde lästig werden
könnte. Daß eine Abschließung der Kirche und
des Kirchenplatzes von der vorbeiführenden
Straße sehr zweckmäßig wäre, unterliegt wohl
keinem Zweifel. Die neueren englischen Kir-

Kirchenschmuck, Band VU oder 18VU, Heft 1.

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