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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 7.1860

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4. Heft
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Die Lampe zum ewigen Licht
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https://doi.org/10.11588/diglit.18470#0062

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Hil'rlrenscllmurlr.

Pie Lampe zum ewigen Lichl.

Sie schwebt im Heiligthum, die Gottes-
riähe des Sakraments anzuzeigen, und Tag
und Nacht bei Dem zu leuchten, welcher Tag und
Nacht hier unter uns wohnr, und für uns
wacht. Es gebührt ihr daher auch unter den
kirchltchen Utensilicn eine Lesondere Aufmerk-
samkeit.

Die alten Christen haben den Dienst der
ewigen Lampe zur Ehre des Menschgeworde-
nen, in der Eucharistie gegenwärtigen Gottes
hoch genug angeschlagen, und dieser Schätzung
gemäß auch für kostbare Herstellung derselben
gesorgt. Nicht nur eine, sondern viele gol-
dene und silberne Lampen brannten im Heilig-
thum einzelner Kirchen, und die Andacht be-
gnügte sich nicht mit gewöhnlichem Oel, son-
dern man schenkte sogar wohlriechende, kost-
bare Oele zu diesem Zwecke, und machte dazu
dauernde Stiftungen, wie unter Andern Kon-
stantin der Große that. Unter den Kirchen-
schätzen, welche der heiligeLaurentius, um sie
nicht in die Hände der Verfolger fallen zu
lassen, an die Armen vertheilte, waren gol-
dme und silberne Lampen, wie Prudentius
berichtet.

Auch die Geräthe von geringerem Mate-
rial, wie z. B. die aus Thon gebrannten Lam-
Pen in den Katakomben, zeigen eine sorgfäl-
tige Behandlung, feinen Formensinn, und zum
Theil sogar große Eleganz.

Die heilige Bestimmung der ewigen Lampe
konnte ste nicht vor Entartung und Verfall
schützen. Das Zeitalter der Geschmacklosig-
keit und Erbärmlichkeit hat auch in ihr sich
ein Denkmal in den meisten Kirchen gestiftet.

Der Zerfall zeigt sich in den Formen, der
der Technik und dem Material.

Vor Allem sällt die unverhältnißmäßige
Cröße auf, mit welchem dieLampen gewöhn-

lich den Chor verfinstern, und einen beträcht-
lichen Theil des Choraltars verdecken. Jhr
Zweck ist, ein kleines Licht zu tragen, dem
Oelgefäß einen angemessenen Raum zu ge-
ben, und etwa noch das ablaufende Oel in
einer weitern Schale zu sammeln. Für die-
sen Zweck genügt eine Lampe von mäßigem
Umfang, welche zugleich aus das Auge eine
günstigere Wirkung machh, und in Lesseres
Verhältniß zu dem umgebenden Raume tritt,
als der ungeheure Kessel, über welchem das
schwache, zitternde Lichtchen Leinahe verloren
geht. Wollte man das ewige Licht lächerlich
machen, so könnte man kein wirksameres Mit-
tel ergreifen, als es auf solcheUngethüme von
Lampen zu setzen.

Was die plumpe Größe noch zum Verder-
ben übrig läßt, das vollendetdie abgeschmackte
Form. Sinnlose Schnörkel, und vom Heiden-
thum entlehnte Figuren, nackte Menschenbil-
der, Genien, Sirenen, Meerweibchen u. dgl.
kleben und klettern an dem Kessel herum, aus
einer Gußform, oder Stanze, die dem Fabri-
kanten dasselbe Material zur Verwendung an
einen Kandelaber ins Theater oder Kaffee-
haus bietet.

Am übelfien kommt die Lampe weg, wenn
man sie in unverstandener Weise gothisch
formen will. Leute, die meinen, die Gothik
bestehe aus Böglein und weiter nichts, zirkeln
einige Bogenstellungen zusammen und geben
ihrer Zetchnung den Namen Lampe. Nach
derselben wird ein Prägestock ausgravirt, der
dann in einer Stunde einige hundert dieser
Bögen aus hohlem Blech liesert. Diese wer-
den dann zusammengelöthet, und die Lampe
tst fertig. Zu größerer Pracht wird sie noch
weiß gesotten oder galvanisch versilbert, und
der Besteller hat das Vergnügen, in wenigen
Jahren, ohne weitere Kosten, blos durch die
reagirende Wirkung der Zeit das Prachtgesäß

Kirchenchmuck, Band vn oder 1860, Hest 4.

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