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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 7.1860

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6. Heft
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Das bishöfliche Nationale: Zur Geschichte des bischöflichen Nationale
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https://doi.org/10.11588/diglit.18470#0098

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1860. H i r rlr e n sck m u cli. e. ,kS.

Das bischöfliche NaLionale.

Ueber diesen Gegenstand liegen zwei Be-
arbeitungen vor, welche wir hier nebenein-
ander zum Wort kommen lassen, damit ste
sich gegenseitig ergänzen.

Zur Geschichte des bischöslichen
Nationale.

Es ist im Dezember-Hefte des Jahrgangs
1859 dieser Zeitschrist aufmerksam gemacht
worden auf ein kostbares Ueberbleibsel der
alten Kunst und Liturgie, nämlich auf ein
bischösliches Rationale, welches, aus Regens-
burg stammend, im Schlosse zu Tißling bis-
her aufbewahrt wurde. Die Auffindung eines
solchen, btsher noch unbekannten Gewand-
stückes ist um so interessanter, als ähnliche
Gewänder heutzutage nur mehr äußerst selten
sind und andererseits durch Beschreibung der-
selben in die Lisher noch immer dunkle Ge-
schichte des Rationale immer mehr Licht kommt.
Jn den folgenden Zeilen nun wollen wir ver-
suchen, das, was über die Geschichte des Ra-
tionale bisher bekannt geworden, zusammen-
zustellen, und so zur endlichen Feststellung der
historischen und künstlerischen Entwicklung der
bischöflichen Gewandstücke Einiges beizu-
tragen.

Was den Ursprung unseres Rationale be-
trifst, so stimmen alle mittelalterlichen und
neueren Liturgiker und Archäologen darin
überein, daß es eine Nachahmung des hohen-
Priesterlichen Schulterkleides sei, welches un-
ter dem Namen Ephod in den heil. Schriften
des alten Testamentes aufgeführt wird (vrgl.
Mustertafel Uro. 4). Jm Buche Erodus 28,
6—11 und 39, 2—5 ist die Art und Weise
der Anfertigung desselben genau vorgeschrie-
ben. Der Stoff war Byssus, welcher wieder

mit Goldfäden und anderen drei Farben, näm-
lich Hyazinth-, Purpur- und Coccusfarbe
durchwoben war. Seine Gestalt war die eines
kurzen Oberkleides, ohne Aermel, um die
Mitte mit einem von ihm selbst auslaufenden
Gürtel befestigt, auf den Schultern aber durch
zweiOnyrsteine, auf deren sedem je sechs Na-
men der Stämme Jsraels eingegraben waren,
zusammengehalten; Vorder- und Hintertheil
hingen nicht zusammen. Ueber diesem kost-
baren Schulterkleide wurde nun auf der vor-
deren Seite noch ein kleineres viereckiges Stück
des nämlichen Stoffes getragen, welches das
eigentliche „Rationale" ist; auf ihm waren
jene 12 Edelsteine angebracht, deren jedem
einer der Namen der 12 Stämme Jsraels ein-
gegraben war. Diese Gemmen waren jedoch
nicht von einander getrennt und unmittelbar
auf dem doppelt zus ammengelegten Brusts childe
befestigt, sondern in eine die ganze Fläche des
„Rationale" Ledeckende Goldtafel eingelassen.
Zur Befestigung des ganzen Brustschildes wa-
ren an den vier Ecken kleine Ringe, von wel-
chen oben zwei Kettchen, unten aber zwei
Vandstreifen ausgingen. Die detaillirtere Be-
schreibung dieseshohenpriesterlichenSchmuckes
findet sich bei vr. Bock, liturg. Gewänder des
Mittelalters, I. Bd., x. 377.

Wie nun überhaupt die hohenpriesterliche
Kleidung des alten Testamentes ein Vorbild
für die Priestergewänder des neuen Bundes
war, und besonders im Lischöflichen Ornate
sich noch viele Analogien zu den levitischen
Priesterkleidern erkennen lassen, so ist es auch
das den Hohenpriester nach der Ordnung
Aarons besonders auszeichnende Kleid, wel-
ches im Christenthum (unter den Priestern
nach der Ordnung Melchisedechs) wieder auf-
genommen und sortgebildet werden sollte.
Zweierlei bischöfliche Gewänder ziehen in die-
ser Beziehung unsere Aufmerksamkeit auf stch,

Kirchenschmuck, Band VII oder 1860, Heft 6.

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