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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 7.1860

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5. Heft
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Mittelalterliche Wandmalereien
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https://doi.org/10.11588/diglit.18470#0080

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irrkLnsckmnrk. s.M.

Mittelalterliche Wandmatereien.

Ein in den Wandmalereien der mittelalter-
lichen Kirchen vielfach vorkommender Gegen-
stand ist die Höllenfahrt Christi. Wir haben
darüber ein Zeugniß von Luther, welcher tn
seiner späteren Zeit, wo die ruhigere Ueber-
legung ihn so manchen sruherhin verwor-
senen Gebrauch zuweilen wieder anerken-
nender Leurthetlen ließ, sich darüber äußert:
,/Demnach pflegt man's auch an die Wände
zu malen, wte Christus hinunter fähret, mit
einer Chorkappen und etner Fahne in der
Hand vor die Hölle kommt, und damit den
Teusel schlägt und verjagt, die Hölle stürmet
und die Seinen herausholt. Wie man auch
in der Osternacht ein Spiel sür die Kinder
getrieben hat; und gefällt mir wohl, daß
man's also den Einfälttgen fürmalet, spielet,
singet oder sagt" (s. Auslegung des andern
Arttkels des christl. Glaubens vomJahr1533
vgl. Jürgens, Leben Luthers I, 233). Wei-
terhtn sagt er: „Solch Gemäloe zeigt sein die
Kraft und Nutz dieses Artikels, darum er ge-
predtgt und geglaubt wtrd, wie Christus der
Höllen Gewalt zerstöret und dem Teusel seine
Macht genommen hat. Wir lassen Klügeln
und Deuten daheim, und reden einfältiglich
davon, daß man sich mit solchen groben Ge-
mälden fasse, was dieser Arttkel gibt, wte
man sonst dte Lehre von göttlichen Sachen
durch grobe äußerltche Bilde vorgibt, wie
Chrtstus allenthalben selbst tm Evangelio dem
Volke das Geheimniß des Himmelreichs durch-
sichttge Bilde und Gletchniß vorhält, oder
wie man das KindletnJesum malet, daß
er der Schlangen auf den Kopf tritt,
und wie ihn Moses den Juden vormalet tn
der Wüsten durch die eherne Schlange, Jtem
Johannes der Täufer durch ein Lamm. Denn
solche Bilde sind sein helle und letcht etn Ding

dadurch zu saffen und zu Lehalten" (Vermischte
Predtgten von Plochmann XL, 168). Noch
im Jahr 1545 äußert er in seiner Vorrede
zum Passional, „die Kinder und Einfältigen
würden durch Bilder besser als durch Wort
und Lehre bewegt, die heilige Geschichte zu
behalten; in Stuben und Kammern sollte
man sie mit den Sprüchen malen, um Got-
tes Wort und Werk immer vor Augen zu
haben" (Luthers Werke, Ausg. von Walch
XIV, 401). Es ift nicht unwahrscheinlich,
daß er auch hier an Wandmalereien denkt,
die damals so sehr verbreitet waren. Ein
anderer Gegenstand der Wandmalereien war
St. Johannes mit dem Lamme. „Jm Pabst-
thum," sagt er, „habe man St. Johannem
an alle W änd e gemalet und sein Bild und
das Lämmlein in Holz und Stein, tn Silber
und Gold gehauen und Bilde von thm ge-
macht, wie er mit dem Ftnger auf das Lamm
hinweiset" (s. Werke, Ausgabe von Walch
VII, 1641). Wir erwähnen bei dieser Ge-
legenheit eines Bildes >— allerdings keines
Wandgemäldes, sondern eines Altarblattes
-— worauf dte Höllenfahrt Christi mit etnem
launtgen Zuge dargestellt war. Dasselbe be-
sand sich bis zur Reformation tn der St.
Nicolai-Kirche zu Zerbst. Beckmann Lerichtet
darüber in setner „Historia des Fürftenthums
Anhalt" Zerbst 1710, I, x.215 Folgendes:
„Es findet sich unter den ältesten Reforma-
tionsakten, daß aus dem damaltgen hohen
Altar eine Tafel gestanden in gefaltenen zwie-
sachen Flügeln, darauf das Leiden des Herrn
in unterschiedenen Stücken Lis zur Kreuzigung
geschnitzt und übergüldeb, mithin des Herrn
Bildniß 19Mal, ohne das darüber hängende
große Cructfir, theils geschnitzt, theils ge-
gossen zu sehen gewesem Unter der Kreuzi-
gung hätte dte Veronika. mit des Herrn An-
gesichte im Schweißtuch gestanden. Bet der

Lirchmschnmck, Band VN oder 1860, Heft S.

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