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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 62.1911-1912

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Lory, Karl: Ein halbes Jahrhundert Kunst und Handwerk
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https://doi.org/10.11588/diglit.6844#0058

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Frauenarbeit an der Nürnberger Kunstgewerbeschule.

65 u. 66. Kinderhäubchen;

65. von Hedwig Koch (Konkurrenzarbeit) Flach-und Stilstich,
ganz Seide, weiß auf weiß gestickt. 66. von Maria Fey;

Dki-Arbeit, weiß auf hellblauem Seidengrund.

(V4 b. wirkl. Größe.)

onierung des Geschmacks heraufzurufen, die wir heute
mit Freude und Hoffnung rings in deutschen Landen
und nicht zunächst im engern Vaterland groß werden
sehen. So gut der Wille gewesen, der Erfolg blieb
aus; und Morris selbst machte gerade die Erkennt-
nis von der Unerreichbarkeit seiner Ideale den Ab-
schied vom Dasein leicht.

Ich glaube, es ist im höchsten Grade lehrreich,
sich über die Ursachen des damaligen Mißerfolgs
klar zu werden.

Zunächst waren die Mittel und Wege sicher
falsch, mit denen hier die Schundindustrie bekämpft
werden sollte. Es liegt sehr nahe Merton Abbey
mit dem bei uns mehr und mehr in Aufnahme
kommenden Werkstättenbetrieb zu vergleichen. Aber

6? u. 68. Kinderhäubchen;

67. von Alli Jansen; rosa Seidengrund mit Knüpfarbeit
und Seidenbändern in dunkel beige. — 68. von Luise Wüst
(Konkurrenzarbeit; grauer Leinengrund mit Knüpftechnik in
gelb und blau. (V4 d. wirkl. Größe.)

welch ein Unterschied! Der Werkstättenbetrieb sucht
die Industrie mit ihren eigenen Waffen zu bekämpfen
und hat sie tatsächlich dadurch bereits teilweise aus dem
Feld geschlagen. Während man in den Werkstätten
des Morris Bandwebstühle für alle Arten von Stoffen
und Techniken, Handpressen und Indigokusen, wie
sie Johann „Meinswegens" der „Stromlid" be-
nützen mochte, fand, während in Merton Abbey ein
langsam plätscherndes Mühlrad die einzige mechanische
Triebkraft des großen Unternehmens darstellte, haben
die Gründer moderner Werkstätten die Vorteile maschi-
nellen Betriebes erkannt und zugleich durch kauf-
männische Organisation die Unkosten zu verringern,
die Absatzmöglichkeiten zu steigern verstanden. Es
war vor allem die Ausdehnung elektrischer Araft-
leitungen, die hier den Gewerben zugute kamen. Das

6g. Frlvolite-Spitze;

Entwurf und Ausführung von Marie Fey; dunkelblaugrüu,
violett und altgold (Seide). Konkurrenzarbeit.

(Vs, d. wirkl. Größe.)

gute, Qualitätsarbeit liefernde Handwerk wird ja nie-
mals in der Beziehung mit der Großindustrie wett-
eifern können, daß sie wie diese jede Bestellung zu
übernehmen bereit wäre; denn wie das zum Geschäfts-
prinzip erhoben wird, hört die Qualitätsarbeit mehr
oder weniger rasch auf. Aber die Taktik des Massen-
angebots kann — mit einer gewissen Einschränkung
allerdings — auch von den kunstgewerblichen Werk-
stätten meines Erachtens befolgt werden, ja, sie wird
wohl befolgt werden müssen, soll die Erziehung des
öffentlichen Geschmacks rasch weitere Areise ziehen.
Ganz anders damals in England! Wenn auch z. B.
Morris' htapiertapeten später doch maschinell hergestellt
wurden, so verengerte sich gleichzeitig das Schaffens-
gebiet der Firma statt auf alle möglichen Lebensgebiete
und deren Bedürfnisse überzugreifen.

Kunst und Handwerk. 62. gahrg. Heft 2.

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