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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Editor]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 62.1911-1912

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Gmelin, Leopold: Buchbindekunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.6844#0065

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Buchbindekunst.

V

j i



88. Dreiteiliger Photographie-Rahmen; von Martha v. Kranz und Laura Lange. (llt d. wirkl. Größen)

Grund in Hellem weinrotem Juchten, Intarsien in grauem Juchten, gelbem Kalb, und schwarzem Wildleder; handvergoldet.

gemeinsamer Arbeit ihre Werkstätte zu achtunggebieten-
der höhe gebracht, indem sie rechtzeitig erkannt haben,
daß das heil nur aus dem gesunden Boden soliden
Handwerks kommen kann. So sind alle Dinge, die
die leider nur sehr kurzlebige Ausstellung an Buch
binderarbeiten umfaßte, vom Entwurf bis zur Voll-
endung persönliche Handarbeit der beiden Künstle-
rinnen, nicht nur die Ausschmückung der Deckel, Rücken,
Buchschnitte, sondern auch die Einbände selbst, unter
denen die auf durchgedrückte „Bünde" gearbeiteten ganz
besondere Beachtung verdienten; die die Bünde deut-
lich aussprechenden (Iuerwulste am Rücken sind so
recht der Ausdruck des festen Zusammenhalts, und
sie lassen — was der ästhetischen Wertschätzung
stimmungmachcnd vorarbeitet — sofort erkennen,
daß hier keine Scheinkunst, sondern echte und rechte
Sachkunst vorliegt, eine Kunst, die nicht nur den
Schein von der Bache entlehnt, sondern die Bache selbst
mitsprechen läßt. Und eine handgreifliche Prüfung
bestätigt dies; man wird selten neue Bücher finden,
die sich so schön aufschlagen lassen. Aber auch die
anderen Dinge — Wappen, Btandrahmen für Photo-
graphien, Uhrkästchen, Kassetten usw. — zeigen den
gleichen Grad sorgfältiger Durchbildung in allen
Teilen.

An der äußeren Erscheinung hat das Leder den
größten Anteil und schon in der Wahl des Materials
und seiner Farbe (die iin Bedarfsfall durch Beizung
abgestimmt wird) zeigt sich der feine Geschmack.

Neben Bchweinsleder, Samtkalbleder, Saffian, Schaf-
leder, Beehundsleder ist dem leichtgeaderten weichen
Iuchtenleder eine Vorzugsstellung eingeräumt. Aber
bei der glücklichen Hand, die hier überall bei der
Wahl des Materials waltet, erfreuen auch die Leinen-
und Seidenbände (Abb. 87) durch ihr gediegenes Aus-
sehen; und wo die obere Deckelfläche mit Papier be-
zogen wird, da kommen nur Muster eigener Anferti-
gung in Anwendung, was selbstverständlich auch auf
die Vorsatzpapiers zutrifft.

Wir haben nicht die Absicht, die Ausstellung im
einzelnen zu besprechen; es soll vielmehr nur an
Hand der gegebenen Abbildungen ein flüchtiger Ein-
blick in das Arbeitsgebiet dieser Künstlerwerkstätte
getan werden.

Die durchweg sehr zartfühlende, nirgends auf-
dringliche Ausschmückung der gegebenen Flächen bringt
— außer dem Lederschnitt — so ziemlich alle Leder-
Techniken zur Anwendung. Als vornehmste fällt
von vornherein die Lederintarsia ins Auge, bei der
verschiedenfarbiges Leder in eine gegebene und ent-
sprechend ausgeschnittene Fläche eingepaßt wird —
eine mühsame und die größte Achtsamkeit erfordernde
Technik (Abb. 88 u. 89). In einzelnen Fällen wird
auch Eidechsenhaut als Einlage verwendet (Abb. 896.)
Die einheitliche Zusammenfassung der verschiedenen
Bestandteile einer so behandelten Fläche erfolgt meist
durch Goldpressung, sei es in einzelnen, in Größe
und Form schwankenden Tupfen, sei es mittels ge-

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