Fjaiis Schmegerle.
Wendigkeit erkannt, die For-
men werden zusammen-
genommen einer ruhigen
und großzügigen Behand-
lung zuliebe. In die Profil-
stellung des Körpers bringt
die leichte Drehung in der
Schultergegend eine ange-
nehme Abwechslung; doch
die vordere Seite drängt
sich an der Stelle nicht aus
der Relieffläche heraus,
sondern wird durch die
natürliche Rückwärtsbewe-
gung des linken Armes
darin festgehalten. Die
Bewegung ist nicht eigent-
lich schnell und leicht, son-
dern mehr schleppend und
angestrengt, wie die eines
Menschen, der lange nach
einem Ziel strebt, das
immer wieder zurückweicht,
wenn er es schon erreicht
zu haben glaubt. So wird
die symbolische Bedeutung
der Gestalt, die schon äußerlich durch die Form des
eingeschriebenen Kreises angedeutet ist, aus ihrem
Wesen heraus entwickelt. Die Reliefbehandlung ist
durchaus verstanden, alles gliedert sich zwanglos in
den Raum ein. Erhebungen gleicher Höhe liegen
in der gleichen Fläche.
Ein kleines Meisterstück bietet Schwegerle in dem
„Mädchen" betitelten Werk. (Abb. 2s6). Es ist ohne
Tonmodell direkt aus dem Stein seinem Bruchstück
der Thristusstatue) herausgeschlagen und atmet des-
halb die ganze Frische eines ersten ursprünglichen
Wurfes. Diese Tatsache, aus einem Stück Stein direkt
die Gestalt herausschälen zu köunen, verrät eine ganz
bedeutende Beherrschung der Form. Die Größe der
Glieder, ihre Ausdehnung in: Raum muß zur voll-
kommen klaren Vorstellung geworden sein, ehe ein
solches Arbeiten möglich ist. Es ist kein Anhalts-
punkt gegeben, man fängt an einer Stelle an und
arbeitet von hier aus den Stein durch, bis die ganze
Gestalt fertig ist. Man muß also genau im Kopfe
haben, wie groß das Glied, an dem man gerade
arbeitet, ist, in welchem Verhältnis es zum Ganzen
steht und muß in jedem Augenblick diese Beziehung
vor Augen sehen. Nur ein ganz sicheres, absolut
zuverlässiges Proportionsgefühl kann auf diesem
Wege etwas erreichen. Aber dann lohnt die Arbeit
auch das Wagnis, sie profitiert von der unmittelbar
immer vor Augen stehenden plastischen Gesamtan-
schauung; die einzelnen Teile müssen mit Notwendig-
keit organisch werden und auf das Ganze unmittel-
barsten Bezug haben. Alle diese Vorteile sind in
diesen: Werk vereinigt, es ist zu einer zwingenden
Einheit verwachsen. Nichts läßt sich wegnehmen
von dieser Gestalt, oder anders denken, ohne daß sie
selbst zerstört wird. Das ist ja immer das beste Kri-
2,». Lhristusfigur an der St. Lorenzkirche in Lübeck
(s. Abb. 2*z). *907.
- *27 —
Wendigkeit erkannt, die For-
men werden zusammen-
genommen einer ruhigen
und großzügigen Behand-
lung zuliebe. In die Profil-
stellung des Körpers bringt
die leichte Drehung in der
Schultergegend eine ange-
nehme Abwechslung; doch
die vordere Seite drängt
sich an der Stelle nicht aus
der Relieffläche heraus,
sondern wird durch die
natürliche Rückwärtsbewe-
gung des linken Armes
darin festgehalten. Die
Bewegung ist nicht eigent-
lich schnell und leicht, son-
dern mehr schleppend und
angestrengt, wie die eines
Menschen, der lange nach
einem Ziel strebt, das
immer wieder zurückweicht,
wenn er es schon erreicht
zu haben glaubt. So wird
die symbolische Bedeutung
der Gestalt, die schon äußerlich durch die Form des
eingeschriebenen Kreises angedeutet ist, aus ihrem
Wesen heraus entwickelt. Die Reliefbehandlung ist
durchaus verstanden, alles gliedert sich zwanglos in
den Raum ein. Erhebungen gleicher Höhe liegen
in der gleichen Fläche.
Ein kleines Meisterstück bietet Schwegerle in dem
„Mädchen" betitelten Werk. (Abb. 2s6). Es ist ohne
Tonmodell direkt aus dem Stein seinem Bruchstück
der Thristusstatue) herausgeschlagen und atmet des-
halb die ganze Frische eines ersten ursprünglichen
Wurfes. Diese Tatsache, aus einem Stück Stein direkt
die Gestalt herausschälen zu köunen, verrät eine ganz
bedeutende Beherrschung der Form. Die Größe der
Glieder, ihre Ausdehnung in: Raum muß zur voll-
kommen klaren Vorstellung geworden sein, ehe ein
solches Arbeiten möglich ist. Es ist kein Anhalts-
punkt gegeben, man fängt an einer Stelle an und
arbeitet von hier aus den Stein durch, bis die ganze
Gestalt fertig ist. Man muß also genau im Kopfe
haben, wie groß das Glied, an dem man gerade
arbeitet, ist, in welchem Verhältnis es zum Ganzen
steht und muß in jedem Augenblick diese Beziehung
vor Augen sehen. Nur ein ganz sicheres, absolut
zuverlässiges Proportionsgefühl kann auf diesem
Wege etwas erreichen. Aber dann lohnt die Arbeit
auch das Wagnis, sie profitiert von der unmittelbar
immer vor Augen stehenden plastischen Gesamtan-
schauung; die einzelnen Teile müssen mit Notwendig-
keit organisch werden und auf das Ganze unmittel-
barsten Bezug haben. Alle diese Vorteile sind in
diesen: Werk vereinigt, es ist zu einer zwingenden
Einheit verwachsen. Nichts läßt sich wegnehmen
von dieser Gestalt, oder anders denken, ohne daß sie
selbst zerstört wird. Das ist ja immer das beste Kri-
2,». Lhristusfigur an der St. Lorenzkirche in Lübeck
(s. Abb. 2*z). *907.
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