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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 62.1911-1912

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22. Ordentlicher Delegiertentag und Kunstgewerbetag des Verbandes Deutscher Kunstgewerbevereine: Delegiertentag in München: 24. Juni 1912 [und] Deutscher Kunstgewerbetag München: 25. und 26. Juni 1912
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https://doi.org/10.11588/diglit.6844#0385

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Die Bayerische Gewcrbeschau München \°)\2.

807. Schreibtischzarmtur, von Jos. Laster; blauschwarz patinierte Bronze. (Vz d. wirkl. Größe.)

werbetreibenden allmählich in zeitlich beschränkte
Märkte umwandeln lassen.

Die ästhetische und erzieherische Seite endlich ist
für viele naturgemäß die wichtigste, besonders für
diejenigen, die anerkannt haben, welche Bedeutung
für die nationale Gesundheit und das Ansehen
unseres Volkes die geschmackliche Erziehung gewinnt.
Ein Vergleich mit den Kämpfen zur Beseitigung
der Wohnungsnot liegt nahe. Wie dort wird die
Notwendigkeit einer Wandlung nicht von allen er-
kannt. Für die Wohlhabenden ist allerdings durch
die edle gewerbliche Produktion gesorgt, sofern sich

808. CElcPtr. Tischlampen; von Jos. Lasser; Bronze.
(Ve d. wirkl. Größe.)

die Wohlhabenden dieser bedienen wollen. Aber
die mittleren und minder bemittelten Kreise leiden
Geschmacksnot, ebenso wie der Proletarier der Groß-
stadt Wohnungsnot leidet.

Durch Ausstellungen kann dem nach zwei Seiten
entgegengearbeitet werden: einmal ist dein Kon-

fumenten die Möglichkeit gegeben, sich von den
geschmacklichen und praktischen Vorteilen der Quali-
tätsarbeit zu überzeugen. Das Publikum kann
erzogen werden, der Gewerbetreibende dagegen soll
durch solche Aualitätsmärkte überzeugt werden.
Ihm bietet sich der Künstler zu gemeinsamer Ar-
beit an.

Erst durch die Auslese (Jury) erhält ein Aus-
stellungsunternehmen über die geschäftliche Bedeu-
tung hinaus kulturellen Wert, Hür die geschmack-
liche Erziehung ist es wichtig, daß neben dem edlen
Kunst Handwerk auch die Massen- und Ge-
brauchsware in Auslese gezeigt wird. Die
Iurierung ist für den Produzenten ein Ansporn zur
Qualitätsarbeit."

In den nach den Vorträgen eröffneten Dis-
kussionen wurden die Ausführungen der Redner im
allgemeinen anerkannt, im einzelnen wenige Punkte
verstärkt oder ergänzt; der Vorsitzende, Geheimrat
Muthesius, meinte deshalb in feineni Dank- und
Schlußwort, daß wohl die abgerundete und einwand-
freie Form des Gedankenganges der Vorträge die
Ursache sei, daß sich die Diskussion so wenig lebhaft
gestaltet habe. Er benutzte den Anlaß, um sich auch
über die Ausstellung München zu verbreiten und
führte dabei aus, München habe wieder einmal
Deutschland in dankenswerter Weise wichtige Finger-
zeige der Neugestaltung des Ausstellungswesens ge-
geben. Der Redner schloß mit dem Wunsche, daß
die heute gegebenen Anregungen auf fruchtbaren
Boden fallen mögen, die Versammlung.

Der Abend des 25. versammelte schließlich die
Teilnehmer am Kunstgewerbetag auf dem Zacherl-
keller, wo ein Festspiel und ein Iohannisfeuer mit
nachfolgendem Tanz die Mehrzahl bis nach Mitter-
nacht beisammenhielt. Der nächste Vormittag war
der Besichtigung der Residenz und besonders der
Schatzkammer gewidmet, während nachmittags viele
— dem regnerischen Wetter zum Trotz — der freund-

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