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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 12.1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.5772#0012

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Sammlungen und Ausstellungen.

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herstellen und sie den Besuchern zugänglich machen;
ringsherum soll eine Rosen- und Lorbeerhecke angelegt
werden. Nach Boni sollen in der Nähe der Quelle die
Reiterstatuen der Dioskuren errichtet gewesen sein, und
zu einer dieser Statuen gehörten wahrscheinlich die oben
erwähnten Bruchstücke eines Pferdes. Dicht bei der Wasser-
quelle wurde ein Altar ans Licht gebracht, der aus dem
ersten Jahrhundert stammt und mit vier Basreliefs ge-
schmückt ist, die auf den mythologischen Ursprung der
Dioskuren Bezug haben; auf den Basreliefs sind dar-
gestellt: Zeus, Leda mit dem Schwan, Castor und Pollux
(mit der Lanze und der phrygischen Mütze) und eine
bekleidete Frauengestalt, die eine grosse Fackel in der
I land hält, wahrscheinlich Vesta. Der Altar stand am
Rande der »Fons Juturnae«. Andere Entdeckungen von
Wichtigkeit hat Boni in der Nähe der Basilika Aemilia
gemacht; unter anderem glaubt er den Tempel der Venus
Cloacina gefunden und einen Arm der Cloaca Maxima
entdeckt zu haben.

Venedig. Der Direktor der königl. Akademie, Cantale-
messa, hat zwei wertvolle Gemälde, eines von Palma
Vecchio, das andere von Jacopo da Ponte, genannt Bassano,
entdeckt und um 3000 Lire für die Akademie erworben.
Die beiden von Staub und schmutzigem Firniss über-
zogenen Bilder wurden, wie die Münchener »Allg. Ztg.«
mitteilt, von dem Besitzer, einem Herrn Bedendo aus
Mestre, zum Kauf angeboten. Unter der Schmutzkruste
erkannte das geübte Auge des Direktors die verborgenen
Schätze. Die Reinigung und sachverständige Behandlung
wurde dem Prof. Zennaro anvertraut. Der hl. Hieronymus
da Pontes ist schon vollständig erneuert; die mächtige
Figur eines alternden Mannes, nahezu in Lebensgrösse,
beinahe nackt, sitzt am Eingang einer Grotte, das schwer-
mütige Haupt auf den linken Arm gestützt, in Betrachtung
des Gekreuzigten, auf den von aussen ein kaltes Licht
fällt; es ist eine vorzügliche anatomische Studie; dabei
sind die Farben so frisch, als ob sie von gestern wären
— wenn nicht die vollendete Zeichnung eine solche An-
nahme von vornherein ausschlösse. Palma Vecchios Ge-
mälde eine sog. »Sacra Conversazione«, zeigt die Mutter-
gottes mit dem Jesusknaben vor einem Tempel sitzend,
von dem nur einige Pfeiler sichtbar sind; zu ihrer Rechten,
im Halbschatten, kniet der heilige Joseph auf den lächeln-
den Knaben blickend; zur Linken, zu Füssen der Madonna,
sitzt die heilige Katharina, neben ihr kniet Johannes der
Täufer; die Figuren heben sich von einer idealen Land-
schaft ab. Das Bild ist offenbar zur Zeit entstanden, als
Palma sich Tizian zum Vorbild nahm und ihm mit Erfolg
nachstrebte. Überaus lebensvoll ist die heilige Katharina,
die unbestritten Palma erkennen lässt durch die innige
Verwandtschaft mit des Meisters berühmter heiligen Barbara
in Sta. Maria Formosa, zu der ihm die eigene schöne
Tochter Violante als Modell diente. Von schönen Linien
und sprechendem Ausdruck ist Johannes der Täufer; nicht
der asketische Heuschreckenvertilger der alten Manier,
sondern eine edle Jünglingsgestalt in vollem Reize der
Jugend. Diese Figuren sind zu einer Gruppe voll Anmut
und Würde gestimmt, die ebenmässigen Gestalten sind in
farbenprächtige, faltenreiche Gewänder gehüllt, die Fleisch-
töne sind von durchsichtiger Zartheit. Kenner versichern,
dass dieses Gemälde unter die Meisterwerke des Palma
Vecchio zu zählen sei und für die Akademie eine wert-
volle Bereicherung bilde

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN
Berlin. Die stille Sommerszeit, in der man der Freude
an der Kunst mit einiger Ruhe sich hingeben kann, weil
die beiden grossen Ausstellungen während dieser monate-

langen Zeit in Berlin sozusagen die einzigen sind, ist dahin, und
die nervöse Jagd beginnt wieder. Alle drei, vier Wochen etwas
Neues! Das ist leider auch diesmal wieder der Grundsatz,
nach dem die Schar der »Kunstsalons« handeln wird. Es ist
nun einmal so, und bleibt so. Wie oft wird ein ruhender
Pol in der Erscheinungen Flucht Trost gewähren! Wir
wollen das Beste hoffen, und erfreulicherweise ist fest-
zustellen, dass gleich am Anfang der weiten Reise ein
Riese steht, auf dem das Auge noch lange Erholung trin-
kend mit Freude ruhen wird. Das ist der spanische Maler
Ignacio Zuloaga, der bei Eduard Schulte eine Anzahl von
hochinteressanten und sehr bedeutenden Gemälden aus-
gestellt hat. — Ein grosser, machtvoller Zug geht durch
alle diese Arbeiten, all das Kleinliche, Bunte, Schreiende,
das kleine Geister uns neuerdings als nationale Hervor-
bringungen ihrer spanischen Heimat aufgetischt haben —
all das ist verschwunden; in sich gefestigt, stark und stolz
tritt dieser zur Zeit Einsame aus ihrer Schar heraus und

— stolz will ich den Spanier! Dieser Mann ist ein echter
Sohn seiner Heimat; man spürt den Charakter seines
Vaterlandes in seinen Werken, und das ist gewiss das
Beste, was man von einem Künstler sagen kann.

Freilich von der süssen Romantik, die das Land der schat-
tigen Kastanien umschwebt, finden wir wenig — desto mehr
aber von herber Wahrheit und wahrer Herbheit. — Das
ist einer, der, wie es auf Curt Stoeving'% ebenfalls hier
ausgestellter, in Erfindung und Ausführung vortrefflicher
Nietzsche-Plakette heisst, nicht nach Glücke, sondern nach
seinem Werke getrachtet hat. — Wohl kommt dem Be-
schauer die Erinnerung an Manet und an Slevogt,
wenn er vor dem reich bewegten »Stierkampf im Dorfe«
oder der glühenden, naturalistisch harten, übrigens Sle-
vogt's Art an Feinheit überragenden »Versuchung« steht

— aber man muss weiter, sehr viel weiter und höher
greifen, wenn man den »Dichter Don Miguel de Segovie«
oder den »Nachtwächter«, das »Bildnis der Lola« oder die
»Strassenscene in Madrid sieht. An Velazquez zu er-
innern, ist naheliegend, aber es ist so viel ganz Eigenes,
Lebendiges in diesen Schöpfungen, dass es besser ist, nur
von Ignacio Zuloaga zu sprechen und diesen Namen
hoffnungsfreudig sich zu merken!

Von ganz anderem Schlage, viel weniger imponierend,
aber immerhin sehr erfreulich sind die Arbeiten des Brüs-
seler Landschafters Paul Mathieu. Ein in sonnige Stimmung
getauchtes »Flandrisches Dorf« und eine »Allee« sind Kabinet-
stücke ihrer Art, aber weit übertroffen werden sie durch den
»Mühlenweg im Schnee« und vor allem durch die »Däm-
merung«. Mathieu besitzt ein starkes und zugleich zartes
Empfinden für die Stimmungen der Natur, und er weiss
sie dem Beschauer seiner Werke meisterlich zu suggerieren.
Wie ein alter Meister erscheint Wilhelm Leibt in seinem
frühen Bildnis des Malers Hirth du Frenes, in dem ein
selten malerischer Künstlerkopf in feinster, einfachster und
doch wirkungsvollster Weise malerisch festgehalten ist.

Gegen diese Hauptstücke der Schulteschen Ausstellung
sich halten zu wollen, war für den »Club moderner Land-
schafter Berlins« ein gewagtes Unternehmen. Aber sie
halten sich! Sie sind freilich noch jung, aber Jugend ist
bekanntlich ein Fehler, den man mit jedem Tage mehr
ablegt, und in den Arbeiten dieser Leute ist zweierlei, das
viel Vertrauen einflösst: sie wandeln auf vaterländischem
Boden, und sie folgen auf diesem Boden offenbar dem
kundigsten Führer, Eugen Bracht! Es ist ein gutes Zeichen
für die Zukunft unserer Kunst, dass sein Einfluss bei dem
Nachwuchs ein so ausserordentlich umfassender und starker
ist. Ausserdem liegt in diesen märkischen Schilderungen
von H. Klohss, wie »Heideloch« und »Aprilschnee«, oder
in Liedtke's Schilderungen aus dem »Hamburger Hafen«,
 
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