Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 12.1901

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5772#0028

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
39

Bücherschau.

40

gemalten Bilder seien nicht wirkliche Freskomalereien,
sondern mit Ölfarben gemalt. Ich will hier nicht verfehlen
darauf hinzuweisen, dass der Restaurator der Paduaner
Fresken, A. Bertolli, unter der Ölmalerei, die seit neuerer
Zeit diese Arbeiten bedeckt, die Nähte des Kalkbewurfs
unterscheiden konnte, welche die einzelnen Teile eines
jeden Freskos trennen. Er konstatierte, dass Tizians Fresken
aus etwa 15 Teilen sich zusammensetzen, deren jeder die
Arbeit eines Tages darstellen würde. (Mitteilung von
L. de Mandach, St. Antoine de Padoue p. 274 Anm. 3.)
Die spanische Kapelle in Florenz. Darstellung des In-
haltes der Fresken. Verfasser glaubt die von Vasari er-
haltene Tradition, dass die Fresken Arbeiten des Taddeo
Gaddi und des Simone Memmi seien, als geschichtliche
Thatsache« ansehen zu dürfen. Allerdings habe sie ein
unbekannter Meister vollendet. Über die künstlerische
Wertschätzung der Fresken — »sie bilden einen mächtigen
Fortschritt von Oiotto zu Masaccio hin« — werden viele
mit dem Verfasser nicht einer Meinung sein (vergleiche
Berenson, Florentine painters p. 20 ff). Die Dar-
stellungen der heiligen Anna selbdritt, besonders zu
Florenz. Verfasser führt aus, dass die Gestalten der
Maria und des Kindes das die Heilige charakterisierende
Attribut sind, und zeigt an zahlreichen Beispielen, wie
grosse Künstler mit der Lösung dieser ungewöhnlich
schwierigen Aufgabe sich mühten (Masaccio, Fra Barto-
lommeo und Leonardo, dessen Karton übrigens in der
Royal Academy in London bewahrt wird; Andrea San-
sovino). Auch einige Beispiele aus Deutschland sind
herangezogen. Die Grabstätten der Medizeer zu S. Lorenzo
in Florenz, besonders die Kapelle Michelangelo's. Den
Verfasser hat besonders die Frage der Deutung der vier
Gestalten zu Füssen der beiden Herzöge interessiert: er
legt hier Michelangelos bekannte Aufschrift auf einer Zeich-
nung zu Grunde, indem er sich lebhaft gegen Burckhardt —
»kein Mensch hat je ergründen können, was diese Figuren
(abgesehen von ihrer künstlerischen Wirkung) bedeuten
sollen , hatte sich dieser beschieden — wendet. Aber ob
man mit solchen Betrachtungen über den Gedankengang
wirklich dem künstlerischen Inhalt näher kommt! Welche
einfachen rein künstlerischen Momente, etwa die Form
der Sarkophage, mochten dem Künstler die Gestalten er-
weckt haben! Hierin wird uns keine litterarische Deutung
der Welt einführen. Zum Schluss führt Verfasser unter
einigen Urteilen dasjenige des Carstens an, der sie 1792
für »die beste Bildhauerarbeit erklärt, welche seit dem
Wiederaufleben der Kunst verfertigt worden ist«. Verfasser
schliesst: »Wohl aber möchte es sein, dass unter den
Arbeiten eines Thorwaldsen und anderer grosser Meister
der neueren, besonders deutschen (? welcher?) Bildhauerei
sich Werke finden, die jenen Statuen an die Seite gestellt
werden könnten«. Ob sich viele dieser Meinung anschliessen
werden? So hatte übrigens schon Elise von der Recke
dem Moses des Michelangelo die Werke Canovas ver-
gleichen zu dürfen geglaubt (s. Reise durch Italien II, p. 111).
Die inneren Verhältnisse der Kuppeldome in Florenz und
Rom. Verfasser findet die Ursachen, dass beide Bauwerke
keinen völlig harmonischen Eindruck machen, darin, dass
man in Florenz »aus dem östlichen Teil eines Langbaues
einen riesigen Centraibau« machte, in Rom einen Centrai-
bau zu einem kreuzförmigen Langbau erweiterte . Malereien
in Venedig. Kurze Skizze der venezianischen Malerei, so
wie sie sich in den vorzüglichsten Bildern der Akademie-
Sammlung darstellt. Der Wunsch des Verfassers den Ur-
sula-Cyklus Carpaccio's — der 1490—1495 (nicht 1475
bis 1515) entstand — in einem besonderen Raum ver-
einigt zu sehen, ist inzwischen in Erfüllung gegangen. Die
Schätzung der »Assunta« als »Tizian's Hauptwerk und das

bedeutendste Bild der Akademie« ist vielleicht etwas hoch
gegriffen. Das, was der Verfasser bei Canaletto vermisst —
malerische Wirkung von Licht und Farbe — könnte man
vielleicht eher bei Guardi finden. Eine aufrichtige Freude
an dem künstlerischen Gehalt der venezianischen Maler-
schule, das Bestreben ihr gerecht zu werden, geben diesem
Aufsatz eine warme Färbung. — Tizian's Bildnisse der
Herzogin Eleonora Gonzaga von Urbino. Die Beziehungen
zwischen dem Porträt der Eleonora von Urbino (Uffizien),
dem Bildnis der »Bella« (Pitti), der Venus der Tribuna und
dem Porträt des »Mädchens im Pelz« (Wien) werden klar
gestellt. Verfasser war lange vor Thausing durch das
Studium der Bilder zu der Ansicht gelangt, dass in allen
Bildern die Herzogin von Urbino das Modell abgegeben habe.
Tizian's Gemälde der himmlischen und irdischen Liebe. Verf.
begründet eingehend, wie er, nach früherem Schwanken, dazu
kam, die bekannteste Deutung des Bildes als die richtige an-
zusehen. Er setzt die zahlreichen Deutungsversuche ausein-
ander. Abgesehen von Kleinigkeiten—Erklärungdes Reliefs-
stückes rechts als Sündenfall! — kann ich mich nicht zu
dieser Ansicht bekehren, sondern bekenne mich zu denen,
die da meinen »Das, was Tizian sich dabei gedacht hat, sei
gleichgültig«. Das Künstlerische, das in Form, Farbe, in
dem Gegensätzlichen der beiden Frauen und der Landschaft
gegeben ist, genügt völlig den Ansprüchen an ein Kunstwerk.
Will man aber durchaus auf einen Titel nicht verzichten,
so hatAvenarius mit seinem gelegentlichen Vorschlag (Kunst-
wart VI, Heft 21, S. 333) Ȇberredung zur Liebe den
Gehalt feinsinnig empfunden. Mit Wickhoff's mythologi-
scher Deutung würde sich diese Erklärung nahe begegnen.
Wenn Verfasser meint, der jetzt allgemein übliche Name
sei der älteste — an anderer Stelle heisst es, er sei der
eigentlich überlieferte und in der Borghese'schen Samm-
lung gewissermassen amtlich festgehaltene«, — so ist dieses
zu bestreiten. Wahrscheinlich ist der Name erst nach der
Mitte des achtzehnten Jahrhunderts aufgekommen. Es ist
in dieser Rücksicht sehr beachtenswert, dass J. J. Volk-
mann, dessen »historisch-kritische Nachrichten von Italien
sich grosser Verbreitung als Reisehandbuch erfreuten, selbst
in der zweiten, 1777 erschienenen Auflage seines Werkes
nur sagt (II, p. 391): »ein Gemälde mit zwo weiblichen
Figuren, von denen die bekleidete sich auf eine Badewanne
lehnt, und die nackende an einer Ecke derselben sitzt,
unterdessen, dass ein kleiner Liebesgott die Wärme des
Bades versucht«. Dagegen sagt Ramdohr, der 1784 in
Rom sich aufgehalten hatte, in seinem Buche Ȇber Ma-
lerei und Bildhauerkunst in Rom«, (I. Ausg. 1787, Bd. I,
p. 302), nachdem er das Bild kurz beschrieben hat: Die
eine Figur ist bekleidet, die andere nicht. Dies mag viel-
leicht Gelegenheit zu der Benennung der göttlichen und
profanen Liebe gegeben haben«. Gleichzeitige französische
Bücher, wie de la Lande, Voyage en Italie (1765
und 1766. Paris 1786. Bd. IV, p. 613) oder die »Voyage
d'un amateur des arts . . . en Italie, fait dans les ans
1775—1778«, (Amsterdam 1783. Bd. II, p. 292) kennen
den heutigen Titel ebenfalls nicht. Daher wird mit Recht
in Platner & Bunsens »Beschreibung Roms« (Bd. III,
III. Abt.) darüber gesagt, er sei »vermutlich eine erst in
späteren Zeiten aufgekommene Erklärung--. Wem die Ehre
derselben gebührt, weiss ich nicht anzugeben. Durch
obige Zusammenstellung scheint das Datum der Entstehung
ungefähr bestimmt; die Urheberschaft wird wohl einem
Deutschen zugeschrieben werden dürfen. Mehr als einer
von den vielen Einfällen, zu denen das Bild die Veran-
lassung gab, ist der Titel also nicht. Vielleicht bringen
die jetzt von verschiedenen Seiten unternommenen Unter-
suchungen die Lösung und richtige Deutung. — Die Ge-
mälde der Danae von Correggio und Tizian. Mit eine
 
Annotationen