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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 12.1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.5772#0051

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i

Kunstblätter.

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im ganzen hatten dabei aber nur wenig Bilder eine Ein-
busse zu erleiden, so wurden Cranach's Bildnisse Johann
Friedrich's des Grossmütigen und der Sibylle von Cleve
seiner Werkstatt gegeben, Rubens' Reitpferd seiner Schule,
das Interieur von P. de Hooch dem P. Janssens, das Ge-
höft von R. de Vrie* wurde ihm nur zugeschrieben und
Wouwerman's »Auf der Landstrasse« für eine Kopie erklärt.
— Dafür gewannen aber viele Bilder, wenn sie auch auf
die alten hochtönenden Namen zu verzichten hatten, durch
eine richtige Bestimmung wesentlich an Wert, da damit
für ihre Einordnung der sichere Boden geschaffen war:
Mantegna's h. Lukas erscheint nun als Bonsignori, das
prachtvolle Frauenbildnis in Grün, früher Seb. del Piombo,
dann Sodoma genannt, als Parmeggianino, das männliche
Bildnis von Van Dyck als Franchoys, ein Hals als Ver-
spronck; namenlose Bilder erhalten erst jetzt eine nähere
Bestimmung, so die Madonna mit Heiligen (bisher Um-
brisch) als Fiorenzo di Lorenzo, der h. Hieronymus (Schule
Bellini's) als Catena, das Triptychon (Burgundisch) als
Van der Goes, das Bildnis eines Malers (Holl. Sch.) als
Slabbaert. Natürlich sind die Bilder, deren richtige Be-
nennung schon seit längerer Zeit bekannt war, auch unter
den entsprechenden Namen eingereiht worden, so die Flora
des Bartolommeo Veneto, die Bildnisse des Stalburg'schen
Ehepaares von Ratgeb, die Meisterwerke des Künstlers
von Flemalle, das Kinderbildnis von De Vos, Rembrandt's
David vor Saul. Als weitere willkommen zu heissende Na-
mensänderungen sind zu bezeichnen: Der Doge M. Memmo
von Palma Giovane (statt von Tintoretto), die Landschaft
von Beiotto (statt Canale), der h. Hieronymus von
G. David (statt Memling), das Küchenstillleben von
Snyders (statt Snyers), der Geflügelhof von Nuzzi (statt
Jan Victors), die Hühner von Jac. Victors (statt Jan V.),
die Kurpfuscherin von Arie de Vois (statt W. v. Mieris),
das Seeufer von Ruisdael (statt Du Bois), die Fischerhütte
von Rombouts (statt Decker), das Kinderbildnis von J. G.
Cuyp (statt Aelb. C.). — Wichtig ist, dass nach Hauser's
Restaurierung sich das Datum von Cristus' Madonna mit
Heiligen als 1457 (statt 1447) herausgestellt hat; dass Dü-
rer's Hiob, vom Jabach'schen Altar, bereits in einem Holz-
schnitte von 1509 benutzt worden ist (Nachtrag), wodurch
Thausing's zu späte Datierung hinfällig wird; dass Janssen's
Innenraum, der noch in einem Amsterdamer Versteigerungs-
katalog von 1835 als Janson aufgeführt war, unter der
später aufgesetzten Bezeichnung P. D. Hoogh die Buch-
staben . . . hh . . s E zeigt, die auf seinen Familiennamen
Elinga zu ergänzen sein werden. — Zu einzelnen Bildern
sei hier bemerkt: Die Apostelmartyrien werden doch wohl
mit der Zeit wieder Stephan Lochner selbst zugeschrieben
werden, als dessen Werk die Münchener Aussenseiten der
Flügel bereits anerkannt sind; für das Bildnis eines Mannes
mit seinem Kinde (Schwäbischer Meister um 1525) ist
dasjenige des Johann Schöner von 1528, von Amberger's
Hand, in der Culemann'schen Sammlung zu Hannover,
sowie das des Sebastian Münster von demselben Künstler
in Berlin zu vergleichen, während das im Katalog ange-
führte Bild in Dresden, das noch immer ein vollkommenes
Rätsel bildet, eine Feinheit der Ausführung zeigt, die mit
dem Frankfurter Bilde kaum etwas gemein hat. An der
Echtheit des jungen Kavaliers von Frans Hals möchte ich
gleich Bode festhalten. — Das grosse schöne Bild der
Arbeiter im Weinberg, das als eines der interessantesten
Erzeugnisse der Schule Rembrandt's längst anerkannt ist,
wird hier mit dem Christus als Kinderfreund in London
in unmittelbare Verbindung gebracht. Ob beide Bilder
von einer und derselben Hand seien, will ich dahingestellt
sein lassen. Ich habe nur die Ehebrecherin der Sammlung
Weber in Hamburg (lebensgrosse Halbfiguren) als von

derselben Hand wie das Frankfurter Bild vermerkt, und
möchte wenigstens die Frage anregen, ob nicht von der
grossen Kreuzabnahme des Herzogs von Abercon, die
1899 in London ausgestellt war, sowie vielleicht von der
grossen Thallandschaft in Dresden dasselbe zu gelten hätte.
Zu den Bildern dagegen, welche die gleiche Hand wie
der Christus als Kinderfreund zeigen, kann ich, ausser dem
hier angeführten Ecce homo in Pest und (nach De Groot)
der Eeckhout genannten männlichen Halbfigur in Dublin,
noch ein Bild mit lebensgrossen Halbfiguren beim Fürsten
Youssoupof in St. Petersburg hinzufügen, einen alten Mann
mit zwei Kindern, die einem Drehorgelspieler zuhören
(Rembrandt genannt) und das Bildnis einer alten Frau von
Maes, in der Gothaer Galerie (No. 183). Überhaupt glaube
ich, dass der Christus als Kinderfreund von Maes ist,
ebenso wie das grosse Bild der Kartenspieler in London
(No. 1247), wozu als äusserer Anhalt dienen kann, dass
der Kopf des Kartenspielers auf dem Christus als Kinder-
freund links wiederkehrt. Die Kartenspieler wären dann
als um 1655 entstanden, der Christus als Kinderfreund als
einige Jahre früher gemalt anzunehmen. — Am Schluss
ist ein nach Schulen und chronologisch geordnetes Ver-
zeichnis der Künstlernamen beigefügt, wobei die besondere
Abteilung Mitteldeutsch zwischen Ober- und Niederdeutsch
wohl hätte erspart werden können, die Niederländer des
16. von denen des 15. Jahrhunderts zu trennen gewesen
wären, während die Scheidung in südliche und nördliche
Niederlande für diese Zeit zu wenig wichtig ist; im 17.
Jahrhundert lässt sich eine Sonderung nach Orten doch
nur schwer durchführen, wie z. B. Metsu und Steen zeigen;
auch für die Italiener hätte eine Scheidung nach Jahrhun-
derten ausgereicht, wobei es genügt hätte, die Venezianer
und Florentiner zu Gruppen zusammenzufassen. Das Ver-
zeichnis der in der Galerie nachweisbaren Bildnisse wäre
wohl eher alphabetisch als nach der Nummernfolge anzu-
ordnen gewesen.

Im Juni 1900. W. v. Seidlitz.

KUNSTBLÄTTER

Pigmentdrncke der Grossherzoglichen Gemäldegalerie in
Karlsruhe und Braunschweig.

Die Firma Bruckmann in München hat sich, wie schon
an dieser Stelle hervorgehoben wurde, das Verdienst er-
worben, eine Sammlung von Reproduktionen aus deutschen
Gemäldegalerien zu veranstalten, die dem Forscher wie dem
Liebhaber gleich wertvoll und leicht erreichbar sind, da
die vorzüglichen und überdies unveränderlichen Pigment-
drucke zu dem billigen Preise von 1 Mark das Stück ab-
gegeben werden. Sie sind gross und scharf genug, um
bei vergleichenden Studien als Unterlage zu dienen, wäh-
rend sie zugleich durch ihre Handlichkeit die Mitnahme
auf Studienreisen gestatten. Ein besonderer Vorzug des
Unternehmens ist die Schnelligkeit, mit der die einzelnen
Ausgaben sich folgen, ferner die Auswahl der Bilder, da
nicht nur die beliebten, vom Publikum viel begehrten
Stücke, sondern auch die selteneren, dem Forscher belang-
reichen aufgenommen werden.

Da Bruckmann den Leitern der betreffenden Galerien
die Auswahl sowie die Benennung der Bilder überlässl, wird
ein für die wissenschaftliche Forschung höchst wertvolles
Material geboten. Bruckmann bnchte vor kurzem einen
256 Nummern umfassenden Katalog seiner Veröffentlichung
über die Karlsruher Galerie, die ja mehr durch gute und
wichtige Bilder von Meistern zweiten Ranges als durch
Hauptwerke berühmt ist. Ihr Schwerpunkt liegt zum Teil
in der umfassenden Sammlung von Gemälden des XIX. Jahr-
hunderts. Von ihnen sind die stilisierten Landschaften von
 
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