Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 12.1901

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5772#0085

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
153 Nekrologe. — Wettbewerbe. — Sammlungen und Ausstellungen. 154

zu denken, mit deren Erfindung er den ersten Schritt zur
vollkommenen Lösung des Problemes that.

Selbstverständlich ist, dass dann auch dem glänzenden
hellenistischen Gegenstück jener Nike von Olympia, der
von Samothrake ein längerer Abschnitt gewidmet ist, wäh-
rend sonst noch die Göttin auf Vasenbildern und Reliefs
in verschiedenen Situationen und intimeren Beziehungen
zum Menschenleben beobachtet wird, in denen sich eine
Fülle poetischer Einfälle kundgiebt. Diese poetische Er-
findungskraft, mittels der die griechischen Künstler mit den
Gestalten des Olymp frei schalten durften, führte zu dem
merkwürdigen Phänomen der Vervielfältigung der Nike.
Wie Dionysos vom Schwärm der Mänaden umgeben war,
so wurde besonders der Athene ein ganzer Chor von die-
sen leichtbeschwingten Dienerinnen beigegeben.

Die Verdreifachung der Nike auf den Giebeln als
Akroterien oder die Vervierfachung, wie sie Pheidias an
den Beinen des olympischen Zeustlirones vornahm1),
konnte indes jenes Phänomen nicht hervorrufen, da es
sich in diesen Fällen um rein dekorative Ausschmückung
handelt, sondern es höchstens erleichtern, weil sie das Auge
daran gewöhnt hatte, mehrere derartiger Gestalten in
einem Zusammenhang zu sehen. Schade, dass St. noch
nicht die schöne Publikation einer athenischen Dreifuss-
basis vorlag (Jahreshefte des österr. arch. Institutes II
T. V—VII), auf der Dionysos zwischen zwei spendenden
Niken dargestellt ist, die mit unbeschreiblich graziöser
Feierlichkeit ihres Amtes walten. Das Monument stammt
aus dem Beginn der hellenistischen Zeit.

St. schliesst mit der siegesbewussten Abweisung eines
merkwürdigen Verdiktes, das ein allzuheftiger »Priester
der alleinseligmachenden Naturerkenntnis« gegen die lie-
benswürdigen Gestalten der Nike erlassen hat, die noch
heute das Entzücken aller unbefangen Geniessenden bilden.

Die Schrift ist von dem Verleger mit zwölf Tafeln
ausgestattet worden, die 59 gut ausgeführte Abbildungen
enthalten, d. h. das notwendigste Material zur Vergegen-
wärtigung der geschilderten Monumente (zu streichen wäre
Fig- 47; vg'- Bulle in Roscher's Mythol. Lexikon III Sp.
327 Z. 38 ff.). W. Amelung.

Rom.

NEKROLOGE
»Berlin. Prof. Karl Becker, der Ehrenpräsident der
Kgl. Kunstakademie, ist am 20. Dezember, zwei Tage
nach seinem 80. Geburtstag, an einer Lungenentzündung,
welche infolge von Influenza auftrat, gestorben. Der
Feier seines Geburtstages im Künstlerhause konnte er
schon nicht mehi beiwohnen. Ihm zu Ehren war für
Februar ein Kostümfest »Albrecht Dürer in Venedig«
geplant.

WETTBEWERBE
Dresden. Das Direktorium der Hermannstiftung hat
für sächsische oder dauernd in Sachsen ansässige selb-
ständige Historienmaler einen zweiten Wettbewerb zur Aus-

1) Ganz unmöglich scheint mir die Annahme, die Bulle
in Roscher's Mythol. Lexikon III in dem Artikel »Nike«
Sp. 339 ausspricht, dass jene Niken nach Art eines ebenda
in Fig. 17 abgebildeten Terrakottafigürchen seitlich schwe-
bend dargestellt waren. An die hohen, schmalen Flächen,
die die Beine des Thrones zur Dekoration boten, passt
vielmehr ein Typus, wie der einer Bronzefigur in Neapel
(Fig. 14; bei St. T. IV Fig. 23), der ebenfalls aus dem
5. Jahrh. stammt, und von dem ebenso gut oder vielmehr
besser gesagt werden konnte, dass er die Göttin wie tan-
zend darstellte (Paus. V Ii, 2).

schmückung des Sitzungssaales im Radebeuler Rathause aus-
geschrieben. Es stehen für die Ausführung die Zinsen
dieses Jahres in Höhe von 4300 M. zur Verfügung. Die
Einlieferung der Entwürfe hat bis l.März 1901 zu erfolgen.
Ausführliche Bedingungen sind vom Kastellan der Dresdener
Kunstgenossenschaft, Dresden, Schössergasse4, II,erhältlich.

ao

Bremen. In der Kunsthalle hat am 30. November
das Preisgericht in der Konkurrenz um ein mustergültiges
Tafelbesteck, das die Firma M. H. Wilkens in Bremen
und Hamburg veranstaltet hatte, die Entscheidung gefällt.
Unter 77 Entwürfen wurde der I. Preis Herrn Gottlieb
tieintel, Rixdorf zuerkannt (Motto: Perlmuschel), der II.
Preis Herrn Ernst Behr, Oberkassel (Motto: Orchidee).
Den III. Preis gewann der bei der Firma Wilkens be-
schäftigte Herr Georg Fichtler, Hastedt (Motto: Allright).

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN

Florenz. In den vergangenen Sommermonaten hat
sich die Überführung der Gemäldegalerie von S. Maria
Nuova in die Uffizien endlich vollzogen. Drei Säle wurden
im oberen Stock neben der Schule von Toscana herge-
richtet, aber auch hier ist die Aufstellung zunächst nur
eine provisorische. Deswegen sind auch sämtliche Ge-
mälde nicht an der Wand angebracht, sondern an tuch-
verkleideten Gerüsten, die an den Mauern entlang laufen.
Um einen vollen Begriff von der Bedeutung der Sammlung
zu geben, hat man auch die Gemälde hier angebracht,
welche die Uffizien aus S. Maria Nuova bereits besagen:
das Tondo des Lorenzo di Credi aus der Sala di Lorenzo
Monaco, die beiden Gemälde von Memling und anderes
weniger Bedeutende. Nur die grosse thronende Madonna
Fra Angelicos in der Sala di Lorenzo Monaco, die einmal
gleichfalls dem Spital gehörte, ist an ihrem Platze geblieben.
Unter der Leitung Ridolfi's und des Konservators Pieraccini
ist die Gliederung des ganzen Bestandes an Kunstwerken
der Malerei und Plastik in der Weise vorgenommen worden,
dass im ersten Saale die Gemälde des Quattro- und Cinque-
cento aufgehängt wurden. Links führt eine Thür in den
Saal der Seicentisten, rechts gelangt man in ein heller-
leuchtetes Gemach mit Skulpturen, Terrakotten, Majoliken.
Hier liegen auch die reich mit Miniaturen geschmückten
Chorbiicher und Missali aus, welche der Kirche von
S. Maria gehörten. Diese Schätze, unter denen sich zwei
herrlich illustrierte Chorbücher der Gherardo Fiorentino
befinden, wurden früher überhaupt nicht gezeigt. Im Saal
der Quattrocento hat die Anbetung des Kindes von Hugo
van der Goes den Ehrenplatz erhalten, wie sich's gebührte.
Die ganze Florentiner Schule gruppiert sich um dies
Wunderwerk flämischer Kunst. Was die Sammlung an
guten Italienern enthält, ist ja allgemein bekannt, aber erst
heute ist es möglich geworden, diese Bilder mit Müsse zu
betrachten. Vielleicht wird man jetzt manches Urteil be-
richtigen müssen. Das Jugendbild Botticelli's erscheint
weniger ansprechend in dem hellen Licht; in dem Ma-
donnenbilde Fra Angelicos vermissen wir den zarten Farben-
schmelz und Fra Bartolommeo's jüngstes Gericht stellt sich
als völlige Ruine dar. Dagegen erwecken die Altarbilder
des Rosselli und des Raffaellino del Garbo grösseres In-
teresse, und die düstere grossartige Kreuzigung des Andrea
del Castagno erscheint uns in der neuen Aufstellung wie
eine nie geschaute Offenbarung der Kunst dieses Meisters.
Auch eine Kreuzigung der Schule Ghirlandajo's ist aus der
Mauer ausgesägt und aus dem Spital von S. Maria Nuova
in die Uffizien gebracht worden. Es ist im Saal der Sei-
centisten das bemerkenswerteste Bild. Im Saal der Skulp-
turen endlich ist das Bildnis einer Nonne von unbekannter
 
Annotationen