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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 12.1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.5772#0114

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21 1

Bücherschan.

212

durch zwei Stockwerke hindurch gehenden Appartamenti
Farnesiani Paul III., das Badezimmer Clemens VII., die
nach dem Prati di Castello schauende Loggia Paul III.,
die geschichtlich so denkwürdigen Gefängnisse einer Bea-
trice Cenci u. s. w. u. s. w. Im Jahre 1890 ist dann auch
über das denkwürdige Bauwerk eine Monographie von
dem Ingenieuroffizier Borgatti (Castel Sant' Angelo in
Roma, storia e descrizione) erschienen, welche, mit Plänen
und Abbildungen reich ausgestattet, den Niederschlag ein-
gehender und langwieriger Studien bietet. Aber einer
umfassenden Restauration des uralten Monuments, das so
viele Wandlungen erlebt hat, einer Freilegung verbauter
Teile, einer Ausnutzung des reichen archäologischen, ge-
schichtlichen und kunstgeschichtlichen Materials schien
sich seine Benutzung durch italienische Genietruppen ent-
gegen zu stellen. Major Borgatti wurde überdies nach
Turin versetzt, und niemand interessierte sich mehr für die
Angelegenheit. Erst jetzt ist Major Borgatti wieder nach
Rom zurückversetzt, und ihm ist es wohl zu danken, wenn
jetzt der Generalinspekteur des Genies, Durand de la
Penne, den alten Gedanken Borgatti's befürwortet hat,
weitere Rekonstruktionsarbeiten im Kastell mit der Anlage
eines Museums zu verbinden. Und da die italienische Ar-
tillerie in Turin ein mustergültiges Museum besitzt, so
soll Castel Sant' Angelo ein Museum der italienischen
Geniewaffe werden. Das Kriegsministerium wird die
technischen, mittelalterlich-geschichtlichen und fortifikato-
rischen Arbeiten leiten, das Unterrichtsministerium die
archäologischen, neuzeitlich - geschichtlichen und künst-
lerischen. In Bezug auf letztere möchten wir erwähnen,
dass die Kapelle Leo X. und anstossende Räume, die jetzt
zu Magazinen dienen, ganz neu zu erschliessen, dass fast
überall die Fresken der zahlreichen Rafaelschüler, wie na-
mentlich Perin del Vagas, die graziösen Stuckarbeiten
Raffaele da Montelupo's zu restaurieren wären. Neu auf-
gebaut soll aus den vorhandenen Bruchstücken ein monu-
mentales Thor von Sallustio Peruzzi, ein riesiger Kamin
Urban VIII. im alten corpo di guardia werden. Auch die
Papstwappen, die von Nicolaus V. an die einzelnen Phasen
der Befestigungs- und Umänderungsbauten bezeichnen und
in stürmischen Zeiten zertrümmert worden sind, sollen
wieder hergestellt werden. Das Unterrichtsministerium
wird ferner eine Anzahl der dem Kastell entfremdeten
Reste für das Museum beisteuern, Statuen, Waffen, Ge-
schütze u. s. w. Die Niederlegung von Magazinen und
späteren Anbauten an den quadratischen Bau des Borgia-
Papstes Alexanders VI. hat bereits begonnen; des letzteren
Zeit dürfte im allgemeinen als Gesichtspunkt für die archi-
tektonische Restauration des Kastells in Aussicht genommen
sein. Wenn sie durchgeführt ist, wird noch schärfer wie
bisher hervortreten, dass die Engelsburg geschichtlich ein
Rombild in der camera obscura und namentlich die not-
wendige Ergänzung für die Geschichte des Vatikans und
des Papsttums bildet. v. ür.

Die neuen Kataloge von Anderson sind soeben
erschienen. Sie umfassen vor allem Neuaufnahmen in
Rom und Florenz. Zahlreiche Aufnahmen antiker Skulp-
turen wurden am Konstantinsbogen, in den Diokletians-
thermen und im Vatican gemacht. Einige wenige auch
auf dem Forum Romanum, wo aber leider die Regierung
dem besten römischen Photographen eine wirklich ausge-
dehnte Freiheit und Thätigkeit noch immer nicht gestatten
will. In den Gemäldesammlungen Roms hat Anderson
sehr intensiv gearbeitet; vor allem ist ja die Galerie Doria
ihm endlich geöffnet worden. Im Quirinal gelang es zum
erstenmal durch eine glückliche Verkettung der Umstände
den Christus des Melozzo ohne die Laternenstange zu
photographieren; allerdings wird die Aufnahme zunächst

im Handel noch nicht erscheinen. — In Florenz ruht zur
Zeit der Schwerpunkt der Thätigkeit Andersons, und er
wird noch lange arbeiten müssen, bis er im Umfang seiner
Sammlung an Alinari heranreichen wird. Die Thüren des
Baptisteriums, die Bronzen und Skulpturen des Bargello,
die Sängertribünen der Opera deH'Duomo, vor allem aber
die Medicäergräber sind in verschiedenen Grössen aufge-
nommen worden. Von Fresken und Gemälden, die jetzt
erscheinen werden, sind zu nennen die ganze Sammlung
von S. Maria Nuova, das Abendmahl von Foligno, ge-
wählte Stücke aus dem Spital der Innocenti, aus der San-
tissima Annunziata und aus S. Croce und S. Maria Novella.
Die Galerie Corsini liegt in ausgewählten Stücken vor.
Palazzo Pitti, Uffizien und Akademie sind jelzt wohl voll-
ständig vertreten; vor allem aber hat Anderson von Be-
nozzos Fresken in der Kapelle des Palastes Riccared gegen
dreissig Aufnahmen gemacht. Bei all diesen Leistungen
aber hatte Anderson im verflossenen Jahre sein Haupt-
augenmerk auf eine würdige Vertretung seines Namens
in der Pariser Weltausstellung gerichtet. Dort können
allerdings auf dem Champ de Mars in einem Winkel des
Riesengebäudes photographischer Apparate und Produkte
seine wundervollen Reproduktionen schwerlich genügend
gewürdigt worden sein. So ist es mit Freuden zu be-
grüssen, dass der wackere Piancastelli, Direktor der Bor-
ghese-Galerie, in der Villa Borghese für die ganze Aus-
stellung Platz gefunden hat. Dort kann man heute mit
einem Blick erkennen, was die moderne Photographie zu
leisten vermag. Die Hauptstücke sind: Michelangelo's
Schöpfung des Menschen [1,80X0,87], der Jeremias
[0,80 X °,9°J> die Delphische Sibylle [0,78 X 0,98], alle aus
der Sixtinischen Kapelle. Die Halbfigur des Moses in
S. Pietro in Vincoli [0,88 X 0,60], die himmlische und
irdische Liebe Tizians [1,05X0,86] und Velasquez, Porträt
von Papst Innocenz X. [1,36X1,10]. Die beiden letzten
Bilder sind, wie man sieht, fast in Originalgrösse aufge-
nommen. Von dem Florentiner »Capolavori« wurden die
beiden Tondi Botticellis [0,90 X 0,88], Raffaels Madonnen
del Granduca [0,84 X °,5°] und del Cardellino [0,86 X 0,58]
ausgestellt, und aus Viterbo endlich Sebastiano del Piom-
bo's Pietä [1,10X0,85], in welcher der Venetianer die
Grösse Michelangelos erreicht hat. Der Gedanke Ander-
sons, seine Pariser Ausstellung in Rom zu wiederholen,
war ein äusserst glücklicher, und die Ausstellung dieser
wunderbaren Photographien in dem kleinen, sonnendurch-
wärmten Gemach der Villa Borghese, links neben dem
Andito, wo die Solario, Bacchiacca und Lorenzo di Credi
hängen wird allen Besuchern der Sammlung ein froher An-
blick und eine unvergessliche Erinnerung sein. e. st.

BUCHERSCHAU

A. Wolinsky: Leonardo da Vinci. Petersburg. A. F. Mareks.
Vasilkovsky, Samokisch, Evarnitzky: Kleinrussland In
früherer Zeit. Petersburg. A. F. Mareks.

Wer die russische Litteratur und Kunst aufmerksam
verfolgt und Gelegenheit gehabt hat, sie in dem Zaren-
reiche selbst, vor allem in den beiden Hauptstädten Peters-
burg und Moskau zu studieren, weiss, dass der dortige
Buch- und Kunstverlag sich von Jahr zu Jahr immer an-
sehnlicher entwickelt. Man begnügt sich dort nicht mehr
wie in früherer Zeit mit Übersetzungen aus dem Deutschen
und Französischen, dem Englischen und Italienischen,
sondern bemüht sich nach Möglichkeit, selbständig vor-
zugehen und eigene Leistungen zu bieten. Das gilt sowohl
von den litterarischen Arbeiten als solchen, wie von dem
Illustrationsschmuck, der ihnen beigegeben wird. Jetzt liegt
 
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