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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 12.1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.5772#0140

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Nekrologe. — Personalien. — Sammlungen und Ausstellungen.

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Vorschein gekommen. — In der Marienkapelle, welche
zwischen 1350 und 1370 gestiftet worden ist, finden sich
an der Nordwand über dem Gurtgesims 9 etwa 85 cm
hohe, kopflose Relieffiguren aus Marmor eingemauert.
Acht von diesen Figuren tragen Schriftbänder mit den
Seligpreisungen der Bergpredigt nach dem Text der Vul-
gata in den Händen. Die neunte Gestalt ist der Matthäus-
engel und ist zusammengruppiert mit dem Stier des Lukas
und dem Adler des Johannes, während der Löwe des
Markus jetzt fehlt. Der Reliefgrund ist bei den Selig-
preisungen eben, bei den Evangelistensymbolen dagegen
gewölbt wie ein Teil eines Säulenschaftes. Die Vermutung
liegt nahe, wie es Kreisbauinspektor Harms ausgesprochen
hat, dass wir in diesen Relieffiguren die Überreste eines
alten Ambon vor uns haben, zumal kleine Säulen dazu ge-
hören, welche die einzelnen Relieffelder ursprünglich von
einander trennten. Dieser alte Ambon gehörte dann zweifel-
los auch dem alten Ottonischen Dome an. — Der dritte
wiederhergestellte Raum ist die sog. Redekinkapelle, Capella
S. Severi et omnium animarum, von dem Dompropst des
Erzstiftes Magdeburg, Johannes von Redekin, 1404 ge-
stiftet. Hier sind besonders bemerkenswert die Überreste
von Wandgemälden, deren grösstes an der Nordwand das
jüngste Gericht darstellt. — An den Wänden dieser drei
Räume sind Grabsteine aufgestellt worden, welche zum Teil
dort gefunden wurden, zum Teil aus dem nördlichen Kreuz-
gang stammen.

NEKROLOGE

München. Am 21. Februar ist hiernach langem Leiden
Dr. Adolf Bayersdorfer, Konservator an der Alten Pina-
kothek gestorben. Wir kommen auf die Verdienste dieses
allgeschätzten Mannes noch ausführlich zurück.

Frankfurt a. M. Am 5. Dezember 1900 starb in
Hanau nach kurzer Krankheit der Bibliothekar der
Königlichen Zeichenakademie Dr. August Winkler. Die
Akademie betrauert in seinem Hinscheiden den Verlust
eines kundigen und pflichttreuen Beamten, aber auch
in weiteren Kreisen wird dieser Todesfall mit Teil-
nahme empfunden. Am Orte seiner Thätigkeit war dem
Verstorbenen durch seine amtliche Stellung von vornherein
die Aufgabe, dienend und fördernd für alle künstlerischen
Interessen der aufblühenden Industriestadt einzustehen,
nahegelegt, und insbesondere haben die Gewerbetreibenden
der dort seit Jahrhunderten heimischen Juwelen- und Edel-
schmiede-Industrie, denen Bibliothek und Vorbildersamm-
lung der Akademie im weitesten Umfang geöffnet ist, den
Eifer des in Rat und That unermüdlichen Mannes aufs
dankbarste zu schätzen gewusst.

August Winkler wurde zu Bischofswalde in Schlesien
am 28. August 1861 geboren. Das Universitätstudium der
Philologie und Archäologie absolvierte er in Breslau und
Berlin; an der zuerst genannten Hochschule promovierte
er 1888 mit der Schrift »De inferorum in vasis Italiae in-
ferioris repraesentationibus« (s. a. Breslauer philologische
Abhandlungen III, 1888). Im selben Jahre fand Winkler
am Berliner Kunstgewerbemuseum provisorische Beschäf-
tigung bei der Ordnung und Katalogisierung der dortigen Or-
namentstich-Sammlung; imWinter 1888/89 beteiligte er sich an
einer unter Leitung von Professor Dr. August Schmarsow
in Gemeinschaft mit acht anderen Teilnehmern veran-
stalteten Studienreise nach Italien; 1891 erfolgte seine An-
stellung an der Hanauer Zeichenakademie. Neben der
Abhaltung kunstgeschichtlicher Schülerkurse wartete seiner
dort eine umfangreiche Arbeit in der Ordnung einer Biblio-
thek von etwa 8000 Bänden und einer Vorbildersammlung
von über 40000 Blättern, deren Aufstellung und Katalogi-

sierung er in den folgenden Jahren in mustergültiger Weise
durchgeführt hat. Nebenher veröffentlichte er kleinere
schriftstellerische Arbeiten, so über »Handzeichnungen
des Hamburger Goldschmiedes Jakob Moers « und über »die
Gefäss- und Punzenstecher der deutschen Hochrenaissance«
im XL und XIII. Bande des Jahrbuches derKgl. preussischen
Kunstsammlungen, und Verschiedenes ausserdem in der
Leipziger Goldschmiedezeitung. Eine grössere Publikation
begann Winkler gemeinsam mit J. Mittelsdorf unter dem
Titel »Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Hanau«, deren
erster Teil 1897 als Festschrift zum dreihundertjährigen
Jubiläum der Gründung der Neustadt Hanau erschienen
ist. Alle diese Arbeiten erweisen ihre Tüchtigkeit eben-
sowohl in der Sorgfalt der Forschung als auch in der
schlichten Sachlichkeit des Vortrags, wie denn überhaupt
eine allen Ansprüchen entsagende Gabe der Selbstent-
äusserung zu den hervorragenden Charakterzügen des Ver-
storbenen gehört hat.

Nur wenige haben, selbst unter denen die mit ihm
in näherem Verkehr standen, gewusst, dass er auch in
ausübender künstlerischer Thätigkeit nicht unbewandert war.
Es sind in Zeichnung und Radierung Naturstudien, meist
aus der Mainebene bei Hanau, von ihm vorhanden, die ein
festes und durchdringendes Erfassen der Gegenstände mit
einem seltenen Fleiss der Ausführung verbinden. Vor-
trefflich sind einige plastische Arbeiten seiner Hand ge-
lungen, darunter eine Plakette mit dem Bildnis seiner
Mutter und die gemeinsam mit Josef Eitzenberger aus-
geführte, preisgekrönte Konkurrenzarbeit einer Hochzeit-
medaille.

Das Gefühl, dass eine Kraft, die uns noch vieles
Treffliche verhiess, dem Leben zu früh entrissen wurde,
lässt den Verlust des Dahingeschiedenen doppelt beklagens-
wert erscheinen. Möge sein Andenken denen lebendig
bleiben, die ihm Dank schulden und möge es insbesondere
denen wertvoll sein, die nicht nur den Berufsarbeiter, son-
dern auch den »verborgenen Menschen des Herzens« in
ihm gekannt haben. h. w.

PERSONALIEN

Breslau. Der Konservator der schlesischen Kunst-
denkmäler, Baurat Lutsch, ist nach Berlin als Hilfsarbeiter
in das Kultusministerium berufen worden. Wie verlautet,
ist er als Nachfolger des aus dem Amte scheidenden Geh.
Oberregierungsrates Persius, des Konservators der Kunst-
denkmäler Preussens, ausersehen.

Berlin. Zu Mitgliedern der Akademie der Künste wurden
u. a. gewählt der Landschaftsmaler Professor Albert Hertel,
der Geschichtsmaler Professor Arthur Kampf und der in
Paris lebende Amerikaner Gari Melchers, dessen Sonder-
ausstellung in der vorjährigen grossen Berliner Kunst-
ausstellung von seinem hervorragenden Können, das auch
in diesem Blatte gewürdigt wurde, so beredtes Zeugnis
ablegte. -r-

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN

Hamburg. Für die Kunsthalle wurde eins der we-
nigen Ölgemälde angekauft, die Otto Speckter hinterlassen
hat, »Die Kreuzkoppel«. -r-

Berlin. Es war ursprünglich nicht die Absicht, in
diesem Blatte des neuen Werthei/n'sehen Kunstsalons über-
haupt Erwähnung zu thun. Man kann sich mit dem Ge-
danken, dass die Kunst als solche in einem »Warenhause«
eine Stätte finden soll, nicht befreunden, wenn auch dies
Warenhaus, wie das Wertheim'sche, als Bauwerk ein be-
achtenswertes Kunstwerk ist. Der Kunstsalon selbst ist
 
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