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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 21.1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.5952#0055

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Vereine

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sein. Denn diese technisch-mechanische Sammlung enthält
auch sonst manches, nach der künstlerischen Seite hin
Wertvolle. (Noch sei zum Schluß bemerkt, daß die Pleißner-
sche Sammlung außer den Taschenuhren auch drei große
Wagenuhren enthält, wie sie die Fürsten des 18. Jahr-
hunderts bei ihren Reisen im Wagen zu benutzen pflegten;
von den Taschenuhren unterscheiden sie sich nur durch
ihre Größe. Eine ausführliche Beschreibung der Pleißner-
schen Sammlung findet sich im Dresdener Anzeiger vom
31. Oktober 190g.)

X Das Berliner Kupferstichkabinett erhielt als Ge-
schenk graphische Arbeiten Edvard Münchs, darunter
Schabkunstblätter in mehreren Farben und einige der
besten Radierungen des norwegischen Künstlers (wie die
»Badenden Mädchen« und die »Alte Frau im Kranken-
hause«). Eine Radierung des Königsberger Graphikers
Heinrich Wolff nach Tizians Selbstbildnis ging in drei Zu-
ständen, gleichfalls als Geschenk, in den Besitz des
Kabinetts über.

Das Albertinum zu Dresden, in dem die Skulpturen-
sammlungen und das Hauptstaatsarchiv untergebracht sind,
hat in den letzten Wochen den Rest des plastischen
Schmuckes erhalten, der ihm von vornherein zugedacht war.
Zu den drei großen Firstgruppen Bildhauerei, Herrscher-
ruhm und Sachsenland von Hölbe, König und Ockelmann,
die schon seit 1894/95 das Albertinum schmücken, sind
jetzt noch sechs große Büsten in Rundnischen und zwischen
ihnen in Friesstreifen sechs große Flachbilder gekommen.
Ihr Schöpfer ist Robert Diez, dem Dresden schon unter
anderem den Gänsediebbrunnen und die beiden großen
Brunnen Stilles Wasser und Stürmische Wogen verdankt.
Der Schmuck ist an der Hauptschauseite nach der Brühl-
schen Terrasse zu angebracht und verteilt sich auf die
beiden Seiten links und rechts von der Mitte. Die Büsten
stellen die wichtigsten Kunstländer dar, links Ägypten,
Griechenland und das kaiserliche Rom, rechts Italien, Frank-
reich und Deutschland. Die Flachbilder schildern links die
antike, rechts die christliche Kultur. Während die Büsten
aus Sandstein bestehen, sind die zwei Meter hohen Flach-
bilder in Kupfer getrieben. Diez hatte sich ursprünglich
die Büsten und die kleineren Seitenbilder in farbigem Ton
und nur die beiden großen Mittelbilder in getriebenem
Kupfer mit teilweiser Vergoldung gedacht. Indes wollte
keine Werkstatt die Bürgschaft für die Wetterfestigkeit der
Tonglasuren übernehmen, so mußte für die Büsten Sand-
stein, für die Flachbilder durchweg Kupfer genommen
werden. Namentlich der Büsten wegen ist das bedauerlich.
Diez hat seine Aufgabe, die durch die gegebene schwere,
aber keineswegs künstlerisch bedeutsame Architektur be-
schränkt war, in hervorragender Weise gelöst. Er hat
seine Bildwerke dem gegebenen Rahmen harmonisch ein-
gefügt: ohne sich allzu selbstherrlich vorzudrängen, kommen
sie doch als selbständige künstlerische Leistungen zur
Geltung. Das gilt noch mehr für die Flachbilder, die ja
auch die wirksame Farbe für sich haben, als für die Länder-
büsten in ihrer grauen Sandsteinfarbe. In der charakteristisch-
stilistischen Behandlung der Materialien aber stehen alle
Bildwerke gleich hoch. Diez hat von jeher darauf ge-
drungen, daß der Bildhauer auch im endgültigen Material
selbst arbeiten müsse, um dadurch das richtige selbst-
verständliche Empfinden für die stilgerechte Behandlung
des Materials zu gewinnen. Weiter sind die sechs Länder-
büsten nicht bloß durch ihre Abzeichen, sondern ebenso
durch persönliche seelische Auffassung gekennzeichnet und
unterschieden. Namentlich die Büste Deutschland zeigt
ein tief beseeltes Antlitz voll Ernst und Größe. Die Flach-
bilder stellen dar: zur Linken im Mittelfeld die tanzenden

Grazien, in den Seitenfeldern Dionysos mit seinem bacchi-
schen Gefolge und die aus dem Meer auftauchende Aphrodite
mit Tritonen, Nereiden und Liebesgöttern. Rechts sehen
wir im Mittelfelde die christlichen Tugenden Glaube, Liebe
und Hoffnung, wie sie vereint dahinziehen; in den Seiten-
flügeln das Paradies mit dem ersten Sündenfall und die
Erlösung: die thronende Maria mit dem Jesuskind von
Engeln umgeben. Der Künstler hat die so trefflich ge-
wählten Stoffe in selbständiger Auffassung lebendig und
fesselnd durchgeführt. Die klare Anordnung, die wohl-
abgewogene Verteilung der Massen, die sichere Linien-
führung und das glänzende Rot des Kupfers sichern den
Flachbildern ihre kräftige dekorative Wirkung und die klare
Überschau barkeit, die dem Beschauer den gewünschten
Genuß nach jeder Richtung sichert. So hat sich Robert
Diez in diesen Werken ein neues Denkmal seines innerlich
empfundenen wie geschmackvollen und technisch wohl-
überlegten Kunstschaffens gesetzt. — (Noch sei bemerkt,
daß die Friesplatten zum größeren Teile von Martin und
Piltzing in Berlin, zum kleineren von Pirner und Franz
in Dresden gleich vorzüglich in Kupfer getrieben worden
sind.) m

Das Kaiser-Friedrich-Museum in Magdeburg er-
hielt als Schenkung ein Porträt von Oraff und ein Ge-
mälde von Spitzweg, die berufen sind, den Anfang zu
machen mit Ausfüllung der großen Lücke, die in der Ge-
mäldesammlung sich zwischen 17. Jahrhundert und der
Neuzeit befindet. Das Porträt von Anton Graf/ stellt den
Privatsekretär des Prinzen Heinrich von Preußen, Kor-
zinsky, dar und ist ein bezeichnendes Werk des deutschen
Bildnismalers, das er signiert und (1777) datiert hat; eine
Auszeichnung, die nur wenigen seiner Bilder zuteil wurde.
Der vorherrschende Ton ist das Kaffeebraun des Rockes.
Der junge Mann ist in einer etwas koketten Weise, nach-
denklich am Tische lehnend, dargestellt. — Das Bild von
Spitzweg stellt einen »Wachtposten« vor, der auf dem
Stadtwalle steht und herzhaft gähnt; man muß unwillkür-
lich mitgähnen. Aber abgesehen von diesem humoristisch
pointierten Kontrast martialischer Friedfertigkeit ist das
kleine Bildchen ein Kabinettstück vonSpitzwegscher Malerei:
die hellblaue Luft, die flatternde Wäsche auf dem Wall
und die diskrete Sonnenwirkung geben einen feinen kolo-
ristischen Klang. sch.

Das Städtische Museum in Elberfeld hat aus An-
laß der im nächsten Jahre stattfindenden Dreihundertjahr-
feier der Stadt Elberfeld von Kommerzienrat Fr. Bayer ein
Gemälde von Albert Cuyp aus seiner Frühzeit »Ansicht
von Amersfort« erhalten. Ferner stiftete Frau Kommerzien-
rat Fr. Bayer dem Städtischen Museum ein Gemälde »Marok-
kanische Landschaft« von John Lavery-London.

VEREINE

Ein neuer Künstlerverein. In Dresden hat sich
eine neue Künstlervereinigung gebildet. Den Grundstock
bilden die Mitglieder der Zunft und der Vereinigung Elbier.
Dazu kommen alle hervorragenden selbständigen Künstler
Dresdens, die nicht der Kunstgenossenschaft angehören.
Der Verein nennt sich Künstlervereinigung Dresden
und umfaßt gegen 60 Mitglieder. Zum ersten Vorsitzenden
wurde Prof. Georg Wrba gewählt. Die Künstlervereinigung
Zunft wird fortan nur noch als geselliger Klub, in der Art
der Münchener Allotria, weiter bestehen. Die Vereinigung
der Elbier hat sich aufgelöst. Der Rat zu Dresden hat
der neuen Künstlervereinigung für den Sommer 1910 einen
Teil des städtischen Ausstellungsgebäudes zu einer Aus-
stellung zur Verfügung gestellt. ^?
 
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