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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 21.1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.5952#0268

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519

Funde — Archäologisches

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hat man sich auf einige Untersuchungen in der Nähe der
Propyläen beschränkt. Hier, südwestlich vom Tempel,
war schon 1877 ein ebenso orientierter, zweischiffiger
jonischer Bau mit Pronaos und Opisthodom freigelegt
worden. Die Basis des Naxierkolosses, die an seine
Nordwand anstößt, liegt mit dieser bündig (siehe Archäo-
logischer Anzeiger 1909, Sp. 118). Unter dieser Basis ist
dann im Juni 1909 ein sehr altes Gebäude entdeckt wor-
den; zwei parallele Reihen von acht regelmäßigen Höh-
lungen, die in den Felsen gebohrt sind, bezeugen eine
doppelte Kolonnade, die unbedingt nur aus Holz erbaut
gewesen sein kann. Unter den Trümmern hat man Vasen-
fragmente gefunden, die in die geometrische und myke-
nische Epoche gehören. Das von 16 Holzpfeilern ge-
tragene Gebäude ist zweifellos in die mykenische Zeit zu
setzen. — Am Meeresufer hat man fast überall mit Be-
stimmtheit die Lage der vor den Magazinen unterhalb des
Theaterviertels errichteten Kais erkennen können. Man
kann sich jetzt einen exakten Begriff von dem Hafen von
Delos machen, wie er zur Zeit der höchsten Blüte des
Handels auf der Insel im 2. Jahrhundert v. Chr. aus-
gesehen hat: vor diesen Magazinen liefen mehrere Molen
senkrecht zu der Linie der Kais in das Meer; dadurch
wurden eine ganze Reihe wirklicher Docks geschaffen.
Etwas weiter davon, in der Richtung der Bucht der Furni
(Öfen), war ein Hafenbassin in das feste Land hinein
ausgegraben worden, das nur durch enge Zu- und Aus-
gänge mit dem Meer kommunizierte. Es war vielleicht
für die Schiffe, die repariert werden sollten, bestimmt. —
Die wichtigste Ausgrabung fand aber in der Inopos-
Schlucht unterhalb des Kynthos und der Apollogrotte
statt. In dieser Gegend hatte man schon längst die Ruinen
von zwei Heiligtümern bemerkt. Am linken Abhang das
Kabirion, auf der rechten Seite ein viel wichtigeres Heilig-
tum, das der fremden Götter. Schon vor 20 Jahren waren
von Hauvette und Salomon Reinach Ausgrabungen an
einzelnen Stellen daselbst vorgenommen worden. Diesmal
wurden die Heiligtümer gänzlich ausgeräumt. Der kleine
Kabirentempel und die zu ihm hinaufführende Treppe
wurde ganz bloßgelegt. Auf der rechten Seite stieß man
auf die lange Terrasse, auf der sich die den Göttern Syriens
und Ägyptens geweihten Heiligtümer erhoben. In dem
südlichen Teil dieser Reihe kannte man schon den Serapis-
tempel — auch Isis, Anubis und Harpokration wurde da-
selbst verehrt — und die Pseudozyklopische Mauer, die
die Fläche, auf der der Tempel gebaut ist, stützt. Jetzt
ist die ganze Umgebung ausgeräumt worden. Auf der
nördlichen Seite, wo seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. die
syrischen Götter verehrt wurden, stieß man auf einen
großen Mosaikhof und auf das kleine Theater, das bis zur
Hälfte unter Trümmern begraben ist. Die ganze Terrasse
ließ Fundamente für Basen und Exedren erkennen. Einige
Sondierungen an der scharf abfallenden Schlucht führen
endlich zu einer merkwürdigen Entdeckung. Eine breite
Freitreppe, die von Absätzen unterbrochen war, lief
vom Grund des lnopostals hinauf zu der Terrasse des
Heiligtums. Eine in der Mitte der Treppe angebrachte
Inschrift nennt einen gewissen Diophantos als Stifter der
den syrischen Göttern Atargatis und Hadad geweihten
Tempelanlage. Dieselbe war von Häusern umgrenzt und
zweifellos eine öffentliche Straße in der Art der modernen
neapolitanischen Saliten. Unter den Einzelfunden ist neben
zahlreichen, meist von Athenern herrührende Votivinschriften
ein dem syrischen Gotte Hadran geweihtes Mosaik be-
sonders zu erwähnen. Die weiteren Ausgrabungen sollen
die beiden Seiten des Inopostales ausräumen und man
wird dann in der Lage sein, dieses exotische Quartier von
Delos im Detail zu rekonstruieren, wo sich um die Heilig-

tümer ihrer asiatischen Götter alle möglichen Fremden in
Etagenhäusern an steilen Straßen angesiedelt hatten. Auf
diese Weise wird wohl das pittoreskeste Viertel von Delos
im 2. Jahrhundert v. Chr. zutage kommen. m.

FUNDE

Ein wertvoller antiker Münzfund wurde jüngst in
Laibach beim Bau der Staatsgewerbeschule gemacht.
Man entdeckte einen Topf mit 49 römischen Goldmünzen
und acht Silberbarren. Am zahlreichsten sind darunter die
Münzen Konstantins des Großen. Die Münzen sind sämt-
lich stempelfrisch und standen anscheinend wenig oder
garnicht im Verkehr. Der Schatz dürfte den Gold- und
Silbervorrat eines Goldschmiedes gebildet haben und scheint
nach dem Jahre 361 n. Chr. vergraben worden zu sein.

ARCHÄOLOGISCHES

Das Pendant zum Ludovisi-Thron im Bostoner
Museum. Obwohl ich in dem Aufsatz »Das neue Bostoner
Museum« (Kunstchronik vom 18. Februar 1910) bereits über
die hervorragendste Neuerwerbung des Bostoner Museums,
das Pendant zu dem weltberühmten Ludovisi-Thron im
römischen Thermenmuseum gesprochen habe, muß ich
doch jetzt nochmals darauf zurückkommen, da das soeben
erschienene Juni-»Museum of Fine Arts Bulletin« der
Öffentlichkeit das herrliche Werk zum erstenmal in einer,
wenn auch nur kleinen, Abbildung vorlegt.

Eine ausführliche wissenschaftliche Publikation des
Bostoner Besitzes ist in Vorbereitung (soviel ich weiß, ist
Prof. Franz Studniczka in Leipzig für den alten Kontinent
damit betraut). Einstweilen gibt aber Arthur Fairbanks in
dem Bostoner Bulletin folgende Details, die wir in Anbe-
tracht der Schönheit des Werkes und seiner Wichtigkeit
für die griechische Kunstgeschichte wie für die griechische
Mythologie hier wiederholen. Die Ähnlichkeit mit dem
sogenannten Ludovisi-Thron wird bei dem Bostoner Werk
sofort ins Auge fallen. Die Dimensionen des Marmors
korrespondieren, wenn auch nicht bis zur äußersten Exakt-
heit: die Höhe des Bostoner Reliefs beträgt ungefähr 5 cm
mehr als die anzunehmende Fortsetzung der Abdachung
auf der Höhe des römischen Reliefs vermuten läßt. Die
Breite auf dem oberen Ende des Reliefs ist 7—8 cm
größer in Boston. Die Breite des längeren Flügels
des Bostoner Reliefs ist fast genau die gleiche wie die
der beiden Seiten des römischen. Die Dimensionen auf
der Innenseite stimmen vollständig, abgesehen davon, daß
die Seiten des Bostoner Reliefs sich nach oben zu ver-
schmälern, während die Seiten des römischen sich leicht
verbreitern. Petersen hat nachgewiesen, daß der untere
Teil des römischen Reliefs abgeschnitten worden ist, viel-
leicht um mit Metallornamenten versehen zu werden; auf
diese Weise ist das untere Ende der Szene etwas in Un-
ordnung. Auf dem Bostoner Relief ersetzen feine lang-
gezogene Voluten, auf denen Palmetten ruhen, das, was
in Rom augenscheinlich verloren gegangen ist. In der
ganzen Form, in der Kurve, die das untere Ende der dar-
gestellten Szenen abgrenzt, in den Darstellungen selbst, in
dem Stil der Arbeit korrespondieren aber die beiden Werke
so sehr, daß wir fest annehmen dürfen, daß sie zusammen
entstanden sind, und zwar, um zusammen zu gehören.
Die Szene auf der Langseite des Reliefs zeigt eine be-
schwingte Figur, die zwei kleine nackte jugendliche Ge-
stalten in der Gegenwart zweier sitzender Frauen wägt
(die Wage und ihr Inhalt fehlt auf der Abbildung des
Bulletins; die Öffnungen auf der Brust des wägenden
Gottes und auf seinen Flügeln zeigen, daß die Wage auf-
 
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