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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 3.1887

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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4106#0051

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Kleine Mitteilungen.

38

Stickereien und Nadelwebereien auck den verjchieden-
sten Zeiten und Ländern. Neben persischen Mustern
sehen wir türktsche Goldstickerei, Sammte aus Skutari
und solche aus dem Jtalien des 16. Jahrhunderts,
als Genua an der Spitze der Seidenindustrie stand.
Neben der bulgarischen, mit Silberfäden abgesteppten
Satteldecks kommen in besonderer Reichhaltigkeit die
farbigen Erzeugnisse slawischer Hausindustrie in Kreuz-
stich auf Leinen und dann wiedsr'die Plattstickerei,
wie man sie von den Bauern des Sabinergebirges
an der Via Sistina in Rom kauft, und die leider immer
mehr verschwindenden schwarzen Blumenstickereien an
den Sonntagshauben der Bäuerinnen von Dachau in
Oberbayern.

Durch die ganze Mitte des Saales sind auf sech-
zehn Tafeln einige Ergänzungen zu der Sammlung
an der Hauptwand, in der Hauptsache aber die be-
lehrenden Muster aus den verschiedenen Zweigen der
Arbeiten, welche den Baumwollfaden und für manche
ganz speziell dsn Faden Dollfus-Mieg L Co. als Vor-
bedingung haben. Denn das ist, wie wir schon an-
gedeutet haben, das Eigentümliche dieser Ausstellung,
daß während sonst eine neubelebte Technik.ihren
Rohstoff sich sucht und allmählich verbessert, hier das
vollständige Material in seinen verschiedensten Ge-
staltungen in spezieller Zurichtung für die einzelnen
Arbeiten auf den Tisch derer niedergelegt wird, welche
die Arbeit beginnen wollen. Am schlagendsten tritt
uns das entgegen in der Jmitation der Smyrna-
Teppiche aus Baumwollfaden. Die Jmitation aus
Wollsaden war bekannt; eine Jmitation aus Baum-
wolle erklärten verschiedene weibliche Sachverständige,
mit welchen ich mich über dies Thema unterhielt, für
unmöglich. Und dennoch ist es so, und es werden
unsere Damen in der Lage sein, anstatt des schreck-
lichen gestickten Jagdhundes oder des Rosenbouquets
einen persischen Teppich zu Weihnachten zu arbeiten,
der nicht mehr kosten, und dem Auge und dem Fußg
bequemer sein wird., Die Voraussetzung hisrfür ist
ein rauher großlöcheriger Kanevas, eine Nadel und
der 6otou ä trioolsr Dollfus-Mieg L Co., welcher
für den deutschen Markt wohl auch ins Deutsche über-
setzt werden wird. Ein Muster findet sich auf Tafel I
und eine Arbeiterin in der Mitte des Saales zeigt
uns den einfachen Vorgang. Ähnlich ist es mit der
unter der arabischen Bezeichnung Uaeiawö bekannten
Knüpfarbeit, die wir auf Tafel IV in ihren ver-
schiedenen Arten von dem einfachen Knoten bis zum
künstlichsten Geflecht verfolgen und für welche 601-
ckounst 6 üis bestimmt ist. Jn gleicher Weisen werden
uns vorgeführt die bekannteren Arbeiten des Filet-
strickens, der „Frivolitv", jene Arbeiten aus der Hand
mit Weberschiffchen, das Häkeln, Stricken, Einsassen,
die Stickerei mit dem Sprungstich (an xasss), mit
dem Kreuzstich, die Arbeiten auf gedrucktem Musselin
mit dem Plattstich, sowie das Klöppeln, für welches
man eine Arbeiterin aus dem Erzgebirge hat kommen
lassen. Auf Tafel I sehen wir die Druckblätter von
Arbeitsmustern, welche in die Fadenschachteln der
Firma Dollfus-Mieg L Co. gelegt werden. Was ge-
übte Jntelligenz aus solchen Mustern machen kann,
wird uns auf Tafel X gezeigt. Wir sinden hier

„Ibü verschiedene Arten" eine Zeichnung auszuführen.
Es ist ein einfaches gezacktes Blattmotiv, wie wir es
auf persischen Teppichen treffen, Nr. 125 aus dem
Xtbum cks bioäsriss ä point cks eioix xar 1b. äe
Dütinont. Durch Veränderungen in Größe, Farbe
und Herstellungsart entstehen solche Verschiedenheiten,
daß ohne die örtliche Vereinigung auf einer Tafel nur
ein sehr geübtes Auge die Einheit wiederum finden
konnte. Ein Teil der auf den sschzehn Tafeln ver-
einigten Arbeiten dient als Beleg für ein neues Werk
des Dircktors dsr Stickereischule des österreichischen
Museums in Wien, Fräulein Emilie Bach: „Neue
Arbeiten alten Stils", ein anderer für die „Encyklo-
pädie der weiblichen Handarbeiten von Th. de Dill-
mont", die zur Hälfte vollendet ist und welche nach ihrer
Vollendung ohne Zweifel ein Musterwerk werden wird.

Einer systematischen Behandlung der in Rede
stehenden Technik können wir uns um so mehr freuen,
als es gilt, den technischen und stilistischen Takt, den
der höher gebildete Mensch — hierin gegen die der
Natur näher Stehenden im Nachteil — leicht ver-
liert, durch Raisonnement und gute Beispiele wieder
zu gewinnen. Jm beiderseitigen Jnteresse möchten
wir wünschen, daß die Dillmontsche Sammlung sich
auf die Wanderschast begebe und in den Kunst-
gewerbemuseen anderer Städte als Spezialausstellung
erscheine. Wer sich aber darüber wundern möchte,
wie man von solchen Arbeiten so viel Wesens machen
kann, den erinnern wir an das Beispiel jenes griechi-
schen Philosophen, der am Schlusse seines Lebens
höher als seine Systeme die Thatsache achtete, daß
es ihm gelungen war, an der Töpferscheibe eine Ver-
besserung anzubringen.

sA. Schricker in der Landeszeitung für
Elsaß-Lothringen.j

Vom Lunstinarkt.

X. ?. Die Auktion Felix. — Am 25. Oktober
begann zu Köln die Versteigerung der Sammlung
Felix, deren Erfolg die Prophezeiungen sowohl der
Weisen als Unweisen zu schanden gemacht hat: denn
weder hat Herr Felix Verluste erlitten, wie die Pessi-
misten geweissagt, noch hätte sich der kühnste Opti-
mist Preise träumen lassen, wie sie gezahlt resp.
geboten worden sind. Es ist srüher in der Kunst-
chronik aus den möglichen Verlauf der Auktion hin-
gewiesen: ob wirklich etwas zurückgekauft sein mag,
kann und soll hier nicht erörtert werden. Jeden-
falls darf Herr Felix recht zufrieden mit dem Erfolg
sein, denn — es sind Preise gezahlt für Objekte,
welche kein solider Händler zu einem nur ähnlichen
Preise einem verständigen Kundsn abverlangen dürfte.
ohne für verrückt gehalten zu werden. Einen „ver-
ständigen Kunden" sagen wir — einen wirklichen
Amateur oder Kenner! Aber das sind in Deutschland
is.ias uvs8; nur wenige anwesende Liebhaber be-
hielten zur rechten Zeit gegenüber dsn thörichten Ge-
boten gewisser Leute den Kopf oben und standen —
vielleicht mit schwerem Herzsn — von der Erwerbung
erwünschter Stücke ab. Einsr der ersten Sammler
 
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