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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 3.1887

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Lessing, Julius: Bemaltes Schmiedeeisen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4106#0055

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Kunstgeworbeblcitt. Z. Iahrgang.

Nr. z.

Bemaltes ^chmiedeeisen.

Von Iulius Lessiug.

Nut einer Tafel.

Bemaltes Schmiedeeisen! Die beiden Worte
scheinen im Widerspruch zn einander zu stehen.
Haben wir doch lange Jahre hindurch als
nnverbrüchliches Gesetz aussprechen hören, daß
es ein Hauptverdienst jeglicher Knnstarbeit
sei, den Grundstoff in voller Schönheit seiner
eigenartigen Beschaffenheit zur Anschanung zu
bringen, wir verlangen die Faser des Holzes,
die Aderung oder das Korn des Steines zu
sehen, nnd wenn wir auch beim Holz und allen-
falls beim Stein Zugeständnisse zu Gunsten einer
teilweisen Bemalung machen, so scheint uns doch
gerade das Schmiedeeisen alle Schönheit aus
seiner nervigen Ursprünglichkeit aus dem Spiel
der gereckten, verschlungenen und durchgesteckten
Bänder und Ranken herzuleiten, sodaß für die
Farbe durchans kein Wirkungsfeld bleibt.

Diese Meinung wird durch die Anschauung
bestätigt, denn was wir in den Museen an älte-
ren Schmiedearbeiten besitzen, erscheint durchweg
im ernsten Schwarzgrau des Eisens, welches
höchstens durch einige vergoldete Spitzen belebt
wird. Aber die ganze Theorie von dem farb-
losen Eisen, soweit sie sich auf ältere Arbeiten
bezieht, erweist sich bei näherer Prüfung als
falsch. Die meisten Eisenarbeiten, welche sich
in unseren Museen bcfinden, kommen durch die
Hände der Händler, welche die mit allen mög-
lichen Niederschlägen bedeckten alten Stücke durch
ein reinigendes Glühfeuer gehen zu lassen Pflegeu,
um ste dann schmuck und blank zum Verkanf
Lu stellen. Jn neuerer Zeit ist es nun aber
dem Berliner Mnseum gelnngen, verschiedene
^>tücke zu erwerben, welche diese erbarmungslose
Läuterung noch nicht durchgemacht hatten und so
deutliche Reste alter Bemalung aufwiesen, daß
ihre Wiederherstellnng mit voller Sicherheit er-
st'lgen konnte; zu den Kronleuchtern und Ampeln,
welche für das Jnnere des Hauses bestimmt
waren, kamen allmählich Grabkreuze, Arme für
Kunstgewerbeblatt. m.

Wirtshausschilder, Laternenständer, Gitterwerk,
sodaß kaum irgend eine Gruppe der Schmiede-
arbeiten übrig blieb, welche sich nicht als be-
teiligt erwiesen hätte am reichen Schmuck der
Farbe. Eine weitere Prüfung anf Grund der
erkannten Thatsachen ergab, daß viele, ja wohl
die meisten jetzt schwarzen Stücke unserer
Sammlung einst Farbenzuthaten gehabt
haben müssen.

Dieses Ergebnis ist znnächst überraschend,
aber schließlich ift die Thatsache zn verstehen.

Das Eisen befindet sich nicht in der glück-
lichen Lage wie das Gold, von jeder Zersetzung
frei zn sein, oder wie die Bronze durch Zer-
setznng den künstlerisch wertvollen Mantel der
Patina, des Edelrostes, zn erhalten; der Nost,
welcher das Eisen bedroht, ist ein tückischer Feind,
dem keine noch so sorgfältige und dichte Be-
handlung des Materials entgeht. Es wird somit
eine deckende Schicht, welche das Metall gegen
die Feuchtigkeit schützt, notwendig. Als solche
hat man bei kleineren Stücken, Fensterbeschlägen,
Thürbändern, Leuchtern u. dergl. die Verzinnung
angewendet, welche aber eine kalte silbergraue
Farbe giebt, die dem Auge nicht znsagt. Jch
habe verschiedentlich anf solcher Verzinnung noch
Spnren von einer teilweisen Bemalnng gefunden,
Rippen in den Blättern und Ähnliches,durch welche
die Zinnfarbe erst erträglich geworden sein mag.
Eine weitereFarbenwirkung wird dadurch erzielt,
daß die durchbrochen gearbeiteten Eisenteile mit
farbigem Papier zumeist rot und blau unterlegt
werden. Wir haben Proben davon aus gotischer
Zeit und bis tief in die Renaissance hinein. Die-
ses Verfahren hatte denÜbelstand, daß sich in die
farbigen Vertiefungen zu viel Staub hineinsetzte.

Für Gitterwerke nnd andere große Stücke
war das Verzinnen oderUnterlegen technisch kaum
ausführbar, und man behalf sich alsdann in
alter Zeit gerade wie jetzt mit einem deckenden
 
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