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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 3.1887

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Bergau, Rudolf: Über den Wert der Goldschmiede-Meistermarken für kunstgeschichtliche Forschungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4106#0109

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AnfȟlM'beit in flN'bigem Smnmt nnd Schnnr nnf Seide. Jtnlien, 16. Jahrb,

Über den U)ert der Goldschmiede-Meistermarken
sür kunstgeschichtliche jorschungen?)

von N. Bergau.

Jn neuester Zeit legen die Kunstforscher
^esonderes Gewicht auf die Beachtung und Er-
^ärung der Meistermarken auf den ältern Gold-
ichmiedearbeiten. Und es geschieht das mit
^ollem Recht, denu diese Marken sind sehr wich-
^ge Anhaltepuukte für Erforschung der Geschichte
^er Goldschmiedekunst und für die rechte Wür-
^gung einzelner Werke derselben. Doch ist man,
^'e mir scheint, an manchen Stellen geneigt
denselben eineu zu großen Wert beizulegen,
^'e Mnrke als einziges und untrügliches Merk-
für die Autorschast eines Werkes anzusehen.
ist jedgch nicht so. Die Kunstformen und
^e technische Ausführung werden vielmehr stets
"ut iu Betracht gezogen werden müssen.

Die Meistermarke ist, wenn nicht gefälscht,
untrügliche Beweis, daß das betresfende
^tück aus der Werkstätte des durch die Marke
^^eichneten Meisters hervorgegangeu ist. Durch
ikse Marke übernahm der betresfende Meister,
i^uer vorgesetzteu Behörde gegenüber, die Ge-
^ähr, daß bei diesem Stücke den, oft sehr spe-
s'Elle», gesetzlichen Vorschriften genügt sei. Da-
ist jedoch keineswegs gesagt, daß dieses Stück
'^rkljch von der Hand des Meisters gefertigt,
"°ch viel weniger, daß es von ihm erfunden
^orden ist. Eigeuhändige Meisterarbeit und
riginalität der Erfindung fiud aber bei her-
orragenden Goldschmiedearbeiten, welche den
""8 von Kunstwerken beansprnchen — und
solche wird es sich bei kunstgeschichtlichen
rtersuchungen im wesentlichen nur handeln —
größter Wichtigkeit.

Die „kleinen Meister", d. h. diejenigen,
bkche nur Unbedeutendes leisteten und infolge-

, l) Wjx vringen diesen Artikel zum Abdruck, ohne
Unk^" ^ Anschauungen des Herrn Berfassers zu den
Ü>gen machen zu wollen. Die Redaktion.

dessen nnr wenige Bestellungen hatten, werden
den bei weitem größten Teil ihrer Arbeiten
eigenhändig gefertigt haben. Alle größernMeister
aber, welche viele Bestellungen hatten und ein
Lager fertiger Gegenstände vorrätig hielten,
konnten das nicht allein bewältigen, mußten
vielmehr zu ihrer Hilfe Geselleu und Lehr-
jungen in ihre Werkstatt aufnehmen. Ja nicht
selten werden fie Arbeiten anderer, selbständiger
Meister angekauft und mit ihrem Stempel ver-
sehen au ihre Kunden abgegeben haben. Die
Marke giebt uns also nicht den sichern Beweis,
daß das betreffende Stück von dem darauf be-
zeichneten Meister gemacht, d. h. technisch aus-
geführt worden ist. Noch viel wichtiger als die
technische Ausführung ist für die Kunstgeschichte
die Erfindung eines Werkes. Für die letztere
besitzt die Marke aber gar keine Beweiskraft.
Gewöhnliche, viel begehrte Stücke, sogenannte
Marktwaren, arbeiteten die Meister nach über-
lieferten Formen. Galt es etwas Ungewöhn-
liches herzustellen, so waren dafür die speziellen
Angaben des Bestellers maßgebend. Jn ein-
zelnen Fällen zeichnete dann wohl auch ein
Maler einen Entwurf. Wir besitzen dergleichen
z. B. von der Hand Albrecht Dürers und Hans
Holbeins. Etwas ganz Neues zu erfinden ist
immer schwierig und nur wenigen besonders be-
gabten Künstlern verliehen. Erstand aber ein-
mal ein hoch begabter Künstler, welcher die
gewohnte Bahn verließ und seinen eigeuen Weg
ging, wiez. B. Wenzel Jamnitzer, und fanden dessen
Neuerungen Beifall, so beeilten sich auch andere
Meister in seiner Weise zu arbeiten, verschafften
sich — und das galt keineswegs als unehrlich;
ein Schutz des geistigen Eigentums war damals
unbekannt — seine Zeichnungen, ja seine Mo-
delle und arbeiteten danach, ohne oder mit
 
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