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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 3.1887

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Schneider, Friedrich: Deutsche Elfenbeinskulpturen des frühen Mittelalters
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https://doi.org/10.11588/diglit.4106#0281

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Deutsche Elfenbeinskulpturen des frühen ^kittelalters.

Von ^riedrich Schneider.

!Nit zwei Abbildungen.

Der Nachweis, daß die deutsche Kunst des
10. Jahrhuuderts im Auschtuß au die Aus-
gänge der klassischen und der altchristlichen Kunst
auf italischem Bodeu stetig sich fortgebildet hat,
ist zwar auf genügende Zeugnisse gegründet,
um bereits unanfechtbar dazustehen; allein der
Kreis der in Frage kommenden Denkmale ist
inimerhin sehr beschränkt, so daß jeder Zuwachs
als erwünschte Verstärkung des Beweises er-
scheint. Der Wert neuer Zeugnisse bemißt sich
dabei nicht bloß uach deren innerem Kunstgehalte,
sondern, abgesehen davon, nach der Beziehung
zu ihren Ausgängen wie nach den Anschlüsseu
nach vorwärts. Bestimmt einerseits das Über-
wiegen klassischer Erinnerungen die Bedeutung
des Falles, so sind anderseits die Vorboten
neuer Empfindungen nicht minder wichtig, ja
sie können, trotz tief stehender Kuustfertigkeit,
dem Gegenstand vor einer äußerlichen, schul-
müßigen Leistung höheren Wert sichern. Läßt
sich endlich der Ursprung eiues solchen Kunst-
werks sicher nachweisen, und führt er an die
Stätte alter Kultur und Kunstpflege, so gewinnt
das Werk selbst nicht nur an Belichtuug, son-
dern gliedert sich unter Umstäuden verwandten
Erscheinungen ein und vervollstandigt die Glie-
derreihe der Kette.

I.

Unter diesen Gesichtspunkten darf eine Elfen-
beinskulptur Anspruch auf Beachtung erheben,
die aus der ehemaligen Benediktiner-Abtei
Mettlach an der Saar stammend, über die Auf-
hebung des Klosters an Ort und Stelle sich er-
halten hat und im Besitz des Herrn Geheimen Kom-
merzienrates Eugen Boch daselbst sich befindet.
Erst imFrühsommer 1886 brachte ein glücklicher

Znfall während meiner Anwesenheit daselbst
das Stück wieder zu Tage: aus älterer Zeit
bewahrte man Erinnerungen daran, auch unter
welchen Umständen') es überhaupt am Platze
sich erhalten hatte und in Eigentum der Familie
Boch übergegangen war; Jahrzehnte aber hatte
niemand deu Gegenstand gesehen, so daß nur
auf diese Weise erklärlich ist, wie Kunstfreunde
und Kenner, die so häufig in dem gastlichen
Hause verkehren, nicht längst schon das Stück
in entsprechendes Licht gesetzt haben. Die Abtei
Mettlach 2) führt ihren Ursprung auf eine legen-
dare Gründung durch Lutwin, einen fränkischen
Großen, gegen Ausgang des 7. Jahrhunderts
zurück und wurde, angeblich mit dem Tode des
Stifters (713), dem heiligen Petrus bezw. der
Kirche von Trier übergeben.^) Der Apostel-
fürst war wohl vordem schon Schutzheiliger des
Klosters und seiner Hauptkirche. Über Kirche
und Altarstiftungen zu seiner Ehre liegen aus
der Frühzeit verschiedene Nachrichten vor. Jn
der Mitte des 10. Jahrhuuderts ward ihm
neuerdings eine Altarstiftung mit metrischer Jn-
schrift^) daselbst gewidmet, uud in der zweiten
Hälfte des 11. Jahrhunderts erfolgte über der
Basilika des heil. Petrus die Vollendung eines
Turmbaues.ch Dieser dem Apostelfürsten ge-
weihte Kirchenbau hatte sich bis zur Aufhebuug

1) Jn einerRauchkammer, die ivährsnd der Kriegs-
stürme als Bergeort gedient hatte, wurde das Stück
von einem alten Bediensteten des Hauses, dessen
Name noch bekannt ist, nach dem Besitzwechsel der
Klostergebäude ausgefunden.

2) Vgl. I. C. Lager, Urkundl. Gesch. d. Abtei
Mettlach. Trier 1875. S. 1 sf.

3) Ebendas. S. 13. 4) Cbendas. S. 23.

5) Ebendas. S. 27.
 
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