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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 3.1887

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Schorn, Otto von: Ausstellung der königl. Kunstgewerbeschule zu Nürnberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.4106#0067

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Ausstellung der Königl. Kunstgeiverbeschule zu Rürnberg.

der letzten Regierungsjnhre des Kaisers Maxi-
milian fiihlbar wurde, auch sie, infolge der
tranrigen staatlichen Verhältnisse Deutschlands
mehr und mehr an öffentlicher Theilnahme
verlor und nnter den Direktoren Justus
Preißler nnd E. Jhle endlich gänzlich in
Verfall geriet.

Erst nachdem im Jahre 1811 der Kupfer-
stecher Alb. Reindel seitens der Stadt zum
Direktor ernannt worden war, begann für die
Anstalt eine neue glückliche Periode. Schenkte
auch im Anfang die Regierung (im Jahre 1806
war Nürnberg an Bayern gefallen) derselben
nur wenig Aufmerksamkeit, so gelang es dem
begeisterten und erfolgreichen Streben Reindels
doch bald, ihr Jnteresse zu erwecken, denn schon
im Jahre 1819 erfolgte die Verlegung der Aka-
deniie als einer Lehranstalt mit Gewährung
cines jährlichen Staatsbeitrages von 400 fl.
auf die königl. Burg und im Jähre 1821 er-
hielt sie die Bestätigung als „Königliche Kunst-
schnle".

Durch eine strenge Organisation des Un-
terrichts, durch die Einführung der Anatomie
als eines neuen Lehrfachs, dann dnrch die Be-
teiligung der Schüler an größeren künstlerischen
Unternehmungen, wie z. B. der damaligen Re-
stauration des „Schönen Brnnnens" n. a. wußte
Reindel das Leben in der Kunstschnle zu
einem ebenso schaffensfrendigen als fruchtbaren
zu gestalten, und so ist denn auch die Zahl von
namhaften Künstlern keine geringe, welche, haupt-
sächlich auf dem Gebiete des Kupferstichs, in
dieser Zeit aus ihr hervorgegangen siud.

Als König Ludwig I. im Jahre 1833 be-
schlossen hatte, einige Zeit auf der Burg in
Nürnberg zuznbringen, wurde die Kunstschule
in das Landauer Brüderkloster verlegt, deren
Räume sie noch heute inne hat. Nachdem im
Februar 1853 Reindel gestorben war, erfolgte
bereits im November desselben Jahres die Über-
nahme der Direktion durch den an diese Stelle
bernfenen und für dieselbe in hohem Grade
befähigten ebenso geistvollen als vielseitigen
Maler und Bildhaner August Kreling, durch
welchen die Anstalt eine Vvllig neue Organi-
sation erfuhr. Von da an stellte sich dieselbe
hauptsächlich die Hebung des Kunstgewerbes
znr Aufgabe und ist in dieser Richtung all
den zahlreichen später ins Leben gerusenen
Knnstgewerbeschulen mit glänzendem Erfvlge,
für welchen zahlreiche Ausstellungen und Publi-

kationen der Anstalt den Beweis lieferten, vor-
angegangen.

Eine verhältnißmäßig nur kurze Zeit der
Wirksamkeit als Leiter der Schule war nach
Krelings Tode seinem Nachfolger, dem genialen
Architekten Adolph Gnauth beschieden, der in-
mitten vollster Schaffenskraft im Jahre 1884
seinem Wirken durch den Tod entrissen wurde.
Von seinem kurzen aber erfolgreichen Streben,
der ihm gestellten Aufgabe gerecht zu werden,
gab die Ausstellung der Kunstgewerbeschule auf
der bayerischen Landes-Ausstellung 1882 ein
schönes Zeugnis.

Wir kommen nach diesem flüchtigen ge-
schichtlichen Rückblick auf die historische Abtei-
lung unserer gegenwärtigen Ausstellung zurück.
Der Zeit nach teilt sich dieselbe in die Perioden
von 1714—1790, von 1800—1853 und von
da bis zur Gegenwart. Sind es auch nur
Zeichnungen nach der Antike und nach dem le-
bendcn Modell, welche hier vorgeführt werden,
so ist doch gerade die Art und Weise, wie in
diesen Zeiträumen vom Künstler die Natur er-
faßt und wiedergegeben, und wie dieselbe in dem
Schüler geweckt und auf diesen übertragen
wurde, von gleich hohem Jnteresse wie die ver-
schiedene Art der technischen Behandlung des
Zeichnens während der hier anf einander fol-
genden Perioden.

Jn den zur ersten Abteilung gehörigen
Zeichnungen, welche meist auf blauem Papier
mit Rotstift oder schwarzer Kreide ausgeführt
sind, gelangt schon in der Wahl der Stellungen
und der Behandlung der Draperie, wo solche
Verwendung gefunden, die leichtere Beweglich-
keit der Formen des im vorigen Jahrhundert
dominirenden Stils des Rococo vielfach zum
Ausdruck, während in den späteren der strenge
und steife Stilcharakter der Davidschen Schule
sich entschieden zu erkennen giebt. Die Aus-
stattung des Aktes mit antikem Helm und Schwert
erscheint hier wiederholt als ein charakteristisches
Merkmal der damals herrschenden Richtung,
und in der Behandlung des Nackten läßt sich
leicht erkennen, wie zu jener Zeit ein eingehen-
des Studium der Natur durch die äußerlichen,
vielfach mißverstandenen Formen der Antike
allmählich verdrängt und ersetzt wurde.

Gegenüber dem gänzlichen Niedergange der
Kunst, welcher sich in den Arbeiten dieser Pe-
riode in der Auffassung wie in der Unbeholsen-
heit der Technik in traurigster Weise zu erken-
 
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