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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 3.1887

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Rosenberg, Marc: Die Silberausstellung in Petersburg 1885
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https://doi.org/10.11588/diglit.4106#0082

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60

Die Silberausstellung in Petersbnrg 188s.

als einen „eisernen" Bestand der Staatskasse
aufgefaßt wissen walltcn. Die Geschichte hat
uns gezeigt, daß man nicht nnr in Frankreich,
sondern auch in anderen Ländern zu Zeiten
tief, ja bis auf den Grund, in diese Sparkassen
gelangt hat.

Neben die berühmten Namen wollen wir
nicht versänmen einen Anonymus zu stellen, der

Fig. 4. Leuchter von dcm Meister bl. 0. L.

sich getrost mit jenen Meistern messen darf. Es
ist der Goldschmied l>i. 0. L. Sein Leuchter
von 1742/1743, den wir in Fig. 4 abbilden, ist
so gut in der Komposition, so fein in der Pro-
filirung und so ausgezeichnet in der Ausfüh-
rung, daß ich ihn allen neubelebten alten
Mustern vorziehen möchte, welche hente auf dem
Markte glänzen.

Wenn auch der Schwerpunkt der Aus-
stellung im französischen Silber lag, so konnte
es doch nicht fehlen, daß anch manche außer-
französische Arbeit Aufnahme fand, wenn sie
dem Stil der französischen Arbeiten entsprach.
So sind die Tafelanfsätze des Fürsten Bielo-
selsky Dresdener, das große Silberservice des
Herrn Balaschow Wiener Arbeiten. Demselben
Umstande verdankt anch eine Berliner Arbeit
ihre Aufnahme: ein Paar Rococoleuchter von
Goldschmied Müller oder Müllers. Jch kenne
mehrere Arbeiten dieses Meisters und vermute
in ihm jenen Johann Christian Müller, dem
der königliche Leibarzt I. E. W. Möhsen eine
kleine Arbeit gewidmet hat, unter dem Titel:
Versuch einer historischen Nachricht von der
künstlichen Gold- und Silberarbeit in den älte-
sten Zeiten, Berlin 1757.

Von den wenigen englischen Arbeiten sei
nur ein großer Surtout des Herrn A. W.
Bobrinsky von Paul Lamerie 1735 erwähnt,
jenem berühmten Londoner Goldschmiede, über
den Chaffers so interessante Dokumente ver-
öffentlicht hat. Es scheint, daß Lamerie einer
jener französischen Goldschmiede gewesen ist,
welche sich wegen der Luxusgesetze Ludwigs XIV.
ohne Arbeit sahen und daher auswanderten.
Er protestirte in Gemeinschaft mit anderen
gcgen eine Herabsetzung des Feingehalts in
London; denn fremde Fürsten gäben ihre kost-
barsten Aufträge gern nach London und in
geringerhaltigem Silber könnten sie nicht so
zart und fein ausgeführt werden.

Das eigentliche deutsche Silber, wie es
nnsere großen Meister des 16. und 17. Jahr-
hnndcrts herstellten, fehlte gänzlich auf der Aus-
stellung — nur eine kleine Fälschung war da,
nm es zu vertreten — obgleich Petersburg
mehrere sehr gute Stücke dieser Richtung besitzt.

Oberlichtgitter, 18. Jahrh. Stiidtisches Museum in Straßburg
 
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