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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 3.1887

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Schricker, August: Zur Geschichte der Schmiedezunft in Straßburg i. E.
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https://doi.org/10.11588/diglit.4106#0087

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Von A. Schricker.

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^ie durfte sich in der Zeit um 1450 hervor-
ragender Meister rühmen. Es war dies der
Schwertfcger Holm, Vater und Sohn. Wir
>verden mit ihnen bekaunt infolge einer Ver-
ü>ahrung, welche Andreas Holm gegen den Vor-
halt des Burggrafen, des mit der Beaufsichtigung
^ar Waffcntüchtigkeit der Stadt beauftragten Be-
amten, einlegte. Der Burggraf hatte mitgeteilt,
>vie man in den alten Ordnungen finde, daß
kein Meister mehr denn einen Knecht haben solle.
Holm erwidert: Sein Wesen habe andere Gestalt
als die der andern Meister des Handwerks.
^chon sein Vater sei seiner Arbeiten wegen be-
a'ühmt gewesen. Diesen Ruf habe er überkommen,
!o daß man vor langen Jahren aus weiten
Kvnigreichen und Fürstentümern sie besucht
und ihres Werks begehrt habe. Sollte er nun-
uiehr nur einen Knecht halten, so könnte er
solchen Aufträgen nicht niehr nachkommen, aber
auch die Knechte aus fernen Landen, die danach
ivachteten, in seiner Werkstatt zu arbeiten, wür-
den nicht mehr kommen. Und es wäre dieser
ehrlichen Stadt verächtlich, wenn solche gute
fremde Knechte nicht mehr nach Straßburg kämen.

Wie sehr man auch in späteren Zeiten noch
bemüht war, diesem Handwerk die ihm mit Rück-
stcht auf die mannigfachen Dekorationstechniken
des Ciselirens, Ätzens, Tauschirens u. s. w. be-
sonders notwendige künstlerische Ansbildung zu
erhalten, zeigen die Vorschriften über das Meister-
stück der Schwertfeger und Langmesserschmiede
von 1737. Das Meisterstück soll „bestehen in
einem silbernen mit Blattgold verguldetenDegen-
gefäß, darauff sollen römische und Europäische,
ieils zn Pserd sitzende, und teils zu Fnß stehende
Fignren sich befinden, wie das bey unsseren
gnädigen Herren den Herren fünfzehnern würk-
stchen producirte und approbirte model und
Zeichnung ausweist." Die Geschworenen Stück-
uieister legen die Zeichnung dem Bewerber um
das Meisterrecht, dem „Stückmeister" vor, und
dieser ist verbunden, sie vor den Geschwornen
abzuzeichnen. Jst die Abzeichnung geschehen,
so steht dem Stückmeister frei, das Modell „in
ivachs zu possiren oder auszuhauen", „doch bei
dem dazu ernannten Geschwornen in seinem
Haus"; ist das Modell für gut befnnden, so
kann er es von Silber gießen lassen, und bei
einem von den Geschworenen in seincm Hans
sertig stellen. Der 5. Punkt der Ordnung lautet
sodann: „Soll an denen figuren sowohl menschen
als pferdt nach guther Zeichnung die gesichter,

ärm, füß, die gewand als auch die haar gläntzend
ciselirt sein, damit unter diessem allem nichts
weisses von Silber zu sehen hervor kombt, dann
solches vor einem großen Fehler zu achten, vor-
nehmlich aber, so das Stück nicht nach abge-
malter guth befundener Zeichnung wohl anßge-
macht und cisilirt ist, massen dieses das haubtwesen
eines meisterstücks ist, nnd welcher stückmeister
solches nicht thut, dem soll es verworfen werden."
Drei Monate Zeit wnrden dem Stückmeister ge-
geben, jede Woche mehr kostete „15 Schilling
Straff". Als Schauer waren bestimmt zwei
Meister Langmesserschmiede und ein Meister
Schwertfeger.

Wir brauchen nach Anführung dieses Do-
kuments nicht erst hervorzuheben, wie solche
Maßnahmen, selbst wenn sie nicht mit rücksichts-
loser Strenge durchgeführt wurden, den Gesellen
ancifern mnßten, Auge, Geschmack nnd Hand
nach allen Kräften auszubilden, wie sie ander-
seits aber nnch geeignet waren, die Zunft von
„Stimplern" und Unfähigen rein zu halten und
dem Handwerk den sprichwörtlichen goldenen
Boden zu bewahren.

Jm vorigen Jahrhundert, ctwa von 1750
ab, war Straßburg eine der Hauptstätten der
Wagenfabrikation. Der Grund, aus dem die
Blüte eines Handwerks entsteht, ist immer die
Tüchtigkeit Einzelner. Dies wird auch hier der
Fall gewesen sein. Erhalten nnd befördert wurde
diese Blüte wohl dadurch, daß das Stadtregiment
selbst mit seinem „Herrenstall" einen gewissen
Luxus in Fuhrwerken trieb, daß von den Herren
des „hohen Chors", dem Domkapitel jeder seine
Kutsche besaß, daß die sogenannte höhere Ge-
sellschaft, bei dem Zustand der Straßen nnd der
Strenge der geselligen Formen sich vielfach des
Wagens bediente, daß unter den Studenten sich
ein zahlreicher und vermögender Adel befand,
der an Wagen und Pferd sein Gefallen hatte,
und daß Straßburg der besuchteste Durchgangs-
punkt für die vielen Fremden war, die von
Osten her nach Paris reisten. Die Kutschen
waren — wie wir einigen Eingaben an den
Rat aus der Zeit nach 1750 entnehmen —
„eines der wesentlichsten Teile des Commerces"
geworden, und die Meisterschaft der Schmiede
durfte sich billig rühmen, „vieles zu diesem
Renomms beigetragen zu haben; schon vor
18 Jahren seien die ersten Kutschenfedern und
mehrere schöne Arbeit hier verfertigt worden,
anch seien diese Federn nnd Schwanenhälse vou

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