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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 3.1887

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Falke, Jakob von: Eine Ausstellung für kirchliche Kunst im Österreichischen Museum zu Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.4106#0112

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Eine Ausstellung für kirchliche Kunst im Österreichischen Museum zu Wien.

dadurch unmittelbar durch den Vergleich zu
wirken bestimmt ist. Kaum giebt es ein Land,
welches noch reicher wäre an Gegenständen
alter kirchlicher Kunst, als Osterreich. Während
hier aus dem Privatbesitze der alten Familien
(Ungarn ausgenommen) alles alte Silbergerät,
das einst dem Schmucke des Hauses und dem
Gebrauche der Tafel diente, verschwunden ist
— die Münze hat in Kriegszeiten alles ver-
schlungen —, haben die Kathedralen, die Stifter
nnd Klöster, oft selbst die kleinen Pfarreien
gar manches reiche und edle Stück alter Knnst,
das einst im Dienste der Kirche stand, treu be-
wahrt. Jch erinnere beispielsweise an den
Kelch des Herzogs Thassilo von Bayern, eine
Arbeit noch des achten Jahrhunderts. Diese
Gegenstände gehören allen Zweigen der Kunst-
industrie an: Arbeiten in edlen und unedlen
Metallen, in Elfenbein, Bein und Holz, Ge-
webe und Stickereien, Arbeiten heimischer nnd
fremder Art.

Es ist gewiß unendlich interessant, abge-
sehen vom praktischen Zwecke, diese Gegenstände
einmal beisammen zn sehen und so einen Über-
blick über den antiquarischen Neichtum des
Landes an kirchlichen Gegenständen zu ge-
winnen. Sie alle an Ort und Stelle auf-
zusuchen, würde Jahre brauchen, und alle zu
sehen würde doch nicht gelingen. Was man
dem Einzelnen oft versagt, wird dem Ganzen,
dem guten und gemeinsamen Zweck, nicht leicht
verweigert.

Und so können wir denn auch bereits die
Mitteilnng machen, daß der hohe und niedere
Klerus Österreichs den Wnnschen des Oster-
reichischen Museums mit größter Bereitwillig-
keit in dankenswertester Weise entgegengekommen
ist. Die Domschätze von Agram, Prag, Salz-
burg, Wien, Zara werden auf unserer Aus-
stellung zu sehen sein; die wunderschönen Ge-

fäße und Geräte der kaiserlichen Hofburgkapelle,
Goldschmiedearbeiten der feinsten und edelsten
Renaissance, sind zur Verfügung gestellt; die
alten Stifter St. Florian, Mölk, Klosterneu-
burg, Göß, Seitenstetten,Herzogenburg, Heiligen-
kreuz, Kremsmünster, Zwettl und viele andere
senden ihre Schätze. Desgleichen ist der Pri-
vatbesitz kirchlicher Gegenstände in frenndlichster
Weise dargeboten. Es ist Weniges von Be-
deutung, das unserer Ausstellnng versagt wor-
den. Das Programm macht nach Zeit und
Stil keinen Unterschied. Es nimmt, was in-
teressant und gut ist in seiner Art, von dem
Ältesten, was für den Kirchendienst vorhanden,
bis herab zur Gegenwart.

Dem Alten wird sich also das Neue zur
Seite stellen. Von diesem Neuen, Arbeiten
der letzten Jahre oder Jahrzehnte, ist vieles
bereits in festem Kirchenbesitz: so sendet der
Schatz von Prag einen reichen Ornat samt
Gefäßen, die für den verstorbenen Erzbischof
Kardinal Fnrst Schwarzenberg gemacht wor-
den; so stellt die neue Votivkirche in Wien Ge-
räte und Paramente zur Verfügnng. Dann
aber benutzen die modernen Kunstanstalten
Österreichs, welche sür die Kirche arbeiten, zahl-
reich diese Gelegenheit zur Ausstellung. Wir
werden alle Glasmalereianstalten vertreten
sehen, eine Anzahl Goldschmiede, Bronze- und
Glockengießer, Paramentenfabriken u. s. w. Als
eine viel besprochene Spezialität werden die
Tiroler Bildschnitzer aus dem Grödener Thale
zahlreich erscheinen.

Soweit aus den bisherigen, immer noch
wachsenden Anmeldungen zu ersehen, werden
alle irgend verfügbaren Ränme im Museum
von dieser Ausstellnng eingenommen werden.
Die Vorarbeiten sind so getroffen, daß die Er-
öffnung Mitte März stattfinden kann. Als
Schluß ist der letzte August festgesetzt.

Detail von der Kanzel der Zacobilirche zu Rostock.
 
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