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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 3.1887

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Berling, Karl: Sächsische Zinnmarken
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https://doi.org/10.11588/diglit.4106#0163

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134

Sächsische Zinmncirlen,

Gefäße möglichst Inel Vvn dem minderwertigen
Blei verwandt wurde, wodurch jene Schädigung
des Käufers stattfand. Um diesem Übelstande
vorzubeugen, erließ nun die Jnnung das Ge-
setz von der „Zinn Proba", d. h. sie gab ihrem
Altmeister das Recht, in zweifelhaften Fälleu
den Zinngefäßen eine Probe zu entnehmen, die
er auf den genügenden Prozentsatz Zinn hin
^wie aus der angezogenen Verordnung hervor-
gcht durfte in zehn Teilen Zinn nur ein Teil
Blei enthalten seinf untersuchen und im Über-
tretungsfalle den Versertiger in Strafe nehmen
mußte. Daß es nun freilich bei den geringen
chemischen Keuntnissen der früheren Zeiten be-
treffs dieser Art der Kontrolle, bei der lediglich
die durch die Erfahrung gewonnene mehr oder
minder große Sicherheit des Auges den Aus-
schlag geben konnte, zu häufigen Differenzen ge-
führt hat, läßt sich mit Sicherheit annehmen
und wird auch durch einige spätere Verordnnngen
bestätigt. Doch jemand zur Verantwortung zu
ziehen, wurde ganz unmöglich bei Gegenständen,
deren Verfertiger nicht mehr mit Bestinnntheit
nachzuweisen war, Fälle, die bei mehrfachem
Wechsel der Besitzer immerhin eintreten konnten.
Die Handwerker selbst mußten derartige Vor-
kommnisse, so selten sie auch sein mochten, als
Übelstände empfinden. Wie leicht konnte da-
durch der ehrsamste Meister, dessen Stolz es
war, daß aus seiner Werkstatt nur tadellose
Erzeugnisse seiuer Kunstfertigkeit hervorgingen
in den fälschlichen Verdacht kommen, betrüge-
rische Ware geliefert zu haben. Sich hiervor
zu sichern, das mußte das ernste Bestreben eines
jeden Handwerkers sein, der auf den guten Ruf
seiner Werkstatt etwas hielt. Deshalb wurde
in diesem Sinne eine Verordnung erlassen,
welche bestimmte, daß ein jeder Zinngießer-
meister ein nur ihm eigenes Meisterzeichen füh-
ren und mit demselben jede seiner Arbeiten be-
zeichnen sollte.

Jn der Verordnnng von 1609 wird zwar
dies letztere nicht geradezn ausgesprochen, scheint
mir aber aus dem Sinne des 16. Artikels her-
vorzugehen, in dem es heißt:

„Es soll auch ein jeglicher Meister der
jetzt bey Verneuerung dieser Ordnung gesessen,
so wohl die so künfftig Meister werden, und
sich in das Handwerck begeben, sein gewöhn-
lich Meisterzeichen in's Handtwercks Lade vor-
zeichen und machen lassen" L.

Wie in den übrigen sächsischen Städten
diese Verordnungen gelautet haben mögen, ver-
mag ich nicht anzugeben. Sehr viel werden sie
kaum von den Dresdnern abgewichen sein, in-
dessen völlig können sie denselben auch nicht ge-
glichen haben. Denn als sünf Jahre später
sam 2. August 1614j der Kurfürst Johann
Georg I. auf Ansuchen der in den größeren
sächsischen Städten ansässigen Zinngießermeister
zum erstenmale eine für das ganze Land gül-
tige Zinngießerordnnug erließ, wurde in der-
selben ausdrücklich betont, daß die Meister
Leipzigs im Funi desselben Jahres dem Kur-
fürsten eine Schrift übergeben und in derselben
gebeten hätten, daß in der „Zinn Proba eine
allgemeyne durchgehende gleichheitt im Chur-
fürstenthumb erhaltenn, die eingeschlichene miß-
breuche abgeschafft, der Störerey dadurch aller-
handt betrugk bißhero geursachet wordenn, ge-
wehrett" werden möchte.

Dieser landesherrlichen Verordnung gemäß
wurde das ganze Kurfürstentum Sachsen in fünf
Kreise eingeteilt und jedem derselben eine Stadt
als Mittelpunkt gegeben. Diese fünf sogenannten
Kreisstädte, Dresden, Leipzig, Wittenberg,
Schneeberg und Langensalza, erhielten beson-
dere Vorrechte, denen zufolge sie eine Art von
Gerichtsbarkeit auf die ihnen inoorporirtsn
Städte ausübten. So hatten sie auch u. a.
die Psticht, die Einhaltung der die „Zinn
Proba" betreffenden Bestimmungen in ihrem
Kreise aufs schärfste zu überwachen. Diese
letzteren selbst, die dnrch die Verordnuug vou
l614 eine bedeutende Erweiterung erfahren
haben, lasse ich hier im Wortlaut folgen:

„Erstlichen

Es soll einem jedenn Meistcr freystehen,
und derselbige macht haben Wahren von
Bergk lautter Zinn zu machenn, es sey ihme
angedinget, oder auf feylen kauff zu habenn,
Doch daß hierinne dieser vnderscheidt ge-
haltenn, soll es mit derselben Stadt Zeicheu
vnd Wappenn, beneben seinen Meisters Zei-
chen, auch noch eine sonderlichen Zeichen,
Welches mit einer Crohne, darunter 6 und
in ein ander geschrencket, welches also klar
lautter bedeutet, sonstenn soll es bey gemeiner
Reichs Proba bleybenn, Nemblich vnter
Zehenn Pfundt lauter Zienn, ein Pfund Bley
genommen werden. Jedoch soll einem Fedenn
Meister freystehen, wer es vonn ihme be-
gehret, oder haben will, vmbzugießenn halb-
 
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