Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 3.1887

DOI article:
Hofmann, Albert: Aus der Gerät-Ausstellung im Nordböhmischen Gewerbe-Museum zu Reichenberg
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4106#0203

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Von Albert Hofmcmn.

171

^enten in Silbertauschirung; ein Fakirdegen mit
silbertauschirten Blumenornamenten, ein Köcher
""s Korea mit Tnrkisen und Korallen, ein
Dscherkessengiftdolch mit durchbrochener, kan-
l'ger, im Querschnitt profilirter Klinge, ein

nrmenischer Dolch u. s. w.

Eine besonders eigenartige nnd reizvolle
Kollektion ist die der japanischen Messer, von
>sohannes Paul in Hamburg. Jn diesen an
sich unbedeutenden Metallgegenständen zeigt sich
^ie ganze hervorragende Kunst des Japaners,
sein Genie und seine unendliche Geduld. „8n
^rais Zloirs, o's8t 1s indtal" sagt Panl Manst
i'on Japan. Die Japaner bearbeiten die Me-
ialle mit einer seltenen Geschicklichkeit; die Cise-
liiren der kleinsten Gegenstände sind mit einer
Eenauigkeit, einer Feinhcit nnd nnendlicher
"iebe gemacht, wie nirgend ihres gleichen ge-
ikoffen wird.

Verfvlgt man die Mcsscr der Ausstellung
in> speziclleu, so haben die Klingen meist ge-
^llden Rücken, biswcilcn auf ihrcr Flächc eine
Dekoration von Schriftzeichen, oft anch gravirte
Dvrstellungen im Charnkter jener der Hefte.
Als besondcres Merkmal ist hier anzuführcn,
l'aß die letzteren nur einseitig dekorirt sind, die
Meite Seite völlig glatt ist oder nur den Na-
"'en des Künstlers cnthält. Das Matcrial dcs
Eriffes ist meistens Eisen, biswcilcn Kupfer,
Messing, gewöhnliche Bronze, silberhaltige
Vronze (Shibuctschi), Goldbronze (Shakudo),
seltener Holz oder Bein. Beim Dekor treten
su diesen Materialen noch Gold und Silber,
berschiedene Legierungen, sowie die verschieden-
surbigsten Bronzen hinzu. Der Gegenstand der
Darstellung ist äußerst mannigfaltig und gleich
jenem der pa/sags intiins meistens einem in-
ümen Moment der Natur entlehnt, seltener sind
sigürliche Darstellungcn. Fledcrmäuse nnter dcr
Mondsichel, in Gold, blauer Bronze nnd Sil-
üer; die Mondsichel über einer Wiese empor-
steigend, in Silber und Silbcr-Gold-Legirung;
i'ie Mondscheibe in Meereswellen untergehend,
Vrandungswellen und Strandvögel, die Ein-
iugen von Kupfer, Gold und Silber; Herbst-
blurnen ans zweifarbigem Gvlde; eine Spinne
und Libelle in Gold nnd Goldbronze; ein

kupfcrvcrgoldeter Kranich auf gravirter Fichte,
Pflaumcnblütcn in Eisen geschnitten, Knckuck im
Regen über einen mit Blumen umstandenen
Bach fliegend, gravirt, geschnitten und mit Ein-
lagen von vergoldeter Bronze und von Silber,
Flußlauf, auf welchem Päonienblätter schwim-
men, in Eisen geschnitten und tauschirt, Blumen
und Jnsekten in Gold-, Silber- nnd Bronzeein-
lage, Rabeu auf einem kahlen Baum und Sil-
berreiher im Schilf, vermittelst Einlagen aus
verschiedenem Metall dargestellt, Eisvogel eincu
Fisch fressend: das sind die höchst reizvolleu und
anziehenden Naturmotive je eines Hestes, in
einer gleich reizvollen Technik wiedergegeben.
Daneben kommen auch Genrescenen vor: Ein
Komödiant ladet einen Vornehmen (Daimio)
unter Vorzeigung einer Trommel zum Besuch
der Theatervorstellnng ein; ein Landmann
spielt die Flöte, ein Ochse und Geräte zur
Nechten, sein Sonnenhut links, oder der Glücks-
gott Hotci frent sich über die Mondscheibe, die
im Wasscr wicderspicgelt. Wieder andcre Messer
tragen Fächer, Wappen, Embleme rc.; dabei
dnrchlaufeu diese Darstellungen alle Stufen,
von der Gravirung bis zum Flach- und Hoch-
relicf. Oft ist das Heft nm Rande von einer
feincn hellen Linie umgeben, innerhalb welcher
sich die Komposition bewegt, ost aber auch sehlt
diese. Jn diesen kleinen, unscheinbaren Geräten
äußert sich oft ein feineres Teil japanischen
Kunstsinnes nnd Kunstverstäudnisses, als in
manchem großen Prachtstück. Es ist vielleicht
gerade der beschränkte, unbedeutende Raum,
welcher der künstlerischen Phantasie möglichste
Berechnung und Prägnanz vorschreibt und sie
daher zwingt, mit wenig Miüeln niöglichst viel
zu sagen. Die Messer dieser Kollektion um-
fassen einen Zeitraum vom 16. bis Anfang des
19. Jahrhnnderts.

Die Ausstellung zeigt, daß das Eßgcräte,
so unschcinbar es an sich ist, zu dcn Zeiten der
Herrschaft der Kunst und bei den Völkcrn einer
hochentwickelten Kultur immer der höchsten Kunst
teilhaftig wurde, durch welche sich auch dieses
Geräte harmonisch in den von der Kunst ge-
adclten Haushalt einfügte.
 
Annotationen