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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 3.1887

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Leisching, Eduard: Die Ausstellung kirchlicher Kunstgegenstände vom frühen Mittelalter bis zur Gegenwart im k. k. österreichischen Museum für Kunst und Industrie zu Wien, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4106#0226

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Die Ausstellung kirchlicher Kunstgegenstände im österr. Museum zu Wien.


in der Höhlung des Fußes dcn seine Jungen
cmhcmchenden Löwen, cils symbolischen Hinweis
auf die Auserstehung, und in der Cuppa diese
selbst. Die ganze Arbeit läßt auf einen Künst-
lcr von überaus feiuem Gefühl schließen, der

Fig. 3. Ciborium, Kupfer emaillirt. 14. Jahrh. —
Stift Klosterneuburg.

sich mit Glück und Meistcrschaft über alle
Schraukcn des Konventionellen hinwegzusctzen
vcrstaud. Deckel und Cuppa des Ciboriunis
dürften dem Anfauge des XIV. Jahrhunderts,
der Ständer dcr Mitte desselben augehöreu und
in Wien verfertigt sein.

Die beiden Moustranzen, welche diesen
Zeilen in Abbildungen beigegeben wurden, ge-

hören zu den schönsten Stücken dieser Art, be-
sonders was die Reinheit und Klarheit des
architektonischen Aufbaues und das freie Spiel
der Formen betrifft. Jene aus Waidhofen,
welche der Spätgotik angehört, eine Höhe von
1,025 uud eine Breite von 0,265 hat, ist aus
vergoldetem Silber und ruht auf einem sechs-
seitigen Fuße, welchem Szenen aus der Passion
eingravirt sind; die Ringe, welche man rechts
und links sieht, sind wohl viel später zu dem
Zwecke eingelassen worden, das Tragen des
über vier Kilo schweren Gerätes zu erleichtern.
Der Nodus zeigt die Form eines Kapellen-
knaufes; das viereckige, von einem reichen
Blumengewinde umrahmte, mit Edelsteiuen und
Perlen besetzte Gehäuse, in welchemzwei knieende
Engelchen die Lunula halten, trägt den sechs-
eckigen, reich durchbrochenen, dreigeschossigen
Ausbau und ist gekrönt von der mit Kreuz-
blumen geschmückten Stabpyramide; der Aufbau
enthält die Gottesmutter und den Loos llomo,
die Flügel unter Baldachinen, die Heiligen Ru-
pert, Florian, Hicronymus und eine Nonne,
sämtlich in kräftigen Farben emaillirt. Einer
Jnschrift zufolge stammt die Monstranz ans
Freising vom Jahre 1469.

Die Monstranz aus Pbbs ist nicht
minder schön und mustergültig denn jene. Sie
ist aus Silber, nur die Figureu sind vergoldet,
hat eine Höhe von 0,795, eiue Breite von
0,250 und ist ebenfalls in reicher gotischer
Architektur ausgesührt. Über dem (moder-
nen) Fuße erhebt sich der Ständer, welcher
cinen in Form eines sechseckigen Kapellenhauses
ausgeführten Nodus trägt. Der Turm ist
zweigeschossig, im unteren (offenen) Geschosse
steht Maria mit dem Kinde, das eine Taube
trägl, rechts und links von ihnen Barbara und
Katharina; die aus doppelten. durch Strebe-
bogeu verbundenen, Fialen bestehenden Flügel
enthalten die Figuren der Heiligen Stephan
und Laurentius und an den Planken unter
Baldachiueu Petrus und Paulus. Alle Pyra-
niideu sind reich mit Knorren und Kreuzblumen
geschmückt, aus jener, welche den Turm krönt,
steigt der auf das Wundenmal weisende biooo
lloino empor, was aus der Abbildung nicht er-
sichtlich wird. Diese Monstranz trägt eine
Wiener Marke und gehört dem XVI. Jahr-
hundert an. (Fortsetzung folgt.)
 
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