Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 3.1887

DOI Artikel:
Leisching, Eduard: Die Ausstellung kirchlicher Kunstgegenstände vom frühen Mittelalter bis zur Gegenwart im k. k. österreichischen Museum für Kunst und Industrie zu Wien, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4106#0249

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
212

Die Ausstelümg kirchlicher Kunstgsgenstände im österr. Museum zu Wien.

vella und Schmalzl zeigen viel künstlerische
Begabnng, obwohl sie, wie alle anderen Grö-
dener zwischen Übertreibnngen eines aufdring-
lichen Realismus und der Verschwommenheit
eines schablonenhaften Jdealismns nicht immer
die richtige Mitte einzuhalten verstehn. Vor
allem mit der Farbe, welche in Gröden mit
Rücksicht auf den Geschmack des kaufenden
Publikums eine allzugroße Rolle spielt, können
wir uns durchaus nicht befreunden. Eine gute
Figur ist der heil. Lnkas von Schmalzl, dcr
Markus von Demetz, gnt auch die Kreuzweg-
stationen von Rifesser und Moroder und einiges
andere. Jmnierhin ist es zn wünschen, daß
diese biedern Tiroler gute Geschäfte machen,
und sich hierdurch vielleicht die Mittel erwerben,
ihren Söhnen eine gründliche Ausbildung in
einer der vielen gnten Fachschulen zu geben.
Möglich auch, daß die Regierung sich anläßlich
dieser Ausstellung bewogen fühlt, die in St.
lllrich im Grödenthale früher bestandene Fach-
schule wieder zu reaktiviren. Leimer (Wien)
brachte einen schönen mit Jntarsien und reicher
Hvlzschnitzerei verzierten Hausaltar, wie einen
großen gotischen Krippenaltar, mit dessen Berg-
kreideanstrich wir nns aber doch nicht recht be-
sreunden können. Untersberger (Gmunden)
stcllte ein zierliches Tabernakel aus, welches
sich den vielen Arbeiten dieses tüchtigen Mannes
würdig anreiht; und in Kepplinger (Ottens-
heim a. D.), welcher einen spätgotischen holz-
geschnitzten Altar liefcrte, haben wir einen treff-
lichen Künstler kennen gelernt.

Nicht minder erfreulich sind die Metall-
arbeiten, welche wir in der modernen Ab-
teilung vereinigt finden. F. L. Adler, Brix
L Anders und Mayers Söhne haben sehr
anerkennenswerte Kirchengeräte: Monstranzen,
Kelche u. a. aus edlen Metallen zur Ausstellung
gebracht; ihnen schließt sich Rummel (Prag)
würdig an Samassa (Laibach) ist wie immer
durch eine reiche Sammlung von Bronzegeräten,
Lnstig dnrch seine bekannten niellirten und
mit inkrustirtem Goldmosaik versehenen Silber-

arbeiten, Professor Schwartz dnrch eine hübsche
Silberstatuette der heil. Elisabeth, Hilzer (W iener
Neustadt) dnrch Glocken nnd Geläute, Baier-
lein durch eine Chorabschlußthür aus Schmicdc-
eisen, und Toman durch ein Gitter und ein
schön gcarbeitetes Grabkreuz ans Schmiedeeiscn
wie durch Altarleuchter nnd eine Lampe aus
Messing und einen in Kupfer getriebenen Weih-
rauchkessel sehr gut vertreten.

Glasgemälde sehen wir von Karl Gey-
lings Erben, welche der Anstalt ihren wohl-
verdienten Ruf zu erhalten und zu sestigen ge-
eignet sind. Besonders das für Stift Mehrerau
in Vorarlberg ausgeführte Fenster gehört zu
dem Schönsten, was wir an moderncn Arbeiten
dieser Art kennen. Die Tiroler Glasmalerei
und Kathedralen-Glashütte (Nenhanser,
Dr. Jele L Comp.) in Jnnsbruck und Wien
gcnießt allgemeincs Ansehn, und wenn wir cr-
wähnen, daß sie mehrere große Fenster und
einige Mosaikbilder geliefert hat, so ist damit
bereits gesagt, daß die Firma wie immer aus-
gezeichnet vertrcten ist. Den Genannten schließen
sich Penner L Schürer mit verdienstlichen
Arbeiten n. m. a. an. Die österreichische Glas-
malerei ist nicht nur, sondern gilt auch für die
beste der Welt.

Schließlich sei erwähnt, daß auch Gebct-
bücher, Farbendrucke und illustrirte Publikationcn
kirchlicher Kunstdenkmäler nicht fehlen und manch
Erfreuliches bieten, wie denn überhaupt die
moderne Abteilung durch vieles, was sie zeigt,
und noch mehr durch das, was sie crwarten
läßt, durchaus keinen hoffnungslosen Eindruck
macht. Jedenfalls ist ein Anfang gemacht, dcr
Bestand festgestellt und der Boden für eine in
gesnnden Bahnen schreitende Entwickelnng nm
so mehr vorbereitet, als ja die prächtige Samm-
lung alter Vorbilder bei dem ersichtlichen Jnter-
esse, das sie in weiten Kreisen der Bevölkerung
findet, nicht ohne nachhaltige Wirkung bleiben
kann. Svmit darf das Österreichischc Muscum
auf diese Ansstellung als cine seiner bestcn
Thaten mit Stolz und Befriedigung blicken.
 
Annotationen