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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

DOI Heft:
Heft 3 (1. Novemberheft 1901)
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Schultze-Naumburg, Paul: Kulturarbeiten, [13]: Garteneingänge
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https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0115

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Es ist übcrhaupt schr schadc, daß man hcute dem Eisen als

Matcrial so unbedingt den Vorzug vor dem Holze giüt. Es ließe

sich für dic Bercchtiguug diescr Wandlung nur ein Grund bringcn und
der wäre für dic Wclt cin ticf bcschämcndcr: daß nämlich die Menschheit
heut im Gegeusatz zu früher nur uoch aus Vandalen bestünde, die alles
kurz und klein schlügcn, was nicht nict- und nagclfest ist. Jch will nicht

darübcr entscheiden, ob dcm wirklich so ist. Jch möchte nur feststellen,

daß man im s7., s8. und in dcr crsten Hälftc des s9. Jahrhunderts
die meisten Gartcnthürcn aus Holz machte, obglcich man sehr wohl
schmiedeeiserne kannte. Landstreichcr und Einbrcchcr gab's damals denn
doch wohl nicht wenigcr, als heut — aber man cmpfand das Traute,
Anmutigc und Warme wahrschcinlich stärkcr und also als eiuen grüßcren
Wert, der dicscm Matcrial des Holzes und dcn ihm eutsprechenden
Forinen innewohnt. Ucbrigens trifft cs nicht einmal ohnc weiteres zu,
daß hölzcrne Thürcn minder haltbar seien. Wir haben so unendlich
vicl Thüren, die ihre s50 Jahre alt sind, daß die Fürsorge, daß unsre
modcrnen eisernen Gartenthüren nun ja ihre 2—300 Jahre alt
würden, wirklich übertriebcn crschcint. Ganz gewiß haben die alten
Holzgartenthürcn während dieser Zeit hic und da der Reparatur bedurft,
abcr dafür war ihre Anlage auch um so viel billiger, daß man bei den
eisernen doch noch von keincr Ersparnis reden könnte.

Jch möchte nicht so mißvcrstanden werden, als hiclte ich's für
unmöglich, auch aus Eiscn schöne Gartenthüren zu gcstalten. Wir selbst
wcrden Beispiclc von solchcn aus alten fürstlichen Parks, reichc und ein-
fache, in Abbildungen bringen. Abcr man sollte deswegen doch nicht
das schönc Matcrial dcs Holzcs vcrgessen. Es licgt kcine Notwcndigkeit
dafür vor, und das Beispicl Englands und Amcrikas, dic das Holz
als Gartcncinfricdigung wicder schr ausnchmcn, wllte uns da ctwas zu
denken gcben.

Man verglciche Abb. sö und s6 cinmal nur auf das Matcrial
hin. Die crstcrc zcigt Gartcnzaun und Laube ältcrcn Tatums. Wie
freundlich ist die Anlagc trotz der wintcrlichen Stimmung. und wie an-
mutig ist ihr ciufachcs Spalierwerk! Tas andere Thor, Abb. s6, welche
Wirkung errcicht cs trotz seiuer Eisenschnörkcl? Aus der Ferne die, daß
cs gar nicht da zu scin scheint, aus dcr Nähe die dcr langwciligstcn
Dürftigkeit. Abcr nun wolle man die Aufmcrksamkcit eiumal eutschieden
auf das Material lcnken. Muß man da nicht zu dcr Meiuung konnnen,
daß zu dcn beschcidencn stillen Gärten das srcundliche Holz mit seinen
breitcn Pfosten bcsscr „stimmt", als das dünnc Eisen? Dem Material
dcs Eisens wohnt ebcn eine andere Ausdruckswcisc inne, und diese paßt
uicht übcrall hin. Es wcrdcn Bcispielc kommen, wo sic hinpaßt, wenn
auch in anderen Formcn, als in dcncn, dic sich hcute im Geschästsver-
trieb der Schlosscrmeister eingcfunden haben.

PanI Schultzc - Naumburg.

SS

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