wärm, gleich den „Bildsäulen" nach dem Denkmal-Zeremoniell a 1a mocla.
Den steinernen und erzenen Militärs und Zivilpersonen, denen sollten
wir endlich Einhalt thun. Wie viel Möglichkeiten ergäben sich allein da-
durch, daß wir zum eigentlichen Gegenstand ehrender Mäler nicht mchr
die äußerliche Erscheinung des Mannes selbst, sondern in irgend welcher
Gestaltung seinen Geistesgehalt, seine That machten? Sind unsre
großen Männer Athleten, die mit ihrem Leibe siegen? Warum muß
jedes Kaiser Wilhelm-Denkmal, ivarum muß das Wagner-Denkmal ein
„Standbild" sein, würde das Antlitz der alten Herren sich weniger einprägen,
ivenn's etwa unter einem freier konzipierten Bildnerwerk im Relief vom
Postament sähe, als wenn's da oben sern als Spatzenzuflucht dient?
Nein, wir verlören gar nichts, auch nicht am leiblichen Abbilde, wir ge-
ivönnen nur, wenn wir diese Porträt-Männer nicht ohne ausreichenden
Grund mehr hinsetzten. Es wäre ein Anfang zum Bessern, wenn auch
nicht alles Leid unsres Denkmalwesens damit behoben würde. Ein
wirklich gutes Standbild zu setzen, einen Collconi, Gattamelata, einen
großen Kurfürsten, diese Aufgabe ist natürlich zu schwer, als daß sie
häufig gelöst werden könnte. Würden wir sagen: macht ein Denkmal
Wilhelm I. oder Bismarck oder Wagner zur Ehr, cin Standbild aber
ist nicht Bedingung, macht's, wie's der Geist euch zeugt, so vergrößerten
ivir mit den Möglichkeiten überhaupt auch die Möglichkeiten abweichender,
eigcnartiger, minder langweiliger, und also besserer Lösungen unter freier
Rücksicht auf alles, was in Frage kommt, also auch auf den das fertige
Werk umgebenden Raum.
Nun aber: eine noch größere Sache wär's, wenn wir uns von
der Zwangsvorstellung befreiren, daß sich ein Denkmal jedenfalls nur
mit Modellicrholz oder Meihel errichten lasse. Wir haben schon vor
Jahren allerhand Vorschläge gcmacht, wie sich ein Denkmal oft sehr viel
zwcckmäßiger, als durch „freie Plastik" gestalten ließe, auch wenn man
im Gebicte der Augcnlust bleiben wollte: wir erinnern nicht nur an
Kandalaber und Lampen, an monumentale Feuersäulen und Wasser-
brunnen, Brückenthore und Ruhcbänke, sondern auch an Garten- und
Weganlagcn und Spielplätze, an Aussichtstürme und Nasthallen, alles
Dinge, die zugleich nützlich sind, die übergehen können in den Ge-
brauch und damit erst ins wirkliche, ins weiter wirkende Lebcn des
Volkes und die doch durch Namensgebung und wohlseil zu beschaffende
Zuthat den Charakter des Denkmals so einprägsam bekommen könnten,
wie man's nur wünschen mag.
Aber endlich, wo ist denn überhaupt ein gutes Werk, das sich nicht
auch als Denkmal eignete? Hat irgend ein Denkmal Schillers dem Namen
mehr Ehre gebracht, als die Weimarer Schillerstiftung? Welches Monument
Wagners mißt sich mit dem Festspielhause von Bayreuth? Die Stiftung
mit rechtem Zweck und wohlbedachter Gestalt ist überall die b est e Form
des Denkmals. Wäre die Hälfte der für Kaiserdenkmäler ausgegebenen
Millionen immerhin zu edcln Augen-Erinnerungcn verbraucht, die andre
Hälfte aber den Jnvaliden zu gute gekommen, hätte das gegen Wilhelm
des Ersten Sinn verstoßen und hätt' es sein Andenken weniger geehrt?
Stirbt ein großer Denker, so ehrt ihn, indcm ihr eine Summe gescheit
verbraucht zum Weiterwirken in dcr Richtung seiner Lebensarbeit!
Stirbt ein großer Künstler dcr Farbe, des Tons, so kauft die Urheber-
U Ianuarheft 1902
Den steinernen und erzenen Militärs und Zivilpersonen, denen sollten
wir endlich Einhalt thun. Wie viel Möglichkeiten ergäben sich allein da-
durch, daß wir zum eigentlichen Gegenstand ehrender Mäler nicht mchr
die äußerliche Erscheinung des Mannes selbst, sondern in irgend welcher
Gestaltung seinen Geistesgehalt, seine That machten? Sind unsre
großen Männer Athleten, die mit ihrem Leibe siegen? Warum muß
jedes Kaiser Wilhelm-Denkmal, ivarum muß das Wagner-Denkmal ein
„Standbild" sein, würde das Antlitz der alten Herren sich weniger einprägen,
ivenn's etwa unter einem freier konzipierten Bildnerwerk im Relief vom
Postament sähe, als wenn's da oben sern als Spatzenzuflucht dient?
Nein, wir verlören gar nichts, auch nicht am leiblichen Abbilde, wir ge-
ivönnen nur, wenn wir diese Porträt-Männer nicht ohne ausreichenden
Grund mehr hinsetzten. Es wäre ein Anfang zum Bessern, wenn auch
nicht alles Leid unsres Denkmalwesens damit behoben würde. Ein
wirklich gutes Standbild zu setzen, einen Collconi, Gattamelata, einen
großen Kurfürsten, diese Aufgabe ist natürlich zu schwer, als daß sie
häufig gelöst werden könnte. Würden wir sagen: macht ein Denkmal
Wilhelm I. oder Bismarck oder Wagner zur Ehr, cin Standbild aber
ist nicht Bedingung, macht's, wie's der Geist euch zeugt, so vergrößerten
ivir mit den Möglichkeiten überhaupt auch die Möglichkeiten abweichender,
eigcnartiger, minder langweiliger, und also besserer Lösungen unter freier
Rücksicht auf alles, was in Frage kommt, also auch auf den das fertige
Werk umgebenden Raum.
Nun aber: eine noch größere Sache wär's, wenn wir uns von
der Zwangsvorstellung befreiren, daß sich ein Denkmal jedenfalls nur
mit Modellicrholz oder Meihel errichten lasse. Wir haben schon vor
Jahren allerhand Vorschläge gcmacht, wie sich ein Denkmal oft sehr viel
zwcckmäßiger, als durch „freie Plastik" gestalten ließe, auch wenn man
im Gebicte der Augcnlust bleiben wollte: wir erinnern nicht nur an
Kandalaber und Lampen, an monumentale Feuersäulen und Wasser-
brunnen, Brückenthore und Ruhcbänke, sondern auch an Garten- und
Weganlagcn und Spielplätze, an Aussichtstürme und Nasthallen, alles
Dinge, die zugleich nützlich sind, die übergehen können in den Ge-
brauch und damit erst ins wirkliche, ins weiter wirkende Lebcn des
Volkes und die doch durch Namensgebung und wohlseil zu beschaffende
Zuthat den Charakter des Denkmals so einprägsam bekommen könnten,
wie man's nur wünschen mag.
Aber endlich, wo ist denn überhaupt ein gutes Werk, das sich nicht
auch als Denkmal eignete? Hat irgend ein Denkmal Schillers dem Namen
mehr Ehre gebracht, als die Weimarer Schillerstiftung? Welches Monument
Wagners mißt sich mit dem Festspielhause von Bayreuth? Die Stiftung
mit rechtem Zweck und wohlbedachter Gestalt ist überall die b est e Form
des Denkmals. Wäre die Hälfte der für Kaiserdenkmäler ausgegebenen
Millionen immerhin zu edcln Augen-Erinnerungcn verbraucht, die andre
Hälfte aber den Jnvaliden zu gute gekommen, hätte das gegen Wilhelm
des Ersten Sinn verstoßen und hätt' es sein Andenken weniger geehrt?
Stirbt ein großer Denker, so ehrt ihn, indcm ihr eine Summe gescheit
verbraucht zum Weiterwirken in dcr Richtung seiner Lebensarbeit!
Stirbt ein großer Künstler dcr Farbe, des Tons, so kauft die Urheber-
U Ianuarheft 1902