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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

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Heft 7 (1. Januarheft 1902)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0377

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Ausnahme des Müdchens, alles anders.
Aufs schmerzlichste bctroffen geht cr
wieder an die Rcgierung und hciratet
dic Prinzessin. Dieser Stoff mird in
unterhaltsamen episodischsnVorgängen
geboten, in dencn dcr Hoston mit der
seuchtfröhtichen Burschenweiso und dein '
gefühlvollen Wesen dcr crsten Liebe
so bunt und so breit nne möglich kon-
trastiert ist. Es geschieht das ohnc
Eigenart, durch romanhafte abge-
brauchte Mittcl und untcr Bcrzicht aus
jede tiefere Bcgründung des Zusammcn-
hanges. Meper-Försters Auffassung
z. V. des studentischcn Lcbcns als eines
beständigen Pokulierens und Erln-
stiercns ist „poctisch" doch nur im
schlecht angelesenen Philistergeschmack.
Die belobtc fröhlichc Ungcbundcnhci:
seines Talcntes, dic in solcher Schön-
färbcrci zum Ausdruck konnncn soll,
zeigt unsrcrMeinung nach chcr, daß ihm
das Gefühl einer hühcrcn Verantwort-
lichkcit seinem Stoffc gegcnüber fehlt;
ohne das aber ist noch kcine Dichtung
entstanden. Jm übrigen fürchte ich,
daß das trüumerische Wohlwollcn, mit
dem Publikum und Kritik das Stück
aufgenommcn, kein andrer als Meyer-
Förstcr selüst wird bezahlen müsscu,
nämlich mit scincm nüchsten Wcrke.

Das ncue Schauspiel von Felix
Philippi, „Das großc Licht", wurdc
im Schauspiclhause gegebcn. Der großc
cdle Baumeister wählt sich einen jungcn
Maler, daß er ihm helfe. Dem Maler
aber steigt'S in die Krone, er hült als-
bald fich für das große, den Meistcr
sür das kleinc Licht, malt diese Ge-
sinnung sognr schnöde an die Münster-
wand und benimmt sich überhaupt als
ein rechtcr Neidhammel stets so un-
passend wic möglich. Bermahnt und
dann heftig zur Rede gcstellt, vcrliert
cr dcn Vcrstand, findet ihn abcr nach
wenig Stundcn wiedcr, um vor dem
Meister alles, alleS zu bereuen. Da
er diescm aber just aus dem Gipfel
deS Nuhmcs, in dcr 5tuppel dcs Domcs,
und in der unzwcideutigcn Gescllschaft

des Mädchens begegnen muß, das cr,
der Maler, liebt, verliert er bcgreif-
licherweise gleich wieder den Verstand
und stürzt sich dann leidcr sofort vom
Turm herab. Um das Grnusige des
Sprunges zu mildern, wird er in seier-
licherBegleirung von Gloccenton, Orgel-
klang und Halleluja ausgeführt.

Dic erschütternde Wirkung dicses
brillantcn Thcaterstückes wird durch
die großartigsten Unterrcdungen über
frcie, wahre und falsche Kunst erst „voll
und ganz." Dis crstaunliche Sicherheit
dcs Vcrfasscrs in dcr gcschickten An-
wcndung unsercr fchönen dcutschcn
Zeitungssprache vcrläßt ihn sclbst in
dcn schwierigstcn und packcndstcn
Kraftszcncn nicht. Wissen Sie — fragt
den Rivalen aufs Ticfstc cmpört „dcr
Mcister" — „wissen Sie, was Sie
sind? — — — Sie sind dcr größte
Jrrtum meines LcbcnS." Und ein
andermal hcißt eS nur zu wahr: „der
Hcld, den das Publikum erst crnst
nahm, cntpuppte sich als ein ganz
crbärmlichcr Possenreißer." Man küme
in Versuchung, diesen Satz auf Philippi
selbst anzuwenden, wenn das an-
dauernd dankbare Derhalten seincs
Publikums dem nicht entgegen wäre;
und schlicßlich sind ja auch Possenrcißer,
ob heldisch oder lustig, an ihrem Ort
ganz nützliche Leute. Auf unsrer vor-
nehmsten Schaubühne sollte freilich
kein Raum für sie scin, und wenn er
sich noch so gut bczahlt machte.

Wolzogcn hat sein „Buntes
Thcater" ncu in einem Hause auf-
gethan, das von C. Kortüm und
August Endell erbaut wurde. Da
es, wie leider fast alle privaten Theater
Berlins, cin „Hof'-Theater ist, mußte
die Außcnarchitcktur aufs Einfachste
beschränkt bleiben. llmsomchr Sorg>
falt ward aufs Jnnere verwendet, und
so hat denn Berlin znm erstcn Male
wieder seit Schinkels Schauspielhaus
einen Theaterraum cigcnen Stiles.
Trotz ungünstiger Platzbedingungcn —
der Zuschauerraum ist rechteckig breit
I. Ianuarheft ^902

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