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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

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Heft 10 (2. Februarheft 1902)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0542

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Die beiden Fugen des alten Czernohorskti nach den angegebenen Ge-
sichtspunkten zu betrachtcn, mag unscrn musikalischen Lesern eine unterhaltsame
Beschäftigung sein. Die erste Fuge mird hier zum überhaupt erstcn Male ver-
öffentlicht. Der zroeite Teil des Themas fällt durch eine gcwissc Aehnlichkeit
mit einem Motive Mimes im Wagnerschen „Siegfried" auf. Mit dem zehnten
Takt beginnt die Durchführung, neun Takte vor denr Ende der Schlußteil.

Charakteristisch für diese Fuge >ist der häufige Gebrauch, der von der Um-
kchrung des Themas gemacht ivird, und das Fehlen der Engführungen. Die
ziveitc Fugc schließt die Exposition mit dem fünfzehnten Takte ab und lenkt nach
dem Modulationssatz über einem Orgelpunkt auf der Tonika, lZ Taktc vor
Schluß, ivieder in die Haupttonart ein. Sehr merkivürdig ist auch die Coda.
Die Eckstimmen halten den Grundton aus, ivährend der Alt den Gegensatz und
der Tcnor den Gefährten iviederholt. Diejenigen, dic dem polyphonen Spielc
abhold sind/mögen sich an die beiden Stücke von Tuma halten, deren erstes,
das mie ein Vorklang Haydns anmutet, hier gleichfalls zum ersten Male aus
der Handschrift gedruckt erscheint. Zu dem Ganzen vergleiche man den Artikel
über die altböhmischen Meister in diesem Hefte.

Von unsern Bilderbeilagen gibt die eine, dem Heft vorgesetzt, ein
Bildnis von Wilhelm Hertz, dessen Andenken dieses Heft gleichsam gewidmct
ist. Das ziveite, das Doppelblatt, zcigt unsern Lesern eine der „Pcrlcn dcs
Louvre", Rembrandts „Gelehrten". Jn einem ehrwürdig alten Bau,
vielleicht in einem ehemaligen Kloster, sitzt, roo die Wendeltreppe am Endc
eines langen Ganges zu den oberen Zellen führt, vor seinem Folianten oin alter
Mann in Gelehrtcntracht. Uebcr dem Lescn ist's Abend gemorden, so schräg schon
dringt die Sonne ins Gemach, daßsie mit goldnen Sohlen die Stufen gegenüber
vom Fcnster leise wieder hinansteigt und sich mit hundert Reflexen gleichsam um-
sieht zwischen all den Flächen, Kanten und Ecken. Da stützt der Alte das Kinn
in die Hand, senkt das Ange und sinnt dem Gelesenen nach. Er achtet nicht
auf das Licht- und Schattenweben rings, nur wir empfinden die ganze
malerische Pocsie dieses Abendfricdens im Denkcrstübchen. Wer das Blatt
gerne ungebrochen besitzen und ctwa cinrahmen möchte, dem wird scin Er-
scheinen in der sechsten Folgc dcr „Meisterbildcr" willkommen scin, die wir
jetzt vorbcreiten.

Tendenz in dcr Kunst. Von A. Bonus. — Wilhelm Hertz. Von
Bartels. — Die Musikgeschichte und Lamprechts Geschichts-
theorie. Von Gcorg Göhler. — Gurlitts Kunstgeschichte. Von Paul Schumann.
— Sprechsaal: Dcr Türmer und wir. — Losc Blätter: Dichtungcn von Wilhclm
Hcrtz. — Rundschau. — Notenbeilagcn: B. Czernohorsky, zwei Fugen; Franz
Tuma, Mittclsatz aus Sinfonie a guatro L-moll; Menuett. — Bilderbeilagen
Bildnis von Wilhelm Hertz; Rembrandt, Der Gclehrte.

Vcranllvortl.: der Herausgeber Ferd.Avenarrusin Drcsden-Blasewitz. Mitrcdaktcure: für Musik
I)r. Richard Batka in Prag-Weinberge, für bildendc Kunst: Paul S chul Ye-N auinburg
in Bcrlin. — Scndungen für den Text an dcn Herausgebcr, übcr Musik nn Dr. Batka.

Druck und Vcrlag bon Gcorg D- W. Callwcy iu München.

Bestellungen, Anzcigen und Gcldscndungcn an dcn Verlag Gcorg D. W. Callwcy in Münchcn.
 
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