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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,1.1901-1902

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Heft 11 (1. Märheft 1902)
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Kampffmeyer, Hans: Wieder einmal: unsere Hausgärten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7613#0565

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Raum für einen Kinderturnplatz, für die Teppichklopfstange und für
die Müllkästen.

Einzelne Gärtner weisen derartige Aufträge zurück, die grohe
Menge „macht das Geschäft." Jhr künstlerischer Ehrgeiz ist befriedigt,
wenn das Machwerk dem Besitzer gefällt. Soll es also mit unsern
Gärten anders werden, so genügt es nicht, die Gartenarchitekten besser
auszubilden. Vor allem muß der Gartenfreund dcn Garten wieder als
Kunstwerk ausfassen lernen, muß zu deu wichtigeren üsthetischen Fragen
selber Stellung nehmen. Noch immer streitet man darüber, ob der
„regelmüßige" oder der natürliche Gartenstil vorzuziehen sei. Ein recht
zweckloser Streit. Denn da zwei ästhetische Werte nur bei innerer
Harmonie dauernd nebcneinander wirken künnen, so muß man aus Haus
und Garten doch wohl ein einheitliches Ganzes zu schasfen suchen. So-
weit also das Gebäude den Garten bcherrscht, wird in ihm der Charakter
der Architektur wiederklingen. Erst weiterhin darf er etwas Selb-
ständiges bedeutcn wollen. Das wußten die alten Renaissancemeister.
Raffael schuf zur Villa Madama auch den Garten. Erst im s8. Jahr-
hundert begann der neu entstandene natürliche Gartenstil von Architektur
und Skulptur zu aller Schaden sich loszulöscn. Jetzt ist er glücklich nicht
nur aus dem Zusammenhang, sondern sogar aus der Fühlung mit den
Gebäuden gekommen. Und so ward es müglich, daß vor dem monu-
mentalen gotischen Rathause iu Wien eine „natürliche" Anlage ihre ver-
bogenen Wege zwischen Pflanzungen hinschlüngeln kann, die darauf
berechnet schcinen, das Gebäude nach Möglichkeit zu verklcinern und zu
verstecken. Der Garten will auch da etwas für sich bedeuten, wo es
sein Stolz sein sollte, eine grohe, künstlerische Wirkung unterstützen zu
dürfen. Das Hansgärtchen begnügt sich nicht damit, die im Freien cr-
weiterte Wohnung zu sein, sondern münscht eine freie Landschaft
darzustellen.

Wir wollen nicht etwa das Kopiercn der Renaissancegärten bcfür-
worten. Doch meinen wir, daß scit dcm Entscheidungskampf zwischen dcm
regelmäßigcn und natürlichen Gartenstil Zeit genug verstrichen ist, um
Leiden unparteiisch gerecht werden zu können. Wir sollten endlich soiveit
sein, uns im Park an der lebendigen Wegführung, an den großgcdachten
Landschaftsbildern zn erfreuen und doch für den bescheidenen, architektur-
beherrschten Hausgarten einc übcrsichtlich regelmäßige Einteilung
vorziehen.

Auf die Stillosigkcit der Gartcnzüunc, der Lauben und Pavillons
hat der „Kunstwart" schon oft hingewiescn, erst kürzlich noch durch Schultze-
Naumburg, der ja auch die übrigen „Gartenfragen" mit Wort und Bild
noch erörtern wird. Auch diese Gartengebäude werden natürlich mit dem
Wohnhaus zusammenstimmen müssen. Ein affektiert „natürliches" Borken-
häuschen angesichts einer stattlichen Rcnaissancevilla ist ein Unding, von
künstlichen Ruinen, Pagoden und anderen Spielereien ganz zu schweigen.

Leider fehlt der Schmuck der Skulptur den Gärtcn mit verschivin-
denden Ausnahmen. Allenfalls finden wir die „natürlich bcmalten"
Rehe, Gnomen, Dackel und andern Fabrikschund schlimmster Mache, über
dcssen Beliebtheit und sogar Prämiicrung auf großcn Ausstcllungen der
„Knnstwart" ja auch wiederholt gespottet hat. Da in unscrm Klima Stein-
skulpturen sehr leiden, so wünschtcn wir uns cinc künstlcrische Wiedcr-
Kunstwart
 
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