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Kunstwart und Kulturwart — 37,1.1923-1924

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Heft 1 (Oktoberheft 1923)
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Gedichte von Ferdinand Avenarius
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https://doi.org/10.11588/diglit.14439#0035

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Gepflügt?

Herr, in den öden knien wir alls,

Ieder auf seinem Menschenpfad:

Zeige uns, die du einwirfft,

Daß wir sis pflegen können,

Zeige uns deins Saat. Herbst 1922

Die alte Kirche

Nun kränzt dich wieder roter tzerbft
Mit seinen sanften Flammen,

Bald bist dn ein Iahrtausend alt
And hältst noch fest zusammen.

Die Bilder an den Wänden sind
Zerblättert und verblichen,

Doch von dem Gsist, der in dir wohnt,

Kein Atem ist gewichen.

Bald tausend Iahre betten sie
Rings um dich her die Toten,

Geschlecht sinkt auf Geschlecht hinab,

Das dir den Gruß geboten.

Mit allem, was an Erdgeschick
Ein jegliches erlebte,

Im Grund gelöst, so nahm es auf,

Was nach ihm Niederschwebte.

Und wob mit ihm zusammen fort
Am stillen Blumenträumen
Und fing ein neues Heben an
Aus seinen dunkeln Räumen.

Sah wiederum im Gold und Blau

Die alte Sonne schweben

Rnd kränzte dich, du heiliger Bau,

Vom Tode her mit Leben. Oktober 1922

Blaue Stunde

Das blaue Schweigen webt nun ob den Dingen
Die Ruhe, drin die stummen Stimmen singen,

Und wie es schwebt in seinen weiten Ringen,

Nicht hörst Du, was Du siehst: aus Allem dringen
Die Tiefen auf, die Gründe aus den Fluten,
Darin verborgen sie am Tage ruhten,

Die Gründe, draus des Lebens Quellen bluten
Das Nährende ins wechselnde Vollbringen,

Das Schafsende zum endlichen Gelingen.

Das reiche Schweigen webt nun mit den Dingen
Die Stunde, da die stummen Stimmen singen . . .
 
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