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Kunstwart und Kulturwart — 37,1.1923-1924

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Heft 2 (Novemberheft 1923)
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Unsre Losen Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.14439#0087

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Ansre Losen Blätter

(^Xrei Sonette von Elizabeth Barrett-Browning drucken wir in
^oiesem Heft ab. Den englischen Text und dazu die deutschen Umdichtungen
von tzans Böhm. Wir nehmen sie aus der Kunstwart-Bücherei, unserm
jüngsten Ilnternehmen, von dem zu Beginn dieses Heftes berichtet wird. Das
Vändchen, dem sie entstammen, bringt alle Sonette englisch und deutsch. Der
englische Text ist beigegeben, weil er für Deutsche ansonsten nicht leicht zu haben
ist, und !um zu zeigen, warum die Sonettform nicht übernommen ist. Böhm
bemerkt, daß El. B.-Bx. selber schon dnrch über die Zeilen nnd Strophen
flutende Sätze den eigentlichen, früheren Sinn der Sonettform preisgegeben hat.
Ihr „kommt es auf den nackten Gedanken an: ihn hat sie so knapp geprägt, so
zäh verknotet, daß kaum je ein Wort fehlen oder anders lauten könnte". Es
ist „eine bare Unmöglichkeit, diesen, genau bsstimmten, Inhalt in die fünf
Reime des Sonetts einznschließen; und wegen solcher Raum-- nnd Reimnot Zu
ändern" . . ., ist Anmaßung und Frevel. „Ich glaube die Form, die eine
poetische Atmosphäre bewahrt, ohne dem Inhalt Gewalt zu tun, im Blankvers
gefunden zu haben: er hat die gleiche Silbenzahl, also sozusagen den gleichen
Atem wie die Sonett-Zeile und gibt der Periode schmiegsam nach ..." —
Diese vollgültige Rechtfertigung seines übersetzerischen Anternehmens steht (etwas
breiter) in Böhms Vorwort zu den Sonetten, einer tiefeindringlichen und fein-
sinnigen Würdigung nnd Lebensbeschreibung der Dichterin.

Hl'rnold Alitz' Gedichtband „Der Arme und das Abentener" (erschienen
^bei Langen, München, (23 S.) ist nicht ganz neu; doch scheinen nns
diese Gedichte noch im geringsten nicht vergangen, und bei weitem nicht
genügend beachtet. Verspätet, nachdem wir auf Alitz' neuere Prosawerke schon
eingegangen waren, sind sie uns zur Hand gekommen — nnd wir möchten ihnen
gern Freunde werben. Hier ist jene echte gedichtbildnerische Sprachkraft, welche
das Wort und die Anschauung gleich sicher beherrscht; welche Gewalt steckt nicht
in Wendungen wie: „Sie branden an meinen Leib: zwölfhundert Meilen Erde"
oder: „Volk spült dahin" . . . And wie oft stehen da, neben den heute gebräuch-
lichen stockenden, in denen Vorsicht alles Klappernde um der Sinnreinheit willen
meidet, zwingende große und beflügelte kleine Rhhthmen, die eine ganz erfüllte,
restlos herrschende Stimmung festhalten. An Gehalten überreich ist das Buch!
ein Mensch gibt sich kund, der zuweilen schwach scheint, wenn er ganz versinkt
und erstickt im Erlebnis fremden Volks, abseitiger Kreise, im großen Osten, in
Brunst, in Demut oder Sehnsucht. And der doch tausendmal echter erlebt, hun-
dertmal tiefer blickt und reiner überwindet als die kecken und stolzen Drübersteher
und Klugformer, welche in hochbewußten Gedichten ihre lehrhafte Aberlegenheit
zum besten geben. Ein Anßerliches sei noch gesagt: Alitz' Kriegsgedichte, die in
dem Band enthalten sind, gehören zu den wenigen bleibenden dieser Gattung,
die wir heute noch oder schon wieder lesen können und sollen, aus urschlichter,
reinstmenschlicher Erlebnisinnigkeit geboren.

Derantwortlich: Wo!sgang Schuinann, Dresdcn-Blascwitz Mitleiter: vr. E K.Fikcher. Inösterretch
verantwortlich: tzofrat Or. Karl Giannoni, Mödling bei Wien, Dominikanergasse N. Kendungcn
für dsn Text ohne Angabe eines Personennamens an die .Kunstwart-Leitung' in Dresdsn,
Blasewttz — Manuskripte nur nach vorherigerDereinbarung, widrigensallS keine Derant»
wortung übernommen werden kann — Derlag von Georg D. W. Lallwey, Druck von Kastner t Lallwey
Buchdruckerei in München — Leschäftsstelle für Berlin: Georg Stemens, V »7, Kurfürstenstratze 8
 
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