Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstwart und Kulturwart — 37,1.1923-1924

DOI Heft:
Heft 2 (Novemberheft 1923)
DOI Artikel:
Bonus, Arthur: Vom heiligen Tanz
DOI Artikel:
Fischer, Eugen Kurt: Zur neuen Lyrik: Dem Gedächtnis Georg Heyms und Georg Trakls
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14439#0061

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Außersichgeraten und in eine andere Welt Eintauchen nötig erachtetsn.
Und so mochten das Selbstvergessen der Lkstase und der es herbeiführende
Tanz schließlich anch znr Kraftqnelle werden.

Das Leben wird überall aus Tiefen heraus gelebt, in welche keine
Rationalitäten eindringen. Den Zwiespalt zwischen einer inneren Welt
von selbst sich vollziehenden Schicksals und der Oberflächenwelt des bewuß--
ten menschlichen Tuns hat der Mensch seit je gefühlt. Man könnte ganz
wohl Religion beschreiben als die Art, wie der Mensch sein Oberflächen--
tum mit den Befehlen dieser inneren Welt in eins setzt, wie er das Von--
selbstgeschehen in das Tagesleben heraufholt.

Denn so einfach, wie es im Gleichnis vom Tanz für uns tzeutige heraus-
kommt, ist das Leben ja nun nicht. Feigheit, Bequemlichkeit, Ehrgeiz, Ge--
fallsucht bieten ihr Treiben zu leicht als vonselbstfließendes Leben an. Die
Selbstbezwingung, die da not tut, verbildlichte sich den Alten in jenen
Mitteln und Äbungen, die besonders in Indien zu grausamer Vollendung
ausgebildet wurden. Ilnsre Äbersetzer geben ihre zusammenfasfende Be--
zeichnung gewöhnlich mit dem deutschen Wort „Buße" wieder, aber sie
hatten sämtlich weniger mit Abbüßung begangener Sünden zu tun, als
mit Vorbereitung zur Ekstase, zur Begegnung mit der anderen Welt. Diese
so geschafsene Begegnung goß dann ihrerseits Kräfte ins Alltagsleben
zurück. Für uns: Selbstbezwingung und Selbstzucht für eine Begegnung,
welche erlösende Kraft für das Leben gibt.

Diese letzte Wendung ist den späteren Indern mehr und mehr ver--
loren gegangen. Die alten kannten sie noch: „Denn vielbegehrte Macht
ist dein, der du dir Heldenkraft ertanzest, Ewiger!" redet ein altes Vedälied
Indra im Ringe seiner Helden, der Sturmgötter, an.

Seit Nietzsches verschiedenen Begeisterungen für den Tanz als Sinn--
bild leicht fließendsn Lebens hat unsre Zeit sich diesem Rest allerursprüng-
lichster Außerung erhöhten Lebens immer freundlicher zugewendet. Es
kommt viel darauf an, mit welcher Einstellung. Und da bot sich mir die
unsres Redners, wie aus der Seele der Entwicklung des Tanzes stammend,
als eine besonders gesunde dar: der Tanz als Bild und Tatgleichnis einer
eigentümlichen und erstrebenswerten, ja lösenden Verbindung von Frei-
heit und Notwendigkeit.

Bischofstein A. Bonus

Zur neuen Lyrik.

Dem GedLchtnis Georg Heyrns nnd Georg Trakls.

^^n der Malerei haben sich zwei Erscheinungsformen der nachimpressio-
^^nistischen Kunst durchgesetzt: die chaotische, ekstatisches Erleben, Ge-
fühlsrausch spiegelnde und die nach Klarheit strebende, die das Ge-
setz der Dinge, nicht den unkontrollierbaren Reichtum ihrer Lebendigkeit
geben will. Typisch deutsch in ihrer „gotischen" Verworrenheit und Dun-
kelheit schien die Gefühlskunst, wesentlich französisch die nur in Paris
richtig begriffene, im Kubismus sich auswirkende Verstandeskunst. Das
Erstrsbenswerte, die Verschmelzung der reinen Form, die immer Aus-
druck erkannter Gesetzmäßigkeit ist, mit der Fülle des Erlebens zum Kunst-
werk gelang nur Wenigen, am vollkommensten den beiden Malern, die
schon Fritz Burger als Schöpfer des wahren Expressionismus erkannte:
Cs zanne und tzodler.

^6
 
Annotationen