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Mau, August
Geschichte der decorativen Wandmalerei in Pompeji: [Text] — Berlin, 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.3493#0134

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122 Erster Abschnitt.

wussten sie mit künstlerischem Sinn, ohne Pedanterie, leicht und
spielend zu behandeln. Wenn sie je deutlich durchgeführt war,
so hat doch der lebhafte griechische Geist in nicht allzu langer
Zeit sie so umzubilden verstanden, dass sie fast unkenntlich, nur
noch als Grundmotiv durch das Decorationssystem hindurchgeht.

Um richtig zu urtheilen müssen wir uns noch vergegen-
wärtigen, was oben bei Gelegenheit der casa del Fauno über
das Verhältniss der herrlichen, dort gefundenen Mosaiken zur
Decoration ersten Stils gesagt worden ist. Die genaue Unter-
suchung des Thatbestandes ergab, dass in dem genannten Hause
die Mosaikfussböden gleichzeitig mit der imitirten Marmordeco-
ration angebracht wurden. Und dies muss uns um so logischer,
um so verständlicher erscheinen, wenn wir annehmen, dass vor
dem Ueblichwerden dieser Decoration man die Wände mit grossen
figürlichen Compositionen zu bedecken pflegte: für das, was von
den Wänden verdrängt war, entschädigte man sich, wenigstens
in den bevorzugten Eäumen, auf dem Fussboden. Und eben in
Anbetracht der inneren Wahrscheinlichkeit werden wir annehmen
dürfen, dass dieser in dem grössten und glänzendsten der beiden
Häuser ersten Stils erhaltene Fussbodenschmuck ein wesentlicher
Bestandteil des Decorationssystems, eine als nothwendig aner-
kannte Ergänzung der Marmorincrustation, auch der wirklichen,
und als solche in den Palästen der hellenistischen Länder des
dritten und zweiten Jahrhunderts allgemein üblich war.

Es wird durch diese Beobachtung die Vorstellung widerlegt,
welche sich leicht aus der blossen Betrachtung der Wände erge-
ben könnte, als habe die spätoskische Zeit, die Zeit des ersten
Decorationsstils, an Kunstsinn, an Interesse für bildliche Dar-
stellungen tiefer gestanden als die römische Zeit, die uns ja
bekanntlich auf den Wänden viele und zum Theil werthvolle
Gemälde überliefert hat. Im Gegentheil, wenn auch diese erste
Periode den nicht zu billigenden Geschmack hatte, die Meister-
werke der Malerei lieber auf dem Boden mit Füssen zu treten,
als an den Wänden zu bewundern, so muss andererseits an-
erkannt werden, dass sie Darstellungen reproducirte, welche
allem, was die Decorationskunst der späteren Zeit uns erhalten
hat, unendlich überlegen sind. Denn wo finden wir auf pom-
pejanischen Wänden eine grosse historische Darstellung wie die
 
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