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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 27.1984

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Nr. 1
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Buchbesprechungen
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[Rezension von: Walter Zürcher, Demosthenes, Rede für Ktesiphon über den Kranz]
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[Rezension von: Oswyn Murray, Das frühe Griechenland]
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https://doi.org/10.11588/diglit.33084#0025

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Walter Zürcher: Demosthenes, Rede für Ktesiphon über den Kranz. Wissenschaftliche
Buchgesellschaft Darmstadt, Texte zur Forschung Bd. 40, Griechisch und Deutsch, 1983,
XV, 201 S., kart., 67.- (DM 39.50).
D. gehört zu den schweren griechischen Prosaikern; bei den heutigen Stundentafeln ist für
ihn in der Kursoberstufe nur noch in Ausnahmefallen Platz. Denkt man an das Erschei-
nungsjahr der Übersetzung von Fr. Jacobs, der Textausgabe und Kommentare von Reh-
dantz/B lass/Ruhr und der Standardwerke von A. Schaefer und W. Jaeger, so bleibt nur der
Schluß, daß es auch in der Forschung lange Zeit um D. still gewesen ist. Erst 1976 ist der
monumentale Kommentar zur demosthenischen Kranzrede von Hermann Wankel (Winter,
Heidelberg) erschienen, der erschöpfend über alle Bereiche der Forschung Auskunft gibt.
Walter Zürcher liefert mit seiner zweisprachigen Ausgabe dazu eine gelungene Ergänzung:
einen zuverlässigen, in knappen Anmerkungen (textkritisch und sachlich) erläuterten Text
und eine Übersetzung, die gut lesbar ist und i.a. den Satzaufbau des D., seine Intention
und Wortgewalt getreu wiedergibt. Welche Schwierigkeiten der Übersetzer meistern muß,
wird deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, daß D. für Hörer, nicht für Leser formuliert,
daß Gliederung und Rhythmus seines Satzes vollkommen sind, daß die Wirkung von den
Kola und Klauseln abhängt und in den verschiedenen Teilen der Rede unterschiedlich
gehandhabt wird. Wer sich über den ppxopcov aywv, der etwa August 330 athenische und helle-
nische Patrioten, Schau- und Hörlustige angezogen hat, informieren will, sollte zu dieser
Übersetzung greifen: er wird dann vielleicht verstehen, warum D.’s fähigster Gegner,
Aischines, der die bürgerliche Vernichtung des Timarchos, die Aufrechterhaltung des
Friedens von 346 und die Erregung des Heiligen Krieges gegen die Lokrer als Erfolge
zu verbuchen hatte und dessen Rede „Gegen Ktesiphon“ erhalten ist, nicht einmal ein
Fünftel der Geschworenenstimmen erhalten hat und Athen verlassen mußte.
Anhang: Disposition der Kranzrede; Indices; Literaturverzeichnis; die zwei Hypotheseis
(griech.); zu Aischines’ Rede gegen Ktesiphon; Zeittafel (386-330). Die in den Handschrif-
ten eingelegten apokryphen Urkunden sind als Teil der handschriftlichen Überlieferung
im Text beibehalten; von der Übersetzung aber sind sie ausgeschlossen (vgl. Vorwort).

Oswyin Murray: Das frühe Griechenland, dtv Geschichte der Antike. 411 S. DM 19.80.
Wer nicht in erster Linie ein Zahlengerüst mit Handbuchcharakter erwartet, sondern auf
eine hervorragend gegliederte und vorzüglich lesbare Geschichte der Zeit zwischen dem
Ende der mykenischen Welt und den Perserkriegen 480/79 v. Chr. Wert legt, sollte zu die-
sem Band greifen. Durch die Zeugnisse der Literatur, Archäologie und Kunst macht der
Kulturhistoriker M. die geometrische (homerische), orientalisierende und archaische
Periode, den allmählichen Wandel einer einfachen Bauemgesellschaft zu einer hochent-
wickelten Kultur, ihre Einbettung in die Mittelmeerkulturen und ihre Expansion/Koloni-
sation anschaulich. Dazu trägt nicht unwesentlich die gelungene Übersetzung von Kai Bro-
dersen bei, der auch die Quellenübersicht und die Literaturhinweise auf den neuesten
Stand gebracht und den Erwartungen deutscher Leser angepaßt hat. Welchen Gewinn die-
ses Buch darstellt, wird z.B. beim Vergleich mit den „Forschungen zur altgriechischen
Gesellschaft“ des Marxisten George Thomson (im Literaturverzeichnis leider nicht
erwähnt) deutlich; es sollte im altsprachlichen und Geschichtsunterricht seinen festen
Platz bekommen.
Kurz vor Drucklegung dieses Heftes erschien mit gleicher Ausstattung und Zielsetzung als
zweiter Band der Reihe: John K. Davies: Das klassische Griechenland und die Demokratie.
Aus dem Englischen von Andrea Wörle, 300 S. DM 16.80. Wolfgang Königer, Berlin

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