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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 27.1984

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Nr. 3
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Buchbesprechungen
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Wojaczek, Günter: [Rezension von: Iamblichos, Protreptikos. Mahnruf zur Philosophie. Erste deutsche Gesamtübersetzung von Otto Schönberger. Beigegeben eine zweisprachige Ausgabe des "Hortensius" von Cicero]
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https://doi.org/10.11588/diglit.33084#0081

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Iamblichos. Protreptikos. Mahnruf zur Philosophie. Erste deutsche Gesamtübersetzung von
Otto Schönberger. Beigegeben eine zweisprachige Ausgabe des „Hortensius“ von Cicero.
Würzburg (Königshausen und Neumann) 1984. 110 S. DM 18,-
Zum ersten Mal wird hier eine deutsche Gesamtübersetzung des Protreptikos des Iambli-
chos geboten. Sie soll es dem Leser ermöglichen, den ganzen und vollen „Kurs“ der inne-
ren Wendung und Bekehrung mitzuerleben, die Iamblichos als Pythagoreer seinem Adep-
ten ermöglichen will. Es gab bisher Übersetzungen von Teilen des Werkes, so besonders
die Rekonstruktion des aristotelischen Protreptikos durch I. Düring (Frankfurt 1969) mit
ausgezeichnetem Kommentar), ebenso Übersetzungen der platonischen Bestandteile und
des sog. Anonymus Iamblichi, doch war bei allen diesen Arbeiten das Hauptaugenmerk
auf die jeweilige „Quelle“ gerichtet und nicht so sehr auf das Werk des Iamblichos selbst.
Den Blick auf das Gesamtwerk aber als ein Gebilde eigenen Rechtes möchte die neue
Übersetzung ermöglichen. Die Reste des ciceronischen „Hortensius“ sind zweisprachig
beigegeben, um eine gewisse Einordnung in das Genos der Mahnschrift zu ermöglichen.
Man sagt, Bücher hätten ihre Schicksale, und denkt dabei an die gedruckten und ver-
kauften Exemplare. Dieses Buch hatte jedoch schon vor dem Druck sein Schicksal.
Ursprünglich sollten die Einleitung und die Anmerkungen von Prof. H. Dörrie erstellt
werden. Leider jedoch starb H. Dörrie gerade zu dem Zeitpunkt, als er begann, Hand an
die Niederschriften zu legen. Wenigstens geben zwei Stellen aus seinen Briefen an den
Übersetzer die Grundzüge seines Ansatzes wieder; sie sollen hier der Vergessenheit
entrissen werden. Dörrie schrieb (19. 4. 1982): „In der Einführung soll dargestellt werden,
warum Philosophie (im antiken Verständnis) Mahnreden, oder wie wir sagen würden,
Werbekampagnen nötig hatte, und wie daraus eine ganze Literaturgattung erwuchs. Denn
wir waren uns ja einig, das Werk des Iamblich als die Quintessenz dessen vorzustellen, was
auf diesem Gebiet geleistet wurde; vor allem sollte auf die Fäden hingewiesen werden, die
Iamblichs Werk mit dem Protreptikos des Aristoteles verbinden. Und es sollte zum Aus-
druck kommen, welchen Platz Cicero in diesem Zusammemhang einnimmt. Endlich muß
gesagt werden, welches Verdienst Iamblich zukommt: Die pythagoreische Einfärbung des
Ganzen - mit dem Paradox, daß Philosophie, so wie Pythagoreer sie verstanden, es im
Grunde gar nicht zuließ, daß man für sie würbe: Ein 18-jähriges Noviziat zu fordern ist ja
nicht eben werbewirksam.“
Dörrie hatte auch vor, sich intensiv mit dem Rekonstruktionsverfahren von I. Düring
auseinanderzusetzen. Er wollte gegenüber dem „Aristotelischen“, das Düring herausarbei-
tete, das „Iamblichische“ zur Geltung zu bringen. „Iamblich war nicht so arm an Geist“,
schreibt Dörrie (Brief vom 14. 5. 1982), „daß er es nötig gehabt hätte, über Seiten
hinweg Aristoteles zu zitieren: Wenn man Düring folgt, dann bleibt vom Iamblich fast
nichts mehr übrig; vor allem bleibt dann nichts von der pythagoreischen Patina, mit der
Iamblich sein Werk gefärbt hat. Kurz, das was wir gemeinsam vorbereiten, wird nun zu
einer Art Richtigstellung. Nun muß ... das Besondere an Iamblich herausgestellt werden.
Und es muß klar gesagt werden, daß wir im Einzelnen niemals den Beweis führen können,
ein bestimmter Satz sei so und nicht anders von Aristoteles formuliert worden. Ob Iam-
blich gerafft hat, ob er den ihm vorliegenden Text stilistisch umgestaltet hat - wir wissen es
nicht.“
Vielleicht gibt die neue Gesamtübersetzung Anlaß, nun einmal Iamblichos als Psycho-
logen der Bekehrung zu erforschen, seine psychagogische „Technik“ zu untersuchen. Iam-
blichos ist freilich kein strenger Wissenschaftler im platonischen Sinne, kein logisches
Talent oder ein Genie der Metaphysik. Er nähert sich dem Absoluten anders als andere. Er
erforscht viel eher die Tiefen der Seele, die dem Anruf des Absoluten geöffnet werden sol-

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