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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 36.1993

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Nr. 2
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[Rezension von: Josef Lindauer u. Helmut Vester, Lateinische Grammatik. Wort, Satz, Text]
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https://doi.org/10.11588/diglit.35882#0078

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sondern ihre Darstellung insgesamt dem Kapitel ,,Bedeutungen der Gliedsätze" überläßt.
Subjunktionen haben, für sich genommen, ja häufig nur eine sehr undeutliche und allgemeine
Bedeutung. Welche Bedeutung die Gliedsätze haben, wird vielfach erst durch die Kombination
einer Subjunktion mit Tempus und Modus des Prädikats (ja sogar mit den Aussagen der Sätze)
festgelegt - insofern ist es sinnvoll, daß Vester den Abschnitt,,Semantik der Gliedsätze" nicht
nach den Subjunktionen gegliedert, sondern alle Temporalsatzarten, alle Kausalsatzarten usw.
in jeweils einem Paragraphen zusammengefaßt hat. „Cum" z.B. hat offenbar, für sich allein
betrachtet, eine nur sehr allgemeine Bedeutung: zwei Handlungen stehen in einem engen
Zusammenhang. Es gibt, scheint mir, kein „cum iterativum", sondern lediglich mit „cum"
eingeleitete Nebensätze, deren Prädikat dadurch, daß es im Ind. Impf, steht, wiederholte
Handlungen schildern, und auch kein „cum concessivum", sondern nur mit „cum" eingeleitete
Nebensätze, bei denen das Prädikat, weil es im Konjunktiv steht, auf einen inneren Zusammen-
hang mit der Handlung des Hauptsatzes weist. Daß dieser innere Zusammenhang ein Gegensatz
ist, wird erst auf der Ebene der Semantik durch die in den Sätzen verwendeten Begriffe deutlich.
Nun ist die punktuelle Unübersichtlichkeit ein Makel, der lediglich die Praktikabilität der
Grammatik etwas einschränkt. Daneben findet sich eine Fülle von klugen Neuerungen, aber
ebenso eine Fülle von Bewährtem, das beibehalten wurde. Unter den Neuerungen sei eine neue
Kategorie von Gliedsätzen genannt: die Explikativsätze, als die Sätze mit dem sog. faktischen
quod, mit dem sog. cum explicativum (oder coincidentiae) und ut-Sätze des Typs „accidit, ut"
zusammengefaßt werden. Entsprechend führt Vester als neue Gruppe der Relativsätze im
Konjunktiv diejenigen „mit explikativem Sinn" ein. Anderes, was gegenüber Grammatiken wie
Troll u.a. als eine Neuerung erscheint, ist inzwischen längst bewährt. Daß der Darstellung der
Syntax das Valenzmodell zugrundeliegt, durfte man erwarten. Vester modifiziert es insoweit -
und das wird man begrüßen -, daß das Subjekt eine herausgehobene Stellung einnimmt. Nicht
das Gewohnte, aber überzeugend ist es, daß Vester auch Adjektiven eine Valenz zuweist. Die
Darstellung der Tempora und der Diathesen des Verbs scheint mir beispielgebend. Ein Kapitel
„Der Text" ist in einer modernen Grammatik unabdingbar. Vester verzichtet hierin auf
theoretische Darlegungen, legt vielmehr grundlegende Verfahrensweisen von Textsyntax,
Textsemantik und stilistischer Textgestaltung - dahinter verbergen sich die sogenannten
rhetorischen Figuren - anhand von Beispielen dar.
Ist manches in der Sache, gemessen an den genannten Grammatiken von Troll u.a., durchaus
neu, so versuchen Lindauer und Vester andererseits mit einem Minimum an Terminologie
auszukommen, die nicht auch aus jenen Grammatiken vertraut ist. Etwas gestört hat mich
lediglich, daß die Termini „Objekt" und „Ergänzung" bzw. „Ergänzung des Verbinhalts"
weitgehend synonym gebraucht werden, ohne daß dies explizit deutlich gemacht würde.
Innerhalb des Kapitels „Semantik der Satzglieder und Sätze" z.B. wird man so gut wie keine
ungewohnten Termini finden. Die Grammatik dürfte daher mit einer Vielzahl von Lehrbüchern
kompatibel sein.
Mit diesen Bemerkungen soll es sein Bewenden haben. An Vorzügen dieser Grammatik ließe
sich noch eine ganze Reihe aufzählen (und sei es nur die kleine, aber sinnvolle Maßnahme, daß
jeweils zuerst das Beispiel und dann die Regel genannt werden). Daß sie sich einen festen Platz
im Lateinunterricht sichern wird, daran dürfte kein Zweifel sein.

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