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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 36.1993

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Nr. 3
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Buchbesprechungen
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[Rezension von: Stephanie A. Natzel, Klea gynaikon. Frauen in den "Argonautika" des Apollonios Rhodios]
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[Rezension von: Wilhelm Kierdorf (Hrsg.), Sueton, Leben des Claudius und Nero]
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[Rezension von: M(aureen) Carroll-Spillecke (Hrsg.), Der Garten von der Antike bis zum Mittelalter]
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https://doi.org/10.11588/diglit.35882#0120

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antiker Männer. Das bedeute: solange der Leser Jason mit den Augen seiner Gefährten betrachte,
könne er ihm Sympathie entgegenbringen. Nehme er jedoch den Blickwinkel Medeas ein, fielen
ihm plötzlich die negativen Seiten männlichen Verhaltens auf. „Das Epos des Apollonios fügt
dem Männerthema das Frauenthema hinzu", folgert Frau Natzel (S. 204). Ob deswegen auch
der folgende Satz zutrifft: „... somit ergibt sich als neuer Gegenstand des Epos die gesamte
Menschheit", sei freilich dahingestellt.
Apollonios' Konzeption des FJelden sei also ambivalent, aber keineswegs widersprüchlich. Daß
hier manche Parallelen zu derjenigen Interpretation der Aeneis sichtbar werden, die „zwei
Stimmen" in ihr erkennen will (der von Adam Parry begründeten "Two-voices-Theorie"), liegt
auf der Hand; Frau Natzel weist S. 195 selbst daraufhin.
Daß einerseits durch die literarische Tradition, andererseits durch die zeitgenössische Gesell-
schaft normierte Verhaltensweisen ein Thema der „Argonautika" seien, will Frau Natzel auch
durch die Interpretation der anderen Frauengestalten zeigen: alle, ob Göttinnen oder Menschen,
verhielten sie sich entsprechend konventionell definierten Rollen, die bei Nebenfiguren gar zum
Klischee erstarren könnten; einzige Ausnahme seien die Lemnierinnen.
Lesenswert ist auch die Einleitung, in der die soziale Situation der Frauen in Griechenland bis
zum 3. Jht. v. Chr. und ihr Bild in der Literatur des frühen Hellenismus skizziert werden. Wenn
Frau Natzel bei Kallimachos und Theokrit ein neues Interesse an der Psychologie der Frau
erkennt, scheint mir das allerdings eher Teil anderer Tendenzen zu sein: des Interesses am Kind,
wenn Kallimachos die kleine Artemis auf Zeus' Knien sitzen und eine Flut von Wünschen
hervorsprudeln läßt, Interesse am Alter, wenn er liebevoll die alte Hekale schildert, Interesse am
Alltag, wenn in Theokrits id. 15 Gorgo und Praxinoa allerlei Triviales dahinschwätzen.

5uefon.* Leben des C/aucPus und Nero. Textausg. m. LTn/., kr/t. App. u. Komm. brsg. v. W//be/m
K/erdorL Paderborn fusw.J.'Scbön/ngb 7992. 255 5. (T7TB Tur WJssenschad. Un/'-Taschenbucher.
77759
Ein deutscher Kommentar mittleren Umfangs zu Sueton, der alles bietet, was man als Lehrer
benötigt, um eine fundierte Lektüre betreiben zu können, ist durchaus ein Desiderat. Wilhelm
Kierdorf legt hier einen solchen zu den Viten von Claudius und Nero vor. Die historische
Erklärung steht selbstverständlich im Vordergrund. Aber Kierdorf bezieht sprachliche Probleme,
solche der literarischen Konvention und allgemeine sachliche Fragen mit ein. Die Kommentie-
rung ist dabei so ausführlich, daß kaum eine Frage ohne Diskussion bleibt - einiges allzu Triviale
bleibt ausgespart -, aber auch so konzentriert, daß, was nicht unmittelbar zum Verständnis des
Textes erforderlich ist, auch nicht behandelt wird, in einer konzisen Einleitung gibt Kierdorf
einen Überblick über den Stand der Forschung zu „Autor und Werk", über „Sueton und die
biographische Tradition" und über seine „Wirkungsgeschichte".
Wer im Unterricht Auszüge aus den vorliegenden Texten behandeln will, ist mit diesem
Kommentar gut bedient. Er wird sich wünschen, daß Kierdorf einen vergleichbaren Kommentar
auch zur Vita von Augustus vorlegt.
Der Garten von r7er AnfNc b/s zum M/tte/a/ter. Hrsg. v. Mtaureenj Carro//-.Spi//ecke. Ma/nz; Ph.
v. Zabern 7 992. 292 5., 75,00 DM (Ku/turgescb/cbfe der ant/ken We/f. Pr/. 577.
Beim Stichwort „Gartenkunst" wird man zunächst an Versailles denken, als Berliner oder
Brandenburger auch an den Namen Peter Joseph Lenne, als Münchener an Friedrich Ludwig von

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