Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]: Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes (36.1993)

jahres (2000. Todestag am 27. November 1993) sei noch eine Passage aus demselben Brief (aus
dem Zuchthaus Luckau) wiedergegeben, worin Liebknecht schrieb (S. 102): „Was sagt Lessing
- in seiner »Rettung« von Horaz: ,Er, der philosophische Dichter, der Witz und Vernunft in ein
mehr als schwesterliches Band brachte, und mit der Feinheit eines Hofmanns den ernstlichsten
Lehrern der Weisheit das geschmeidige Wesen freundschaftlicher Erinnerungen zu geben wußte
und sie entzückenden Harmonien anvertraute, um ihnen den Eingang in das Herz desto
unfehlbarerzu machen.' Und einen »großen Geist« nennt er ihn. Und alle jene [genannt wurden
Herodot, Xenophon, Thukydides, Demosthenes, Platon, Homer, Hesiod, Aischylos, Sophokles,
Sappho, Nepos, Caesar, Livius, Sallust, Tacitus, Ovid, Vergil, Catull, Horaz; A.F.] sind »große
Geister«. Lernst du sie jetzt nicht kennen, - Du wirst sie nie kennen lernen. Verpasse d/e
Ge/egenbe/'f n/cbf, 5/e kommt n/cbt w/edert Du ver//erst Gnend/Zcbes fürs ganze Leben. Und
magst dann vergeblich trauern!" - Wilhelm ging offenbar auf das Gymnasium Steglitz, an dem
Prof. Kroymann (übrigens ab 1925 der Erste Vorsitzende des DAV; A.F.) unterrichtete (vgl. S. 75).
- In einem Brief vom 4.10.1915 schrieb der Vater u.a. (S. 89): „Ich las hier von Euripides in der
Übersetzung von Mühly's 3 Stücke: Medea, Hippolyt und Iphigenie bei den Tauriern. Wunder-
volle Teile haben alle drei. Lest ihr schon griechische Tragödien? Äschylus oder Sophokles? Bald
wirds soweit sein. Da mußt Du dann freilich auch unsre Dichter besser kennen als bisher. Ich
warte des Tags, an dem Du den Eingang zu dieser Wunderwelt finden wirst." - Im Brief vom
18.3.1917 empfiehlt Karl Liebknecht dem Sohn für das Leben den Grundsatz: „Non multa, sed
multum!" (S. 107) Weiter heißt es hier: Gerade Latein und Mathematik sind ungemein wichtig!
Von höchstem Bildungswert für den Verstand! Bedeutsame Gradmesser für die Reife des
Verstands, des Scharfsinns, des Gedächtnisses. Ganz ungeachtet ihrer Wichtigkeit für die
allgemein-wissenschaftliche Entfaltung des Geistes." -
Helmut Hirsch sagt in seiner kritischen Besprechung des Bandes in der F.A.Z. vom 5.1.1993: Wir
haben der früher in der DDR tätigen, jetzt „zum Vorruhestand gezwungenen Professorin, deren
Bremer Lehrauftrag abgelaufen ist, dankbar zu sein, daß sie die b/'ograpb/'scbe Kostbarkeit
herausgebracht hat. Nun erwarten wir das Erscheinen des Schlußbandes ihrer Rosa-Luxemburg-
Briefedition im Berliner Dietz Verlag - bitte mitsamt einer Liste der Auslassungen sämtlicher
Bände, Deutsche sind keine »kleinen Kerlchen« mehr."
ANDREAS FRITSCH

Berichte und MitteÜungen

1. Auf der Vertreterversammlung des Deutschen Altphilologenverbandes in Fulda am 13./14.
Februar 1993 hat Herr OStD Dr. Friedrich Maier, bis dahin stellvertretender Bundesvorsitzender
des DAV, auf der Grundlage der Berichte der Landesverbände einen detaillierten Bericht zur
Lage des aitsprachiichen Unterrichts in Deutschiand 1992 gegeben. Eine Kurzfassung dieses
Berichts ist für Heft 3/1993 des Mitteilungsblattes vorgesehen.
2. Auf derselben Vertreterversammlung hat Herr Professor Dr. Kiaus SaHmann, Mainz, wie
angekündigt, wegen anderweitiger Verpflichtungen das Amt des Pressesprechers des Verbandes
niedergelegt. Der bisherige Vorsitzende Kurt Seile sprach ihm im Namen des Verbandes den
herzlichen Dank für die jahrelang ehrenamtlich geleistete Arbeit aus. Ausdrücklich hervorge-

78