Schüler der 9. oder 10. Klasse sind. Seine Hexameter sind, wenn auch bisweilen etwas
schematisch, so doch korrekt und fließend; durch Aufbau und Motivik verrät er seine genaue
Kenntnis von Vergil. Das Werk, erstmals 1659 in Hamburg erschienen, erlebte später, an vielen
Stellen geändert und verbessert, im Rahmen einer Gedichtsammlung des Autors eine zweite
Auflage, die 1668 in Amsterdam erschien und nach der der vorliegende Text gedruckt ist.
Placcius praktizierte nach Studienzeiten in Wien, Italien und Frankreich inzwischen als Anwalt
in Hamburg. Später, am 11. Januar 1675, wurde er zum Professor der Philosophia practica und
der Eloquentia an der Hamburger Gelehrtenschule johanneum ernannt.
Seine Verse über die Entdeckung Amerikas tragen unverkennbar episches Gepräge. Anfangs,
nach einem Prooimion mit einem traditionellen Musenanruf und einer captatio benevolentiae
wegen der Jugend des Autors, wird der Bau der Welt vor dem Leser ausgebreitet. Nach dem
göttlichen Heilsplan ist dem Menschen die Erde als Wohnsitz zugewiesen. Europa erscheint als
das Zentrum: „Imperium merito tibi fata dederunt", sagt Placcius. Ein Rückblick auf die
Geschichte der Seefahrt und der großen Entdeckungen - bereits die Punier hatten Amerika
entdeckt, waren aber durch nicht näher erläuterte „invida fata" gezwungen, wieder abzuziehen
- leitet schließlich dazu über, daß die personifizierte Atlantis, die ihren prächtigen Wohnsitz auf
Yucatan hat, sich bei Gott beklagt, daß sie noch immer nicht entdeckt sei. Wie sehr Placcius'
Weltbild auf Europa zentriert ist, wird auch dadurch sichtbar.
Bislang leben die Wilden Amerikas in primitiver Unkultur. Die einfachsten Errungenschaften der
Zivilisation wie der Pflug fehlen ihnen. Nur selten findet sich rechtliche und staatliche Ordnung;
Kannibalismus gar herrscht. Dabei ist Amerika reich an Gold und Edelsteinen. Aber, so klagt
Atlantis, sie kümmern keinen, und so sind sie nutzlos. Nichts Menschliches - „humani nil usque"
(V. 242) - sei an den Wilden.
Placcius knüpft also nicht an antike Vorstellungen vom edlen Wilden an, der in einem goldenen
Zeitalter lebe, wie sie in Ovids Metamorphosen aufscheinen. Auch ist Ziel von Kolumbus'
Unternehmung nicht die Christianisierung Amerikas - Placcius war ja Protestant und sah keinen
Anlaß, die Mission der katholischen Kirche zu preisen - sondern seine Humanisierung. So ist es
denn auch Vetustas, die „alte Zeit", wie Wiegand übersetzt, die sich Kolumbus' Vorhaben wie
eine Gottheit des Epos in den Weg stellt: den Fortschritt wird Europa nach Amerika bringen. Den
Schluß des Epos bildet dennoch ein Gebet von Kolumbus, Christus möge schließlich auf der
ganzen Welt angebetet werden.
Die Handlung - vom Entschluß zur Fahrt bis hin zur Landung in Amerika - braucht hier nicht
nachgezeichnet zu werden. Hier sei nur noch auf eine Eigentümlichkeit hingewiesen. Einerseits
werden Requisiten des antiken Epos eingesetzt: der „Götterapparat", der allerdings nicht aus
Göttern, sondern aus Personifikationen wie Atlantis und Vetustas besteht, und die Verfolgung des
Helden durch eine göttliche Macht, sogar eine etwas unvermittelte Schildbeschreibung, in der
einiger über die Geographie von Atlantis / Amerika mitgeteilt wird. Andererseits erhebt Placcius
den Anspruch, historisch, geographisch und ethnographisch Richtiges zu schreiben: das zeigt
sein umfangreicher gelehrter Kommentar, der die jeweiligen Angaben belegen soll.
Wer Amerigo Vespuccis Reisebericht - erschienen (zusammen mit anderen Texten zur
Eroberung Amerikas) zum Beispiel in dem Heft „Mundus Novus" im Klett-Verlag - im Unterricht
liest, wird hier Material für Zusatztexte finden. Auch für die Rezeptionsgeschichte der „Aeneis"
gibt Placcius' Epos einiges her. Hermann Wiegand und seinem Mitarbeiter Martin Völker ist zu
danken, daß sie diesen Text in dieser schönen Ausgabe zugänglich gemacht haben.
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schematisch, so doch korrekt und fließend; durch Aufbau und Motivik verrät er seine genaue
Kenntnis von Vergil. Das Werk, erstmals 1659 in Hamburg erschienen, erlebte später, an vielen
Stellen geändert und verbessert, im Rahmen einer Gedichtsammlung des Autors eine zweite
Auflage, die 1668 in Amsterdam erschien und nach der der vorliegende Text gedruckt ist.
Placcius praktizierte nach Studienzeiten in Wien, Italien und Frankreich inzwischen als Anwalt
in Hamburg. Später, am 11. Januar 1675, wurde er zum Professor der Philosophia practica und
der Eloquentia an der Hamburger Gelehrtenschule johanneum ernannt.
Seine Verse über die Entdeckung Amerikas tragen unverkennbar episches Gepräge. Anfangs,
nach einem Prooimion mit einem traditionellen Musenanruf und einer captatio benevolentiae
wegen der Jugend des Autors, wird der Bau der Welt vor dem Leser ausgebreitet. Nach dem
göttlichen Heilsplan ist dem Menschen die Erde als Wohnsitz zugewiesen. Europa erscheint als
das Zentrum: „Imperium merito tibi fata dederunt", sagt Placcius. Ein Rückblick auf die
Geschichte der Seefahrt und der großen Entdeckungen - bereits die Punier hatten Amerika
entdeckt, waren aber durch nicht näher erläuterte „invida fata" gezwungen, wieder abzuziehen
- leitet schließlich dazu über, daß die personifizierte Atlantis, die ihren prächtigen Wohnsitz auf
Yucatan hat, sich bei Gott beklagt, daß sie noch immer nicht entdeckt sei. Wie sehr Placcius'
Weltbild auf Europa zentriert ist, wird auch dadurch sichtbar.
Bislang leben die Wilden Amerikas in primitiver Unkultur. Die einfachsten Errungenschaften der
Zivilisation wie der Pflug fehlen ihnen. Nur selten findet sich rechtliche und staatliche Ordnung;
Kannibalismus gar herrscht. Dabei ist Amerika reich an Gold und Edelsteinen. Aber, so klagt
Atlantis, sie kümmern keinen, und so sind sie nutzlos. Nichts Menschliches - „humani nil usque"
(V. 242) - sei an den Wilden.
Placcius knüpft also nicht an antike Vorstellungen vom edlen Wilden an, der in einem goldenen
Zeitalter lebe, wie sie in Ovids Metamorphosen aufscheinen. Auch ist Ziel von Kolumbus'
Unternehmung nicht die Christianisierung Amerikas - Placcius war ja Protestant und sah keinen
Anlaß, die Mission der katholischen Kirche zu preisen - sondern seine Humanisierung. So ist es
denn auch Vetustas, die „alte Zeit", wie Wiegand übersetzt, die sich Kolumbus' Vorhaben wie
eine Gottheit des Epos in den Weg stellt: den Fortschritt wird Europa nach Amerika bringen. Den
Schluß des Epos bildet dennoch ein Gebet von Kolumbus, Christus möge schließlich auf der
ganzen Welt angebetet werden.
Die Handlung - vom Entschluß zur Fahrt bis hin zur Landung in Amerika - braucht hier nicht
nachgezeichnet zu werden. Hier sei nur noch auf eine Eigentümlichkeit hingewiesen. Einerseits
werden Requisiten des antiken Epos eingesetzt: der „Götterapparat", der allerdings nicht aus
Göttern, sondern aus Personifikationen wie Atlantis und Vetustas besteht, und die Verfolgung des
Helden durch eine göttliche Macht, sogar eine etwas unvermittelte Schildbeschreibung, in der
einiger über die Geographie von Atlantis / Amerika mitgeteilt wird. Andererseits erhebt Placcius
den Anspruch, historisch, geographisch und ethnographisch Richtiges zu schreiben: das zeigt
sein umfangreicher gelehrter Kommentar, der die jeweiligen Angaben belegen soll.
Wer Amerigo Vespuccis Reisebericht - erschienen (zusammen mit anderen Texten zur
Eroberung Amerikas) zum Beispiel in dem Heft „Mundus Novus" im Klett-Verlag - im Unterricht
liest, wird hier Material für Zusatztexte finden. Auch für die Rezeptionsgeschichte der „Aeneis"
gibt Placcius' Epos einiges her. Hermann Wiegand und seinem Mitarbeiter Martin Völker ist zu
danken, daß sie diesen Text in dieser schönen Ausgabe zugänglich gemacht haben.
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