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Schwedler, Gerald; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Herrschertreffen des Spätmittelalters: Formen, Rituale, Wirkungen — Mittelalter-Forschungen, Band 21: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34738#0026

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22

Einleitung

durch ein Königreich ereigneten. Gleichzeitig mindern jedoch die inhaltlichen
Überschneidungen und eben gerade die Tatsache, dass auf einem Herrscher-
treffen komplexe Erklärungen zu vordergründig unzusammenhängenden Vor-
fällen gefunden wurden, den Erkenntniswert sachlicher Ordnungen. Ebenso
sind Einteilungen nach formalen Kriterien (Zwiegespräche, Ratsversammlun-
gen, Treffen im Rahmen von Hoftagen etc.) oder nach äußerlichen Umständen
(an der Grenze, in der Hauptstadt, während kriegerischer Auseinanderset-
zungen etc.) in ihrem Aussagewert beschränkt. Monarchenbegegnungen sind
vielschichtiger, als dass spezifische Kategorien und Typologien die politischen
wie zeremoniellen Vorgänge erschöpfend abdecken könnten. Die Einzelstudien
wurden nur annähernd chronologisch gereiht, da sich die eigentliche Ordnung
aus den Problemstellungen zur Untersuchung von Herrschertreffen als politi-
schem und rituellem Phänomen ergibt und nicht aus der Intention einer Dar-
stellung flächendeckender Ereignisentwicklung.
So wurden die acht Einzelstudien und Tängsschnittanalysen unter der
übergeordneten Frage ausgesucht, inwieweit sich Form wähl und Wirkmecha-
nismen gegenseitig beeinflussten. Diese Fragestellung galt es auf mehreren
Ebenen zu untersuchen. Zunächst stellte sich die Frage nach der Herkunft der
Kenntnisse formalen Handelns, also den Stärken und Schwächen berichten-
der Quellen. Das Verhältnis von Text und Ritual, also von geplanter, vollzoge-
ner, wahrgenommener und überlieferter ritueller Handlung, stellt sich dabei
als eine der zentralen Fragen für die Untersuchung mittelalterlicher Rituale
heraus. Sie wurde in anderen Zusammenhängen ausführlich und kontrovers
diskutiert/ ' Diese Frage könnte zwar auch im Rahmen einer eigenen Studie
untersucht werden, doch soll sie hier stellvertretend am Beispiel der Begegnung
von Kaiser Tudwig dem Bayern und Eduard III. von England im Jahre 1338 in
Koblenz erörtert werden. Darauf folgen drei Untersuchungen, die sich rituel-
ler Formalisierung unter politik- wie rechtsgeschichtlicher Perspektive nähern,
nämlich der Konsensfindung, dem Vertragsschluss und der Belehnung. Um in
die Materie der formalisierten Verhandlungen und Konsensbildung einzudrin-
gen, wurde als Beispiel das gemeinsame Grenzsteinsetzen durch Philipp VI.
von Frankreich und Albrecht I. von Habsburg im Jahre 1299 gewählt. Die Stu-
die zum mehrmonatigen Aufenthalt Sigismunds von Luxemburg bei König
Heinrich V. von England, der in den Vertrag von Cantrerbury (1416) mündete,
eignet sich dazu, die diffizile Formalisierung des Vertragsschlusses und der
Besiegelung durch Eide aufzufalten. Die Untersuchung des Friedens von Wien
(1279) und die Belehnung Otakars von Böhmen durch Rudolf von Habsburg
führt auf die Analyse von Lehnseiden unter Königen hin.
Die beiden darauf folgenden Fälle sind Begebenheiten, die eindeutige Aus-
nahmeverhältnisse darstellen: gefangene Könige bzw. die Begegnung unter
Monarchen, die Ansprüche auf dasselbe Königreich aufrecht erhielten. Erste-
res zeigt sich in der Begrüßungs- bzw. Freilassungszeremonie Johanns II. von
Frankreich (1360 bzw. 1364). Dagegen geht die Studie des öffentlich dargestell-
ten Verhältnisses von Ludwig dem Bayern und Friedrich dem Schönen von

59 ALTHOFF, Zeichen - Rituale - Werte, S. 12; Buc, Dangers of Ritual, S. 161-183.
 
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