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Schwedler, Gerald; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Herrschertreffen des Spätmittelalters: Formen, Rituale, Wirkungen — Mittelalter-Forschungen, Band 21: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34738#0042

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38

Teil 1: Spätmittelalterliche Herrschertreffen

der Art und Weise, Ereignisse überformt darzustellen zur Frage, wie mensch-
liches Verhalten auf mittelalterlichen Herrschertreffen in Texten greifbar ist.
Um diese textspezifischen Auseinandersetzungen bezüglich einer Deutung an
einem Beispiel zu zeigen, eignet sich kaum ein Herrschertreffen besser, als die
Begegnung von Kaiser Ludwig IV. dem Bayern und Eduard III. von England.
Diese erfuhr in der Bewertung der Zeitgenossen und in der Historiographie
derart viele Interpretationen, selektive Wahrnehmungen und Umdeutungen
wie kaum eine andere Begegnung. Die Verhandlungen und die feierlichen und
symbolischen Akte zwischen dem 31. August und dem 7. September 1338 in
Koblenz standen im Zentrum zweier europäischer Großkonflikte, die einander
beeinflussten: die Auseinandersetzung zwischen den Universalgewalten Kai-
ser und Papst sowie der Konflikt zwischen England und Frankreich, der bereits
Jahrzehnte dauerte und zum Hundertjährigen Krieg" anschwellen sollte. Beide
Konfliktfelder waren sowohl für die Vereinbarung und die Durchführung des
Treffens, als auch für zeitgenössische und die spätere Interpretation maßgeb-
lich. Somit kann das Treffen besonders gut genutzt werden, um das Verhältnis
von symbolischen Handlungen, Inszenierungen und Ritualen und deren Wie-
dergabe, Uberformung und Deutung in verschiedenen Stufen der schriftlichen
Überlieferung zu verfolgen. Dies ist dann im zweiten Teil des Kapitels unter
Einbeziehung der aus allen 204 im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Treffen
gewonnenen Erkenntnisse zu analysieren.

1.1.1. Das Koblenzer Treffen Ludwigs IV.
von Bayern und Eduards III. von England
Die ereignisreiche Begegnung Eduards III. mit Kaiser Ludwig dem Bayern im
September 1338 erschließt sich aus Quellen, deren unterschiedlicher Charakter
für die Bewertung der darin gemachten Aussagen zunächst einzustufen und
zu beurteilen ist.

Texte
Unter den urkundlichen Belegen nehmen zwei Notariatsinstrumente vom
5. September 1338 eine besondere Stellung ein/ Im ersten Notariatsinstrument
zeichneten drei Notare fünf Gesetze sowie die Umstände ihres Erlasses auf, wie

2 Die Beschreibung des Konfliktes als »Hundertjähriger Krieg« erscheint bereits bei Kommenta-
toren des 16. Jahrhunderts, doch stammt der fest umrissene Begriff des »Hundred Years' War«
oder »Guerre de Cent Ans« aus dem 19. Jahrhundert; dazu: FowLER, Tire Age of Plantagenet
and Valois, S. 13f.
3 R97; Koblenz, 1338 Sept. 5: Nova Alamanniae, ed. Stengel, Bd. 1, Nr. 556, S. 370; in diesem No-
tariatsinstrument wird festgehalten, dass Kaiser Ludwig im Innenhof des St. Kastorstifts fünf
Gesetze zur der Königswahl, zur Heeresfolge, zum Straßenraub und zum Schutz von Boten
des Reichs verkündete. Ein zweites Notariatsinstruemt bestätigt, dass Kaiser Ludwig die Re-
konziliationsverhandlungen mit der Kurie den Erzbischöfen von Mainz, Köln und Trier sowie
dem König von England überlässt: Nova Alamanniae, ed. Stengel, Bd. 1, Nr. 557, S. 370-379.
 
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