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Schwedler, Gerald; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Herrschertreffen des Spätmittelalters: Formen, Rituale, Wirkungen — Mittelalter-Forschungen, Band 21: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34738#0345

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Chronologie einer Begegnung

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gestellt, so geschehen etwa beim ersten Einzug König Johanns II. im Jahre 1357
in London, als an den Fenstern Schwerter und Bögen angebracht wurden, um
auf dessen Niederlage in der Schlacht hinzuweisen/^
Vor allem die logistische Versorgung war ein umfangreiches Unterfangen,
kamen doch oftmals mehrere hundert Personen im Tross des Gastes an. Ihnen
musste durch den Quartiermeister angemessene Unterkunft zugewiesen und
Verpflegung bereitgestellt werden/' So darf es als besondere Mühewaltung
und somit Ehrung eines Königs gelten, wenn er sich persönlich um derartige
Angelegenheiten kümmerte. Jakob II. von Aragon inspizierte beispielsweise
selbst die Vorräte vor Ort und vergewisserte sich, ob genügend Nahrungsmit-
tel für den königlichen Besuch aus Kastilien vorhanden waren/'

2.1.2. Moment der Begegnung
Zweifellos einer der aufschlussreichsten Akte eines Herrschertreffens war das
Gegenübertreten der Monarchen von Angesicht zu Angesicht. Dieser span-
nungsreiche »Moment des Augenblicks« erbot sich als äußerst sensibler In-
dikator für Stimmungen, Verhältnisse und Absichten der beteiligten Parteien.
Entsprechend wurde diese Situation genutzt, um eine Vielzahl von Inhalten
unausgesprochen zum Ausdruck zu bringen bzw. bestimmte Absichten bei
der Gegenseite abzulesen. Unter Berücksichtigung anthropologischer Aspekte
wird in der Forschung die Begrüßung als höchst bedeutsamer und vielschich-
tiger Akt gesehen, in dem eine Ritualisierung in besonderem Maße wirksam
eingesetzt werden kann. Dazu gehört zunächst der Abbau von Spannung. In
der Begrüßung wird durch regelgeleitetes Verhalten eine gewisse Verfahrens-
sicherheit für ein weiteres Umgehen erlangt. Ebenso werden bestimmte Rollen-
muster, der soziale Status und die Autorität des Gegenübers zum Ausdruck ge-
bracht und gegenseitig anerkannt/' Welche Bedeutung die Implikationen des
Gebarens bei der Begrüßung der Zeitgenossen im späten Mittelalter besaßen
und in welchem Maße das Verhalten der Monarchen als repräsentativer Aus-
druck für das gesamte Königreich gedeutet und in einem (staats-) rechtlichen
Sinne interpretiert wurde, zeigt die vielfach aufmerksame Wiedergabe des
präzise geplanten, koordinierten und spezifisch angewendeten Verhaltens der
Könige in Berichten und Chroniken. Die Begrüßung markierte im Gegensatz
zu später folgenden Verhandlungen und Vereinbarungen ein öffentlich und
sinnlich erfahrbares Moment, das über eine große Ausdruckskraft in Bezug auf
das gegenwärtige und das intendierte Verhältnis zweier Herrscher verfügte/'

48 Anonimalle Chronicle, ed. Galbraith, S. 41.
49 SCHENK, Zeremoniell und Politik, S. 254-260.
50 Ramon Muntaner, Crönaca, ed. Soldevila, Kap. 22, S. 686: [...] e uoigren saber ies Handes con eren
OTÜona&s.' e am Jb-^os tot ?Moshaf [...].
51 FUHRMANN, »Willkommen« und »Abschied«, S. 111-139, insb. S. 112; GoFFMAN, Interaktions-
rituale; FtRTH, Symbols, S. 324.
52 OöRRicH, Poetik des Rituals, S. 54-57 belegt mit einigen Beispielen aus zeitgenössischen Hel-
denepen, wie die von Althoff in seinen »Spielregeln« (S. 301) angenommenen »ungeschriebe-
 
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