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Schwedler, Gerald; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Herrschertreffen des Spätmittelalters: Formen, Rituale, Wirkungen — Mittelalter-Forschungen, Band 21: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34738#0355

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Chronologie einer Begegnung

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2.1.3. Das Beisammensein der Herrscher: Politik, Zeremoniell und Hofkultur
Während die Begrüßung stets ein besonders stark formalisierter Bestandteil
bei jedem Herrschertreffen war und bisweilen andere Ereignisse einer Begeg-
nung in den Hintergrund drängen konnte, hing es von der Art der Treffen ab,
wieviele weitere Akte symbolisch-zeremoniellen Verhaltens noch hinzukamen.
Regelmäßigkeiten, bestimmte Muster und zeremonielle Verdichtungen waren
besonders für die Zeit des Beisammenseins vom Anlass einer Begegnung ge-
prägt. Dabei gestalteten sich die Abläufe der einzelnen Herrschertreffen sehr
unterschiedlich. Während die Treffen selbst nicht direkt miteinander vergleich-
bar sind, lässt sich bei bestimmten Elementen durchaus ein Muster erkennen.
Vor allem der Abschluss von Rechtsgeschäften, der Vollzug zentraler Akte wie
Beleimungen, Krönungen etc. oder Staatsbankette bildeten neue Höhepunkte
regelhaften Verhaltens, bei denen bisweilen ens,e rechtliche Vorgaben und Ze-
remonialformen die Ausführung bestimmten.'^ Somit unterlag eine Vielzahl
von Handlungen bei Herrschertreffen eindeutig den Gesetzmäßigkeiten kon-
kreter Handlungsformen aus dem Rechtsleben, den Verhaltensweisen und
dem erprobten Hofleben der einzelnen Königreiche. Diese wurden jedoch in
den Ablauf eines von Begrüßung und Verabschiedung gerahmten Herrscher-
treffens eingereiht. Hierbei nahm bei Gegenwart einer weiteren Majestät samt
Hofstaat der Aufwand und die Komplexität der Arrangements zu.
Im Vordergrund stand zumeist eine Einigung bzw. Durchführung eines
Rechtsakts. Diesbezüglich wurden persönliche Verhandlungen nach Bedarf
abgeschirmt, im Kreise der Räte oder im Beisein der Fürsten geführt. Soweit
kein Konsens im Vorfeld erzielt war, konnten sich die Gespräche einige Tage
oder mehrere Wochen hinziehen,^ vor allem wenn mehr als zwei Parteien dar-
an beteiligt waren. Die monatelangen Verhandlungen Sigismunds, die ihn an
die Königshöfe von Aragon, Frankreich und England führten, waren sicherlich
auch der Unüberbrückbarkeit der Gegensätze zuzuschreiben. Es lassen sich
jedoch im späten Mittelalter durchaus Parallelen finden. In den Jahren 1363/64
reiste König Peter von Zypern an die bedeutendsten europäischen Königshöfe,
um für eine Beteiligung an einem Kreuzzugsprojekt zu werben.^ In der Regel
war ein politischer Konsens indes vor der Begrüßung durch Gesandte erzielt.
Die bereits ausführlich behandelten persönlichen Vertragsbesiegelungen, Eide
und Homagien bildeten lediglich den zeremoniellen Abschluss einer erfolg-
reichen Einigung ^ Bei internationalen Schiedsgerichten und Mediationen, bei
denen ein König kraft vorausgegangener Autorisierung ein Urteil zur Konflikt-
beilegung zu fällen hatte, stand die Urteilsverkündung oft im Zentrum einer

89 Umfangreicheres Material liegt hier freilich für liturgienahe Akte vor, wie beispielsweise Krö-
nungen, dazu GiEYSZTOR, Gesture in the Coronation Ceremonies of Medieval Poland, S. 153.
90 Vgl. dazu oben Kap. 1.2.1.
91 Frist der Verhandlungen war der dreiwöchige Königskongress auf der Burg Visegrad im
Nov. 1335, im Juli und Aug. des Jahres 1331 (Peter von Zittau, Königsaaler Chronik, ed. Emler,
S. 308, Anm. 3).
92 EDBURY, The Kingdom of Cyprus and the Crusades, S. 164f.
93 Vgl. dazu Kap. 1.2.3.
 
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